Bielefeld/Paderborn. . Nabu-Chef Tumbrinck will die Nationalpark-Forderung im geplanten Artenschutz-Volksbegehren für NRW verankern. 1000 Rote-Liste-Arten leben dort.
100 Quadratkilometer Natur zwischen Bielefeld und Paderborn – Heide, Moore, immer wieder Bäche, Wiesen und Wälder wechseln ab. Fischotter, Wiedehopf und Feldgrille sind in der Senne zu Hause, Nordrhein-Westfalens zweite Wölfin streift dort durch die Gegend. Mit der Änderung des Landesentwicklungsplanes (LEP) verabschiedet sich die schwarz-gelbe Landesregierung vom Ziel, dort einen Nationalpark einzurichten, den zweiten nach der Eifel. Naturschützer kritisieren das scharf.
In einer gemeinsamen Erklärung zeigen sich der Naturschutzbund (Nabu), der Umweltverband BUND und die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt empört. Nabu-Landeschef Josef Tumbrinck spricht von einem „Schlag ins Gesicht der nachfolgenden Generationen“.
„Die Naturschutzverbände werden das Ziel eines Nationalparks in der Senne nicht aus den Augen verlieren“, versicherte er im Gespräch mit der Redaktion.
Einzigartige Tier- und Pflanzenvielfalt in der Senne
Nach Vorstellungen des Nabu wird die Forderung nach einem Nationalpark dort Bestandteil eines Volksbegehrens zur Artenvielfalt, dass die Naturschützer auf den Weg bringen wollen. Die Senne gilt als „Hot-Spot“ der Artenvielfalt.
Ministerium: Maßnahmenplan für Biotope aufgelegt
Mehr als 1000 Rote-Listen-Arten an gefährdeten Tieren und Pflanzen sind dort zuhause. Nirgendwo sonst in NRW gibt es z.B. so viele streng geschützte Zauneidechsen.
Ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums erklärte auf Nachfrage, dass man der Senne „allerhöchste Bedeutung für die biologische Vielfalt in NRW“ beimesse; schon jetzt überspanne ein Netz von verschiedenen Schutzgebieten das Areal (europäische Natura 2000-Gebiete, Schutzgebiete nach Bundes- oder NRW-Naturschutzgesetz). „Dieser rechtliche Schutz auf mehreren Ebenen ist kaum zu toppen“, so der Sprecher.
Viel Zustimmung in der Bevölkerung
Mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und den Britischen Streitkräften habe man zudem erst kürzlich für die Senne einen umfassenden Maßnahmenplan aufgelegt, wie die Biotope dort noch weiter entwickelt werden können. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) verwies darauf, d ass die Briten und andere Streitkräfte die Senne auch nach 2020 als Truppen-Übungsplatz nutzen wollen: „Das trägt zum weiteren Schutz dieses wertvollen Lebensraumes bei.“ Viele seltene Tier- und Pflanzenarten fühlten sich in der Sperrzone wohl. „Weitergehende naturschutzfachliche Fragen“ stellen sich aus Sicht des Ministeriums erst, wenn die militarische Nutzung der Senne aufgegeben werde.
Aus Sicht der Naturschutzverbände hingegen ist die Aussage der britischen Truppen, bis 2023 in der Senne zu bleiben, kein Grund auf den Nationalpark als langfristiges Ziel zu verzichten, im Gegenteil. Sie verweisen auf eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2018, wonach 85% der Bevölkerung in NRW und 75% in Ostwestfalen-Lippe den Nationalpark Senne wollen. Auch der Regionalrat in Detmold, die Kreise Herford und Lippe sowie viele Städte forderten die Beibehaltung des Nationalpark-Zieles.
Grundwasserspeicher ist unbelastet
Nicht zuletzt gehe es auch um Wasserschutz. Weil die Senne nie landwirtschaftlich genutzt, dort nicht gedüngt oder gespritzt wurde, sei der Grundwasserspeicher von Nitrat unbelastet. „In der Senne entspringen Nordrhein-Westfalens klarste Bäche“, sagt Nabu-Chef Tumbrinck.