An Rhein und Ruhr. Corona erschwert die Reiseplanung in diesem Jahr. Wie wäre es mit Ferien in NRW? Wir stellen acht Ziele für einen Urlaub im Bundesland vor.
Nordrhein-Westfalen gilt als klassisches Kurzurlaubsland, Reisende bleiben meist zwei bis fünf Tage. Aber, ist nicht mehr drin? Nach der Corona-Zwangspause im Frühjahr blickt die Tourismus-Branche auf die großen Ferien im Sommer. „Wir hoffen, dass wir mehr Menschen so begeistern, dass sie hier einen längeren Urlaub verbringen“, sagt Julie Sengelhoff vom Dachverband Tourismus NRW auf Nachfrage der Redaktion (19. Mai 2020).
Die letzten Wochen waren bitter für die Tourismusbranche in NRW (rund 235.000 Betten). Zehn Jahre hatte man bei Übernachtungs- und Gästezahlen Rekord an Rekord gereiht - ehe das Coronavirus jetzt für den Absturz sorgte. Im März ging laut Statistischem Landesamt die Zahl der Übernachtungen - bedingt durch die Zwangspause - um 54,2% runter.
„Viele wären am liebsten schon Pfingsten gekommen“
Daten für April liegen noch nicht; sie dürften aber noch viel schlechter ausfallen, weil Hotels, Pensionen & Co. den kompletten Monat unter den Beschränkungen litten. Lockerungen machen Tourismus nun wieder möglich; für den Infektionsschutz notwendige Betriebsbeschränkungen werden aber weiter für Einbußen sorgen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Coronakrise die Tourismusbranche in NRW bis Jahresende rund 20 Milliarden Euro Umsatz kosten wird.
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Trotzdem: Seit die Lockerungen vor einigen Tagen verkündet wurden, keimt hier und da wieder etwas Hoffnung auf. Mehrere NRW-Reiseregionen berichten von vermehrten Anfragen mit Blick auf den Sommer. Die Spanne reicht von „langsam werden die Leute wach“ (Alexia Finkeldei, Tecklenburger Land) bis „wir konnten den Andrang kaum bewältigen“ (Herbert Hoffmann, Paderborner Land). Laut Hoffmann wären „viele Leute am liebsten schon jetzt über Pfingsten gekommen“.
Quartiere in allen Regionen und Preisklassen
Wälder, Mittelgebirge, Heide, Flüsse und Seen - Julie Sengelhoff von Tourismus NRW ist überzeugt, dass Nordrhein-Westfalen mit seinen Naturlandschaften punkten kann. Die seien attraktiv, gerade auch wenn man diesem Sommer nicht so weit fahren wolle und in Coronazeiten vielleicht auch etwas Ruhe und Abstand suche. Stichproben-Angaben der Redaktion ergeben, dass in so ziemlich allen NRW-Reisegebieten noch etwas frei sein dürfte.
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Je nach Quartierart, Ansprüchen, Reisedauer und Region sind die Preise sehr unterschiedlich. Zum Teil werden Übernachtungen ab 35, 45 oder 50 Euro angeboten. In verschiedenen Regionen gibt es Pauschalangebote, zum Beispiel für mehrtägige Radtouren. Wo also lässt sich in NRW ein Sommerurlaub verbringen? Ein paar Tipps, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Minden-Lübbecke
Im äußerten Nordosten NRWs, gute zwei- bis zweieinhalb Autostunden von der Rhein-Ruhr-Region entfernt, liegt der „Mühlenkreis“. 43 restaurierte Wind-, Wasser- und Rossmühlen plus Deutschlands einzige mahlfähige Schiffmühle haben Minden-Lübbecke diesen Beinamen gegeben. Auf einer eigenen Route kann man sie mit dem Fahrrad abradeln, wie man dort überhaupt viel Radfahren kann.
Sehenswert sind u. a. die Mindener Altstadt, das Große Torfmoor bei Hille mit seinen vielen Vögeln (Störche!) und das Wasserstraßenkreuz Minden, wo der Mittellandkanal die 13 Meter tiefer gelegene Weser quert. An heißen Sommertagen locken der Weserstrand oder wahlweise - die kühleren Wälder des Wiehengebirges. Informationen gibt es hier.
Tecklenburger Land
Hügel und Felsen, Heidelandschaften, kleine Fachwerk-Städtchen: Kurz hinter Münster, am Übergang vom Münsterland in den Teutoburger Wald, liegt das Tecklenburger Land. Besonders sehenswert sind die in einem Wald gelegenen Dörenther Klippen bei Ibbenbüren - bis zu 40 Meter hohe Sandsteinformationen wie das Hockende Weib, um das sich eine Sage rankt.
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Das Tecklenburger Land wirbt damit, dass es Deutschlands nördlichste Premiumwanderregion ist (130 Kilometer Wege). Reiten spielt auch eine große Rolle; in Tecklenburg selbst (9145 Einwohner) werden „Postkutschenfahrten wie zu Kaisers Zeiten“ angeboten. Und was noch geht: Tauchen. Mit dem NaturaGart-Park verfügt die Region den Angaben zufolge über den weltweit größten künstlich angelegten Unterwasserpark. Informationen gibt es hier.
Eifel
Das urige Monschau, der Nationalpark, der Rursee, Burg Vogelsang als Zeugnis von dunkler deutscher Geschichte: Die Eifel lockt mit vielen Zielen. Die höchste Erhebung liegt mit der Hohen Acht (746,9 Meter) im Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz. Wandern ist ein großes Thema, sehenswert sind gerade auch die kleinen Pfade - zum Beispiel die 9,7 Kilometer lange Strüffeltroute bei Roetgen mit ihrem ganz eigenen Landschaftsbild.
