An Rhein und Ruhr. Frauen engagieren sich auf Kommunalebene weniger als Männer. Forscherin Isabelle Borucki erklärt, wieso die Politik für sie oft unattraktiv ist.

Frauen stellen über 50 Prozent der Bevölkerung, in den Parteien sind sie jedoch immer noch deutlich in der Minderheit. Die Grünen hatten 2019 bundesweit 40,5 Prozent weibliche Mitglieder, die Linke 36,4 Prozent. Den geringsten Frauenanteil hatte 2019 die AfD mit 17,1 Prozent (CDU 26,3, SPD 32,6 Prozent).

Gerade auf kommunaler Ebene sind Frauen noch weniger politisch aktiv als auf Landes- oder Bundesebene. „Das liegt insbesondere am Image von Parteien. Parteiarbeit gilt noch immer als Männerdomäne, die in verrauchten Hinterzimmern des örtlichen Wirtshauses gemacht wird; mit all den damit verbundenen Stereotypen Frauen gegenüber“, erklärt Parteienforscherin Dr. Isabelle Borucki, die an der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen lehrt.

Linke und Grüne haben höheren Frauenanteil

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Auch andere Faktoren spielen eine Rolle. „Versammlungen von Parteien finden in der Familienzeit statt, also dann, wenn die Kinder zu Bett gebracht werden“, so die Expertin. Dazu komme, dass Kommunalpolitik generell für viele nicht attraktiv sei, weil oft nicht klar sei, welche Entscheidungen überhaupt auf kommunaler Ebene getroffen würden und welche Tragweite diese hätten.

Dass Parteien wie die Grünen oder die Linken einen höheren Frauenanteil haben als andere, habe auch etwas mit der ideologischen Ausrichtung der Parteien und ihrer jeweiligen Organisationsstruktur zu tun. „Gerade die Grünen haben eher flachere Hierarchien, sind basisdemokratisch organisiert und haben eine paritätisch besetzte Doppelspitze. Das ist auch bei den Linken und seit der letzten Vorsitzendenwahl bei der SPD der Fall“, erklärt Borucki. Dadurch würden die Parteien auch ein Signal an Frauen senden. „Dass Frauen keine Karriere machen wollen, stimmt nicht immer. Man muss sie nur lassen“, ist die Parteienforscherin überzeugt.

„Den Parteien sterben die Mitglieder weg“

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Generell sei es nicht so, dass Frauen durch Frauen repräsentiert werden müssten. „Wenn es genügend Männer gäbe, die sich für die Belange von Frauen einsetzen würden, müsste man gar nicht über einen höheren Frauenanteil diskutieren“, meint Borucki. Langfristig, so die Expertin, kämen Parteien nicht umhin, sich auch und gerade um Frauen, Mütter und generell um junge Eltern zu kümmern und ihre Lebenswelten und Bedürfnisse anzusprechen. „Denn Fakt ist: Den Parteien sterben die Mitglieder weg“, so die Expertin.

Den Effekt der Überalterung könnten auch die jüngeren Eintrittswellen in die Parteien nicht abfedern, zumal die über 60-Jährigen in den meisten Parteien ohnehin bereits überrepräsentiert seien. Das durchschnittliche CDU- und SPD-Mitglied ist 60 Jahre alt, FDP-Mitglieder sind im Schnitt 52, Grüne 49, Linke 55 Jahre.