An Rhein und Ruhr. Kontrolleure der Landwirtschaftskammer leiteten vergangenes Jahr 13 % weniger Verfahren ein. Ein einzelner Fall sprengt aber die Bußgeldstatistik.

20 Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer bilden die sogenannte „Güllepolizei“. Sie kontrollieren, ob Wirtschaftsdünger ordnungsgerecht ausgebracht wurde. Die Landesregierung hat die Kammer mit den Kontrollen beauftragt. 2019 hatten die Prüfer in weniger Fällen etwas zu beanstanden, die Bußgeldsumme jedoch ist regelrecht explodiert. Dafür hat ein einziger Fall gesorgt.

Laut jetzt vorliegender Kammerstatistik (20. Februar 2020) verhängten die Kontrolleure Bußgelder von insgesamt 1.709.559 Euro (Vorjahr: 348.462 Euro), während die Zahl der Ordnungswidrigkeits- und Ordnungsverfahren um 13 % auf 724 zurückging. Ein im ersten Halbjahr 2019 rechtskräftig gewordenes Rekordbußgeld von 1,35 Millionen Euro gegen einen Güllemakler vom Niederrhein hat die Gesamtsumme in die Höhe getrieben. Sein Unternehmen hat in der Folge Insolvenz angemeldet. Zum Vergleich: 2018 hatte das höchste Einzelbußgeld bei 40.000 Euro gelegen.

Kammersprecher: „Wir erwischen auch die Großen“

„Der Fall hat europaweit für Aufsehen gesorgt“, meinte Kammersprecher Bernhard Rüb im Gespräch mit der Redaktion. Erhebliche Mengen Gülle waren illegal auf Felder gelangt, zum Teil waren Lebensmittelreste beigemischt worden. Die Kammer hatte mehrere Bußgeldbescheide zusammengezogen und auch zum Mittel der Gewinnabschöpfung gegriffen. Die wichtigste Botschaft für Rüb: „Wir erwischen auch die Großen, und dann wird es richtig teuer.“ Die Kammer nahm den Fall zum Anlass, 2019 verstärkt solche Wirtschaftsdünger-Vermittler unter die Lupe zunehmen. Zehn Unternehmen wurden geprüft, inklusive Quervergleich.

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Rechnet man das Millionenbußgeld raus, bleibt das Tagesgeschäft der Prüfer übrig. In 193 Fällen hatten sie es zum Beispiel mit zuviel ausgebrachtem Stickstoff zu tun; in 180 war der vorgeschriebene Nährstoffvergleich fehlerhaft, in 32 fehlte er ganz. Die Prüfer der Kammer hatten sich von 2605 Betrieben die Unterlagen kommen lasse, daraus ergaben sich dann 1315 Vor-Ort-Kontrollen. Besonders zeitintensiv war die Überprüfung von 26 Biogasanlagen. Kammersprecher Rüb betonte: „Es geht nicht nur um Gülle.“ Auch 184 Gartenbaubetriebe wurden überprüft. Die Kammer verfügt da jetzt über einen eigenen Prüfer.

Bundesregierung einigt sich mit der EU über neue Düngeregeln

Rüb betonte, die Zahlen machten auch deutlich, dass sich der ganz überwiegende Teil der Bauern an die Regeln halte. Die Arbeit der Kontrolleure ist aufwändig, die Vorschriften sind komplex. Und sie werden gewiss noch komplexer mit der anstehenden neuerlichen Überarbeitung der Düngeverordnung. Wegen teils hoher Nitratbelastungen im Grundwasser drängt die EU auf schärfere Düngeregeln. Das Bundeslandschaftwirtschaftsministerium teilte an diesem Freitag mit, dass man sich mit Brüssel geeinigt habe. Die EU werde auf eine Klage verzichten, wenn die Vorgaben zeitnah umgesetzt werden. Der Bundesrepublik Deutschland drohende Bußgelder von 800.000 Euro täglich wären dann vom Tisch.

Dazu freilich müssen die deutschen Bundesländer am 3. April im Bundesrat dem Paket zustimmen. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte gegenüber der Redaktion bereits angekündigt, das Verfahren für eine neue Landesdüngeverordnung sehr bald zu starten.

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