Unter dem Motto „Wieder auf Tour“ rüstet sich die Eifel als Ferienregion für den Neustart nach der Corona-Zwangspause. Man nehme eine verstärkte Nachfrage von Familien wahr, so Tourismus-Sprecherin Uschi Regh. Neben Ausflügen und Wanderungen ist regionales Einkaufen ein Thema. Informationen gibt es hier.
Niederrhein
Wassersport, Paddeln, Rafting, eine Kaffeefahrt auf dem Rhein oder die Radtour am Fluss entlang: Für den Sommer haben die Touristiker am Niederrhein den Schwerpunkt „Wasser“ gesetzt. Radfahren ist ohnehin ein großes Thema, der Kreis Viersen zum Beispiel hat ganz aktuell eine neue Broschüre mit Routen zwischen 21 und 41 Kilometern durch ganz unterschiedliche Landschaften veröffentlicht.
Die Region lockt zudem mit Museen, dem Freizeitpark Wunderland Kalkar und in diesem Sommer mit der Landesgartenschau in Kamp-Lintfort als besondere Attraktion. Informationen gibt es hier.
Sauerland
Winterberg, die Ruhrquelle, der Kahle Asten, Rothaarsteig und Höhenflug: Das Sauerland ist ein beliebtes touristisches Ziel, gerade für Wanderer oder Rad- bzw. E-Bike-Fahrer. Die Berge bieten Fernsicht, die Wälder und Talsperren Abkühlung. Die Ferienbauernhöfe des „Schmallenberger Kinderland“ sind ganz auf Familien eingestellt. Informationen gibt es hier.
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Abseits der höchsten Erhebungen ist das Hönnetal, ein enges Kalksteintal, eine besondere Empfehlung in der Region. Kleine Orte wie Balve liegen dort (mit der bekannten Höhle), unbedingt sehenswert ist das Felsenmeer bei Hemer. Informationen gibt es hier.
Bergisches Land
Mit seinem Routenangebot (z. B. den Streifzügen) hat sich das Bergische Land in den letzten Jahren immer stärker für Wanderer in den Blick gerückt. Dichte Wälder und idyllische Seen locken - zum Beispiel die Aggertalsperre bei Gummersbach oder die Brucher Talsperre bei Marienheide. Stärkung gibt es nach der Wandern an der Bergischen Kaffeetafel mit der „Dröppelminna“.
Besondere Ziele für Familien sind zum Beispiel der Affen- und Vogelpark in Reichshof-Eckenhagen oder der Naturerlebnispark Panarbora mit seinem Baumwipfelpfad. Informationen gibt es hier
Paderborner Land
Unbedingt sehenswert: der Viadukt bei Altenbeken, ein Stück Eisenbahngeschichte. Die 35 Meter hohen Bögen sind abends beleuchtet. Oberhalb des Viadukts gibt es eine Plattform, von der aus man den Zügen zu schauen kann. Es gibt einen Viadukt-Wanderweg - wie es überhaupt viele Angebote für Wanderer gibt. 2015 war der Deutsche Wandertag in der Region zu Gast. Landschaftlich besonders schön ist der Ringelsteiner Wald.
Bundesländer werben für Urlaub
"Entdecke Deutschland": In Corona-Zeiten werben Tourismus-Dachorganisationen aller 16 Bundesländer erstmals gemeinsam dafür, Urlaub im eigenen Land zu verbingen. Ein gemeinsamer Onlineauftritt mit Tipps, Fotogalerien, Videos und 360-Grad-Videos wurde an diesem Mittwoch (20. Mai 2020) vorgestellt. Nordrhein-Westfalen ist umfangreich vertreten -- zum Beispiel mit den Brühler Schlössern, der Industriekultur im Ruhrgebiet und jeder Menge Natur (u. a. mit dem Nationalpark Eifel und dem Naturpark Schwalm-Nette). Die Bahn AG soll "Mobilitätspartner" der Kampagne sein. Den nordrhein-westfälischen Beitrag fördert das NRW-Wirtschaftsministerium.
Aber gerade auch um Radfahrer wird intensiv geworben - zum Beispiel mit der „Paderborner Land Route“ (245 Kilometer) oder dem Emsradweg, der von der Quelle in Hövelhof bis zur Mündung in die Nordsee führt (375 Kilometer). Besondere Museen gibt es auch (z. B. das Nixdorf-Museum in Paderborn). Informationen gibt es hier.
Windecker Ländchen
Tourismus hat in der Gemeinde Windeck mit ihren vielen Örtchen Tradition: Schon im 19. Jahrhundert suchten die Herrschaften aus Düsseldorf, Köln und Bonn dort im Sommer an der Sieg Abkühlung. In der Tat ist die Sieg dort besonders schön. Es gibt mehrere Badestellen, Bootsverleihe und sogar einen Wasserfall. Hoch oben über dem Siegtal thront die Burgruine Windeck. Siegen-Wittgenstein ist nicht weit, der Westerwald im benachbarten Rheinland-Pfalz auch nicht.
Die Region Windeck hat eine Bergbautradition, der man in der Grube Silberhardt nachspüren kann. Zudem ist das Windecker Ländchen ein Eldorado für Wanderer. Eine besondere Empfehlung: der Mäanderweg (acht Kilometer), der sich an der Sieg entlang schlängelt. Informationen gibt es hier.