An Rhein und Ruhr. „Die Lage bei der Windkraft ist dramatisch“, sagt NRW-Verbandschef Reiner Priggen. RWE-Managerin Anja Dotzenrath regt einen Runden Tisch an.
In der Öko-Energiebranche mehren sich die Rufe nach einem Runden Tisch zum Ausbau der Windkraft. „Die Lage ist dramatisch“, sagte Reiner Priggen, Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE), an diesem Sonntag 26. Januar, der Redaktion. In NRW wie auch bundesweit sind die Ausbauzahlen eingebrochen, Firmen entlassen Mitarbeiter. „In der Windkraft-Branche sind in Deutschland in den letzten drei Jahren 40.000 Arbeitsplätze verloren gegangen“, klagte Priggen.
Er erinnerte daran, dass der durch den Kohleausstieg notwendige Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht ohne die Windkraft gelingen könne. Ausdrücklich begrüßen würde der LEE-Chef einen Runden Tisch, wie ihn die Chefin der RWE-Öko-Energiesparte, Anja-Isabel Dotzenrath im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur angeregt hatte. „Vielleicht könnte man einen ähnlichen Weg gehen wie beim Kohle- und Kernenergieausstieg: einen runden Tisch, der sich des Themas annimmt und konkrete Lösungsvorschläge macht“, meinte Dotzenrath. Wichtig sei, dass es schnell Ergebnisse gebe, meinte Priggen. Der Energieriese RWE ist nicht Mitglied beim mittelständischen LEE.
Alle Gruppen sollen an einen Tisch
Lange Verfahren, fehlende Flächen, viele Klagen
Der Bau neuer Windräder an Land ist im vergangenen Jahr in Deutschland auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren eingebrochen. Nach vorläufigen Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land wurden nur 276 neue Windenergieanlagen in Betrieb genommen. Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen. Gesicherte Zahlen für NRW liegen bislang nur für die ersten drei Quartale vor. Lediglich 21 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 72 Megawatt waren bis Ende September 2019 in Betrieb gegangen. Fürs Gesamtjahr hatte der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) zuletzt mit etwa 40 neuen ans Netz genommenen Windrädern gerechnet. 2018 waren es 110 Anlagen gewesen, 2017 sogar 307. Zwischen Aachen und Minden drehten sich zuletzt insgesamt rund 3700 Windräder mit einer Gesamtleistung von knapp 6000 Megawatt. Damit liegt NRW bei der Windkraft an Land auf Platz 4 unter den Bundesländern. (dpa/dum)
Priggen wie Dotzenrath sprechen sich dafür aus, dass es sich für Kommunen finanziell lohnen soll, wenn sie Windkraft auf ihrem Gebiet zulassen. Eine Standortabgabe solle zweckgebunden vor Ort eingesetzt werden. Auch über ein „Wind-Bürgergeld“, mit dem nach Vorstellungen der SPD direkte Anwohner belohnt werden sollten, könne man reden, findet Priggen. RWE-Managerin Dotzenrath will über kürzere Genehmigungsverfahren für Windräder reden. Nach ihren Vorstellungen sollen alle Interessengruppen am Runden Tisch vertreten sein, „auch Bürgerinitiativen“.
Dem LEE-Vorsitzenden und früheren Grünen-Landtagsfraktionschef Priggen ist wichtig, dass die Diskussion über Abstände zur Wohnbebauung beerdigt wird - sowohl die 1000 Meter auf Bundesebene wie auch die bereits festgelegten 1500 Meter im Land NRW. „Die Kommunen hat das sehr verwirrt, die genehmigen seitdem praktisch nichts mehr“, klagte Priggen.
Grünen-Landeschefin spricht sich für Bürgerwindparks aus
„Die von der Großen Koalition in Berlin und von der Landesregierung geplanten Verbotszonen für Wind müssen weg“, sagte auch Grünen-Landeschefin Mona Neubaur der Redaktion. Ein entschlossener Wille zum sauberen Ausbau aus Strom und Wind sei notwendig. „Damit Anwohner auch wirtschaftlich von der Energiewende profitieren können, wären Bürgerwindparks ein geeigneter Weg“, meinte Neubaur. Den Vorstoß der RWE-Managerin nannte die Grünen-Landeschefin „erstaunlich“, da Konzernchef Schmitz doch angekündigt habe, in Deutschland eigentlich nicht mehr in Erneuerbare Energien investieren zu wollen. Neubaur begrüßte den Vorstoß aber: „Es ist gut, wenn RWE jetzt auf Dialog setzt.“ Die bisherige Unternehmensgeschichte sei „das Gegenteil von einer Energiewirtschaft im Dialog mit den Bürgern“.
Ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums erinnerte daran, dass das im Dezember 2019 von der schwarz-gelben Landesregierung vorgelegte fünfte Entfesselungspaket mehrere Maßnahmen für die Windkraft vorsehe. Beispielsweise solle durch eine Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes das wirtschaftliche Risiko bei beklagten Windkraftprojekten minimiert werden. Dazu habe NRW bereits eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Bis zum Jahr 2030 wolle NRW die vorhandene installierte Leistung bei der Windkraft auf 10,5 Gigawatt verdoppeln. Auch bei der Photovoltaik habe man eine Verdoppelung auf 11,5 Gigawatt Photovoltaik zum Ziel.