Moers/Rheinberg. Eigentlich läuft gerade in den Schulen eine Praktikumsphase. Wegen Corona fallen sie meist aus. Das ist auch für die Betriebe in Moers schlecht.

Sie sind wichtig für beide Seiten, derzeit finden sie wegen der Coronakrise aber kaum noch statt: Schülerpraktika in Unternehmen und Betrieben sind erst einmal auf Eis gelegt und wie es im kommenden Schuljahr weitergehen wird, ist noch unklar.

Die Praktika an der Europaschule Rheinberg fallen im Moment allesamt aus. „Das ist mit den Betrieben so abgesprochen. Viele können das im Moment aus Sicherheitsgründen gar nicht leisten, auch noch Praktikanten aufzunehmen“, sagt Schulleiter Norbert Giesen. Da habe man vollstes Verständnis für und wolle die Firmen nicht noch zusätzlich belasten. Die Jahrgangsstufe 9 könne das Praktikum im kommenden Schuljahr nachholen, für die Jahrgangsstufe 11 entfalle es allerdings ersatzlos. „Dafür ist bei ihnen nach den Sommerferien überhaupt kein Platz, weil jetzt so viel Unterricht ausgefallen ist“, so Giesen.

Gymnasium in den Filder Benden: Nur vereinzelt Praktika

Er hoffe aber, dass die engmaschige Betreuung während der gesamten Zeit auf der Europaschule den Schülern zugutekomme, auch wenn das letzte Praktikum vor dem Abschluss nicht stattfinden könne. „Insgesamt haben wir vier kürzere und längere Praktikumsphasen ab der 7. Klasse, in denen die Schüler spätere Berufsfelder kennenlernen“, erklärt er. Nur die Eignungspraktika und das Praxissemester für Studenten, die auf Lehramt studieren, würden seit der Schulöffnung wieder stattfinden. „Da sind wir aber gerade auch so ziemlich die einzige Schule, die das macht. Es klappt aber sehr gut.“

Auch am Moerser Gymnasium in den Filder Benden findet derzeit keine Praktikumsphase für die Q1 statt. „Es gibt allerdings ein paar Fälle, wo die Unternehmen explizit signalisiert haben, dass die Schüler willkommen sind und kommen können“, erklärt Arndt van Huet, Leiter des Gymnasiums. Dabei handele es sich um größere Firmen, die die Hygiene- und Abstandsregeln gut umsetzen könnten. Bei allen anderen falle das zweiwöchige Praktikum aus. „Von einigen Schülern aus der Q1 wissen wir auch, dass sie das sehr bedauern“, so van Huet. Schließlich gehe es darum, herauszufinden, in welchem Bereich sie später arbeiten wollen.

Die meisten Praktika können nicht nachgeholt werden

Außerdem, so van Huet, gebe es normalerweise auch eine Kooperation mit der Uni Duisburg-Essen, wo sich Schüler in dieser Zeit einzelne Studiengänge anschauen können. Nachgeholt werden kann das Praktikum in der Q2 nicht. „Da bleibt im kommenden Schuljahr leider gar keine Zeit für“, sagt der Schulleiter. Wegen der Coronakrise gebe es viel Stoff nachzuholen und ein straffes Lernprogramm. Ähnliches bestätigen auch die Rektoren des Grafschafter Gymnasiums und der Anne-Frank-Realschule in Moers.

Für die Firmen ist das ebenso ärgerlich, vor allem handwerkliche Betriebe sind oftmals auf Praktikanten angewiesen und brauchen dringend Nachwuchs. "Wir fördern Praktika bei uns eigentlich sehr", sagt Heike Marschmann, die sich bei der Marschmann-Gruppe um die Ausbildung kümmert. In dem Maler- und Lackiererbetrieb aus Utfort ist derzeit ein Jahrespraktikant beschäftigt, der im August auch seine Ausbildung dort beginnen soll. "Während der Schulschließungen durfte er aber nicht kommen, das hat ihn sehr getroffen", erzählt Marschmann.

Wichtig, um das Handwerk kennenzulernen

Kurz vor dem Lockdown sei im März noch ein Schülerpraktikant da gewesen. "Das Praktikum geht meist eine Woche lange und ist wirklich wichtig, damit die Jugendlichen die handwerklichen Berufe kennenlernen", so die Personalleiterin. In Kürze solle eigentlich ein weiterer Praktikant bei der Marschmann-Gruppe starten. "Aber das ist schwierig, wir sind da auch unsicher, weil wir natürlich vorsichtig sein wollen und so wenige Menschen wie möglich von außen reinbringen möchten", erzählt Marschmann. Zudem seien auch die Bewerber selbst zurückhaltend. "Einige haben sich schon zurückgemeldet und gesagt, dass sie im Moment wegen der Coronakrise lieber nicht kommen würden."

Wie bei vielen anderen Handwerksbetrieben auch, ist es für die Utforter schwierig geeignete Auszubildende zu finden. "Wir bekommen zwar vergleichsweise noch recht viele Bewerbungen, oft passt es aber einfach nicht", erklärt Marschmann. "Das Praktikum bei uns ist daher der erste Schritt, damit die jungen Menschen sehen können, wie der Arbeitsalltag aussieht und wir uns auch schauen können, ob es passt." Sie hofft, dass es im kommenden Schuljahr "normaler" weitergehen kann und Praktikanten wieder problemlos kommen können.

Praktikanten sind die Azubis von morgen

Das bestätigt auch Kreishandwerksmeister Günter Bode. "Die Betriebe sind froh über jeden Praktikanten, weil sie eben oft auch diejenigen sind, die nachher dort eine Ausbildung machen." Auf das neue Ausbildungsjahr, das im August beginnt, blickt er deswegen mit gemischten Gefühlen. "Das wird nicht einfach, zum einen weil die Schüler seit Monaten nicht in die Unternehmen kommen konnten, zum anderen, weil einige Betriebe wegen Corona auch weniger ausbilden werden", so Bode. Dazu könnten beispielsweise Friseure, Kfz-Mechatroniker oder Bäcker zählen. "Es wird auf jeden Fall weniger Azubis als im Vorjahr geben."