An Rhein und Ruhr. Fehlende Betriebsnachfolger und steigende Investitionssummen: Eine Studie besagt, dass rund ein Drittel der Höfe bis 2040 aussterben.
Das Höfesterben in der Landwirtschaft wird sich einer Studie zufolge fortsetzen. Angesichts von Preisdruck, Digitalisierung und Nachfolgeproblemen werde sich die Zahl der Betriebe bis 2040 von derzeit 267.000 auf rund 100.000 mehr als halbieren, schätzen Ökonomen der DZ Bank. Zugleich werde die durchschnittliche Größe der Betriebe weiter wachsen. Bei einer weitgehend unveränderten landwirtschaftlichen Gesamtnutzfläche steige die durchschnittliche Betriebsgröße von derzeit 62,4 Hektar auf dann rund 160 Hektar an. „Langfristig droht die Abkehr vom Jahrhunderte alten Modell des bäuerlichen Familienbetriebs, den selbstständige Bauern, kleine Betriebseinheiten und mithelfende Familienangehörige kennzeichnen“, warnen die Autoren in dem Papier „Deutsche Landwirtschaft unter Druck“.
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Bis 2040 dürfte die Zahl der Jobs in der Landwirtschaft von heute 650.000 auf 325.000 sinken - auch weil Maschinen Arbeitskräfte ersetzen. Zum Vergleich: 1960 gab es laut der Angaben noch gut 1,5 Millionen Agrarbetriebe in Deutschland. Laut dem Deutschen Bauernverband hat sich der Strukturwandel aber zuletzt etwas verlangsamt. Zwei trockene Sommer und Verbraucher, die nicht bereit seien, höhere Preise für hochwertige Lebensmittel zu zahlen, hätten aber den Druck auf Bauern erhöht, so die Studie.
„Die Führung eines Agrarbetriebs gleicht sich immer mehr der eines Industrieunternehmens an“
Während viele Landwirte aufgeben müssten, würden die verbleibenden oft deren Felder pachten. Landwirte versuchten, den Preisdruck bei Lebensmitteln mit Größenvorteilen auszugleichen. Geprägt werde die deutsche Landwirtschaft in 20 Jahren von zwar inhabergeführten, aber großen, kapitalintensiven und betriebswirtschaftlich organisierten Agrarunternehmen. „Die Führung eines Agrarbetriebs gleicht sich immer mehr der eines Industrieunternehmens an“, so die Studie.
Beste „Überlebenschancen“ für traditionelle Bauern sieht die Bank in der Spezialisierung und der Öko-Landwirtschaft. Da die Nachfrage nach ökologisch angebauten Lebensmitteln wachse und die Margen dort höher seien, seien die Aussichten für Bio-Bauern besser. Bis 2040 sei von bundesweit 45.000 ökologisch bewirtschafteten Höfen auszugehen, gegenüber aktuell 27.000. Der Anteil der im Ökolandbau bewirtschafteten Fläche werde sich auf rund ein Fünftel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche ausdehnen.
Landwirtschaftskammer NRW sieht Studie kritisch
Bernhard Rüb, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer NRW, zeigte sich über den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie „verwundert“. Der Strukturwandel sei ja nichts Neues, sondern gehe seit 1949, als es allein in NRW noch rund 267.000 Betriebe gegeben habe, kontinuierlich vonstatten. „Jeden Tag verschwinden etwa 20 Hektar landwirtschaftliche Fläche“, so Rüb. Trotz Krisenstimmung, immer neuen Gesetzen und anhaltenden Demonstrationen wollten jedoch mehr junge Leute in NRW Landwirt werden als in den Jahren zuvor. „Das ist kein Beruf, der ausstirbt“, sagt Rüb. 553 Männer und Frauen haben 2019 eine Lehre begonnen, ein Plus von 4,3 Prozent. „Ich sehe bislang keinen Nachwuchsmangel.“
Es sei auch nicht schlimm, dass viele Auszubildende selbst nicht von einem Hof kommen oder familienfremdes Personal auf den Höfen arbeite. Das bedeute keine Abkehr vom bäuerlichen Familienbetrieb. „Die großen Betriebe – und das sind die, die langfristig bleiben – haben schon seit vielen Jahren Angestellte über die eigene Familie hinaus“, so der Kammersprecher. Trotzdem blieben die allermeisten – und auch erfolgreichsten – von ihnen inhabergeführt.
„Die Margen werden nicht mehr so hoch sein“
Zu der Prognose, dass die deutsche Landwirtschaft in 20 Jahren aus großen, kapitalintensiven und betriebswirtschaftlichen organisierten Agrarunternehmen bestehe, sagte Rüb: „Das sind sie schon jetzt, Land, Maschinen, Vieh und Ackerpflanzen sind kapitalintensiv, jeder Hof, der überleben will, ist betriebswirtschaftlich organisiert und ein Unternehmen.“
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Richtig sei, dass in der Ökolandwirtschaft viel Potenzial stecke. „Aber trotz Umweltbemühungen und veränderter Ernährungsgewohnheiten unterliegen diese Betriebe ebenfalls harten betriebswirtschaftlichen Kriterien“, warnte der Sprecher. „Und die Margen werden längst nicht mehr so hoch sein.“ (mit dpa)