Duisburg. Im Verein „Zukunftsstadtteil“ engagieren sich überzeugte Hochfelder. Sie kämpfen für mehr Respekt - und gegen den schlechten Ruf ihres Viertels.

Bodo Mörbitz lebt schon lange in Hochfeld. 1980 ist er bewusst in den Stadtteil gezogen, der mittlerweile oft in einem Atemzug mit Marxloh genannt wird. „Zu Unrecht“, sagt nicht nur Mörbitz. Der ehemalige Stadtplaner engagiert sich mit einigen Hochfeldern im gemeinnützigen Verein „Zukunftsstadtteil“. Sie alle eint der Wunsch, „dass dieser Stadtteil nicht nur im Zusammenhang mit Müllproblemen, Kriminalität und der Zuwanderung von Bulgaren erwähnt wird.“

Hochfeld sei immer ein Arbeiterstadtteil gewesen, „das weiß man, wenn man hierher zieht“, sagt Vereinsvorstand Michael Willhardt. Rund 18.000 Bürger aus 140 Nationen leben hier rechtsrheinisch und südwestlich der Duisburger Altstadt. Mit rund 58 Prozent weist Hochfeld den höchsten Ausländeranteil aller Duisburger Stadtteile auf. Der Anteil türkischer und türkischstämmiger Bürger ist hoch, was sich in den Geschäften auf der Wanheimer Straße, der Haupteinkaufsstraße, widerspiegelt. Türkische Supermärkte und Restaurants prägen das Bild. Aber nicht nur.

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Längst gibt es auch vegane Küche, Sushi, Pizza, Hühnchen, „eben nicht nur Imbissbuden“, sagt Dagmar Domeier, die seit 2011 im Stadtteil wohnt und oft mit dem Rad zur Arbeit nach Moers radelt. Die zentrale Lage und die gute Verkehrsanbindung auch nach Düsseldorf, die U-79, die Nähe zum Rhein und der Innenstadt haben auch sie überzeugt, genau hier ein Mehrfamilienhaus zu kaufen und zu sanieren. „Nicht alle Vermieter in Hochfeld haben das Wohnquartier aufgegeben. Es gibt viele sanierte Häuser“, erzählt Bodo Mörbitz. Allerdings bringe das nur etwas, „wenn man dann auch hier lebt“.

Häuser als Geldanlage – „das macht hier keinen Sinn“

Natürlich gebe es auch „Investoren“, die ein Haus kaufen, hübsch machen und dann mit Gewinn wieder vermieten wollen. Ein Eigentümer aus Düsseldorf habe dies kürzlich versucht, will nun aber wieder verkaufen. „In Hochfeld Häuser als Geldanlage zu kaufen, macht wirtschaftlich keinen Sinn“, meint Michael Willhardt. Dazu seien die Mieten zu niedrig, im Schnitt bei fünf Euro kalt pro Quadratmeter im Altbau. Positiv sei, dass immer mehr Studenten nach Hochfeld ziehen und den Stadtteil beleben.

Zwölf Aktive engagieren sich derzeit im Verein „Zukunftsstadtteil“. Sie treffen sich einmal im Monat, bereiten Aktionen vor und werden nicht müde, mit den Zuwanderern aus Südosteuropa ins Gespräch zu kommen. Unter diesen gebe es - wie stets im Leben - „solche und solche“. Es gebe viele, die versuchen, ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Es sei auch für die Bulgaren und Rumänen nicht einfach, aus den Wohnverhältnissen raus zu kommen. Dabei gebe es aber auch Häuser, die von Bulgaren und Rumänen bewohnt werden und „vernünftig sind“.

Direkte Ansprache funktioniert besser

Die Erfahrung von Bodo Mörbitz ist, dass die direkte Ansprache besser funktioniert als markige Sprüche. „Sie sind dann verunsichert. Der Großteil räumt den Müll dann auch wieder weg.“ Vor vier Monaten hat der Verein die Aktion „Hallo Nachbarn“ ins Leben gerufen. Willhardt und Mörbitz verteilen kleine Karten, die auf der einen Seite in Bulgarisch, Arabisch oder Türkisch die Nachbarn begrüßen und auf der anderen Seite in Piktogrammen erklären, dass Müll in den Abfalleimer gehört oder ab 22 Uhr Ruhe einzuhalten ist.

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„Wir wollen mehr Respekt im öffentlichen Raum, wir gucken nicht weg, wir sprechen die Leute an“, sagt Bodo Mörbitz. Einiges habe sich schon verbessert, auch seitdem die Stadt Duisburg mit der Task Force Problemimmobilien nicht nur in Marxloh, sondern auch in Hochfeld den Eigentümern von Schrottgebäuden auf den Leim rückt und die Duisburger Wirtschaftsbetriebe öfter im Stadtteil unterwegs ist, um wilde Müllkippen zu entfernen.

Rheinpark soll ein zentraler Ort der IGA werden

Bei einem Rundgang durch den Stadtteil ist gut zu erkennen, dass sich tatsächlich etwas bewegt. Zwischen Fassaden, die ihren letzten Anstrich wohl vor Jahrzehnten bekommen haben, stechen frisch sanierte Häuser heraus. 2027 soll Hochfeld noch einmal Aufwind bekommen durch die Internationale Gartenschau (IGA). Der Rheinpark soll ein zentraler Ort der Schau werden und ein Grüngürtel in Hochfeld als öffentliche Begegnungsfläche umgestaltet werden. Hochfeld soll als „Stadtteil des Ankommens“ einen bunten und dynamischen Park bekommen, der die Vielfalt seiner Bewohner und die kulturelle Bandbreite widerspiegelt.

Die Bürger vor Ort blicken noch zurückhaltend auf die Pläne. Sie hoffen, dass der alte Kern Hochfelds „nicht abgehängt und mit dem Rheinpark verbunden wird“, sagt Dagmar Domeier. Dann, ja dann sei die IGA eine gute Sache für den Stadtteil – von dem die überzeugten Hochfelder sagen: „Wenn dies ein Stadtteil in Düsseldorf wäre, dann könnte man ihn nicht bezahlen.“