An Rhein und Ruhr. Ab sofort müssen Gastronomen und Händler Kassenbons ausdrucken. Geschäftsinhaber kritisieren das, zum Teil widerspricht es gar der Geschäftsidee.

Nur ein kleiner Durstlöscher geht über die Theke der Döner-Bude in Essen-Frohnhausen. Atilla Yalcindag tippt den Betrag in seine Kasse ein, bedient, so wie er es immer tut. Doch an diesem ersten Werktag im neuen Jahr muss er nach der neuen Kassensicherungsverordnung einen Bon ausdrucken – ob die Kundin will oder nicht. Sie will nicht. Der Bon bleibt liegen – und Atilla Yalcindag hat den Papiersalat. Hier, und nicht nur hier, herrscht Unverständnis über ein Gesetz, das eigentlich Gutes will. Denn die Belegpflicht soll verhindern, dass die Umsatzsteuer bei Barverkäufen nicht sauber abgerechnet und am Fiskus vorbei geschleust wird.

Auch in der Bäckerei ein paar Häuser weiter sei der Papierkorb schon gut gefüllt, meint die Verkäuferin. Sie habe es beinahe vergessen, dass sie seit dem 1. Januar nun jedes Mal einen Bon auch für die klitzekleinste Kleinigkeit ausdrucken müsse. Dabei habe der Chef extra angerufen, um den Verkäuferinnen mitzuteilen, dass es wichtig sei. Bei Verstoß könne es teuer werden. Nun klebt ein Spickzettel an der Kasse: Nicht vergessen: Bon ausdrucken!

Bäckereien wie Büsch am Niederrhein haben bereits zusätzliche Mülleimer angeschafft, die vor und hinter der Theke platziert werden. Die Bäckerei-Kette Bolten in Moers und Kamp-Lintfort musste sogar neue Drucker kaufen, damit jeder Mitarbeiter Bons drucken kann.

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Silka Richter von der Bäckerei Simon in Voerde hält die Bonpflicht für überflüssig. Ihrer Meinung nach seien die Sicherheitssysteme der Kassen absolut ausreichend.

Keine Bons auf dem Wochenmarkt

An den drei Wochenmarktständen in Essen-Frohnhausen wandern noch keine Kassenbons über den Tisch. Für den Obst- und Gemüsehändler Sven Längert gelte noch eine Übergangszeit, sagt er. Seine Kassen mit Waage verfügen noch nicht über das gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitssystem. Die Aufrüstung, so schwant ihm, werde wohl teuer, um die 3000 Euro rechne er pro Kasse. Seine Waren verkaufe er auf 15 Wochenmärkten in Essen, acht bis zehn Kassen habe er dafür im Einsatz. „Vielleicht müssen wir uns dann kleiner setzen“, befürchtet er die hohe Investitionssumme. Dabei wollen seiner Erfahrung nach kaum Kunden einen Kassenzettel haben, höchstens mal, um Beträge im Haushaltsbuch einzutragen.

Der Kiosk an der nahe gelegenen U-Bahn-Station kommt schon seit Jahren ohne Papier aus. Diesen Weg möchte Inhaberin Birgit Langrock auch weiter gehen. „Ich habe eine offene Kasse“, sagt sie. Kurzum: Das Geld legt sie einfach in die Barkasse, eine technische Unterstützung gibt es nicht. Solch offenen Ladenkassen sind nach wie vor erlaubt, sie habe sich dazu beim Bundesfinanzministerium erkundigt. Nur ein Mann habe an diesem Tag nach einem Bon für seine Brötchen gefragt. Sie habe ihm eine Quittung angeboten, die habe er dann aber doch nicht haben wollen, meint Langrock.

Blumenhändlerin Helma Hürenkamp aus Essen arbeitet mit einer sogenannten offenen Kasse.
Blumenhändlerin Helma Hürenkamp aus Essen arbeitet mit einer sogenannten offenen Kasse. © Funke | Florian Langhoff

Quittungen schreiben ist auch für Blumenhändlerin Helma Hürenkamp kein Problem. An ihrem Blumenstand auf der Kettwiger Straße in der Essener Innenstadt macht sie das allerdings nur selten. „Wir fragen die Kunden, ob sie eine Quittung möchten, aber privat nimmt kaum jemand eine mit“, erklärt sie. Sie arbeitet auch mit einer offenen Kasse und möchte das auch beibehalten, solange das im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ist. „Wir hatten auch schon mal eine elektronische Kasse hier, aber die hat eher Probleme gemacht“, erzählt sie. Da es am Stand oft hektisch zugeht, habe es häufiger mal falsch eingetippte Beträge gegeben und schließlich habe die Kasse vor der Feuchtigkeit am offenen Marktstand kapituliert.

Für Christiane Teske widerspricht die Bonpflicht dem Kern ihres Geschäftes. Die Inhaberin des Ladens „glücklich unverpackt“ in Essen-Rüttenscheid bietet ihren Kunden Obst, Gemüse, Nudeln und Waschpulver ohne Verpackung an. Hier können die Kunden die Ware selbst in Vorratsdosen oder Papiertüten füllen. Ein nachhaltiges Konzept, das im Widerspruch zur Papierflut durch die Bonpflicht steht. „Wir halten nichts davon und versuchen alles, damit sie wieder abgeschafft wird“, sagt die Einzelhändlerin. Sie hätte lieber eine papierlose Alternative. Zwar druckt sie nun zu jedem Bezahlvorgang einen Bon aus, an ihre Kunden gibt sie die Belege nur weiter, wenn diese sie ausdrücklich verlangen. Kunden sind nicht verpflichtet, den Bon mitzunehmen Da das Thermopapier, auf das die Bons gedruckt werden, häufig mit Bisphenol A (BPA) beschichtet ist, das bei Menschen verschiedene Erkrankungen hervorrufen kann, hat sie sich im Zuge der Bonpflicht auch darüber Gedanken gemacht. „Ich achte darauf, BPA-freies Papier zu verwenden“, sagt Christiane Teske.

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Hildegard Krause, die als Kundin in der Essener Innenstadt unterwegs ist, sieht die Bonpflicht differenziert. „Einerseits ist das Papierverschwendung und die Bons werden sicher häufiger auf der Straße liegen“, sagt sie. „Andererseits kann ohne Bons auch Geld unterschlagen werden. Grundsätzlich finde ich es ganz gut, wenn man selbst auch nachvollziehen kann, wieviel Geld man wofür ausgegeben hat“, sagt sie.