Berlin. Kurz nach Beginn der Krankheitswelle hat China Proben gesammelt. Diese wurden jetzt erneut ausgewertet. Die Ergebnisse stützen eine Theorie.

Der Ursprung der Corona-Pandemie liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit im chinesischen Wildtierhandel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die jetzt im Fachjournal „Cell“ veröffentlicht worden ist. Dabei hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das genetische Material von etwa 800 Proben ausgewertet, die das Chinesische Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention nach Beginn der Krankheitswelle im Januar 2020 auf dem Fisch- und Wildtiermarkt in Wuhan genommen hatte.

Die aktuelle Analyse ist die Fortführung einer Studie, die im vergangenen Jahr veröffentlicht und der Forschergemeinschaft samt Rohdaten zur Verfügung gestellt worden war. Diese hatte Fragen aufgeworfen, die nun weitgehend geklärt worden seien, schreiben die Forschenden um den US-Mikrobiologen Alexander Cris-Christoph. Unter anderem war unklar geblieben, von welchen möglichen Zwischenwirten Sars-CoV-2 auf den Menschen übergesprungen sein könnte.

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Um dazu weitere Erkenntnisse zu sammeln, werteten die Wissenschaftler alle Erbgut- und RNA-Sequenzen in den Proben aus, um die damit verbundenen Organismen wie Viren, Bakterien, Pflanzen, Tiere und Menschen zu erfassen. Die Ergebnisse, so die Studien-Autoren, lieferten Hinweise dafür, dass das auf dem Markt gefundene Virus auf den gleichen gemeinsamen Vorfahren zurückgehe wie die frühesten Virussequenzen der Pandemie.

Corona: Positive Proben enthielten Wildtier-DNA

Darüber hinaus zeigen die Daten laut den Angaben eine erhöhte Corona-Positivität in der Nähe und innerhalb einer Wildtierkäfiganlage auf dem Markt in Wuhan. In allen positiven Proben aus und nahe dieser Anlage sei Erbgut von Wildtieren nachgewiesen worden, darunter von Arten wie Zibetkatzen, Bambusratten und Waschbärhunden, die zuvor als mögliche Zwischenwirte identifiziert worden waren. „Das bestärkt die Annahme, dass Sars-CoV-2 durch den Wildtierhandel nach Wuhan gebracht wurde und dort auf den Menschen übergesprungen ist.“

Ist mit dieser Studie die These eines Laborunfalls als Ursprung der Corona-Pandemie sicher widerlegt? Seit Jahren hält sich die Theorie, dass ein Mitarbeitender des Wuhan Instituts für Virologie sich bei der Forschung an Coronaviren infiziert und das Virus auf den Wildtiermarkt getragen haben könnten. Mehrfach wurden dafür mögliche Hinweise präsentiert.

Für Isabella Eckerle, Professorin für Virologie und Expertin für neuartige Viruserkrankungen von der Universität Genf (Schweiz), reichen die Ergebnisse der neuen Studie dafür nicht aus. „Eindeutig bewiesen ist der Übergang vom Wildtier auf den Menschen nicht. Diese Information kann der Datensatz aufgrund seiner technischen Limitationen nicht liefern“, sagte sie dem Science Media Center (SMC). Die Studie liefere aber weitere Argumente dafür.

„Glaube nicht, dass man Puzzleteil noch findet“

Besonders frappierend seien die festgestellten Ähnlichkeiten zu dem ersten Sars-Ausbruch in den Jahren 2002/2003. Dieser Erreger stammt aus derselben Virusfamilie wie das neuartige Coronavirus. Von der chinesischen Provinz Guangdong aus verbreitete sich Sars binnen Wochen über nahezu alle Kontinente. „Diese Ähnlichkeiten lassen es sehr wahrscheinlich erscheinen, dass im genau gleichen Szenario ein weiteres Sars-Virus ein weiteres Mal den Sprung geschafft hat“, sagte Eckerle weiter.

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Ebenso beurteilt Friedemann Weber, Direktor des Instituts für Virologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen, die Ergebnisse der neuen Studie. „Die neuen Daten sind ein weiterer starker Hinweis, dass die Covid-19-Pandemie mit Sars-CoV-2-infizierten Tieren begann, die südlich von Wuhan gefangen und auf dem Tiermarkt gehandelt und geschlachtet wurden“, so Weber. Für das alternative Szenario, dass das Virus aus einem Labor entkommen sei, „gibt es keine solchen Daten“.

Um den Ursprung der Pandemie abschließend zu klären, bedürfe es Weber zufolge allerdings direkter Virusproben aus Wildtieren und Menschen, die vor und zum Zeitpunkt der ersten Infektionsereignisse entnommen worden seien. An solche Proben dürfte nicht mehr heranzukommen sein. Auch Virologin Eckerle hat Zweifel, den Ursprung der Covid-19-Pandemie abschließend aufzuklären: „Persönlich glaube ich nicht, dass man dieses Puzzlestück noch finden wird. Es ist einfach zu viel Zeit verstrichen.“