Berlin. Liebe und Betrug schließen sich nicht aus, sagt ein Experte. Das sind die Gründe warum Menschen trotz glücklicher Beziehung fremdgehen.
- Warum gehen Menschen fremd?
- Häufig glauben viele Paare, dass der Grund einzig in der Qualität und Zufriedenheit ihrer Beziehung liegt
- Doch diese Annahme ist falsch, wie ein Paartherapeut erklärt
Untreue gibt es nur in Beziehungen, in denen es ohnehin schon kriselt – von dieser Annahme gehen viele Paare aus. Umso größer ist der Schock, wenn der Partner trotz glücklicher Beziehung fremdgeht. Warum es möglich ist, jemanden zu lieben und trotzdem zu betrügen, weiß Eric Hegmann, Paartherapeut und Mitgründer der „Modern Love School“ in Hamburg.
Fremdgehen trotz glücklicher Beziehung: Warum betrügt man jemanden, den man liebt?
Seitensprünge sind nicht zwangsläufig ein Indiz für eine schlechte Beziehung, erklärt der Paartherapeut Eric Hegmann. Im Gegenteil: Paare könnten die Gesellschaft des anderen genießen, einander respektieren, sich zueinander hingezogen fühlen, ein gutes Sexleben haben und trotzdem fremdgehen. In den meisten Fällen gehe es um die eigene Bedürfnisbefriedigung. Das könnten ganz unterschiedliche Bedürfnisse sein – von der banalen sexuellen Anziehung bis zum unterschwelligen Wunsch nach Anerkennung und Geborgenheit.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie der University of Maryland, der Indiana University und der Stony Brook University, die im Jahr 2020 in einer Online-Umfrage 495 Teilnehmer nach den Motiven für ihren Seitensprung befragten. Häufig wurde auch eine Wutreaktion genannt, etwa weil der andere Partner zuvor fremdgegangen war. Aber auch tiefer liegende Bedürfnisse wie das Selbstwertgefühl und das Bedürfnis nach Liebe standen ganz oben auf der Liste. Viele Untreue fühlten sich in ihrer Beziehung nicht ausreichend gesehen oder wertgeschätzt.
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Weitere Gründe warum Menschen trotz glücklicher Beziehung fremdgehen:
1. Selbstfindung
Der häufigste Grund, warum Menschen fremdgehen, ist laut Hegmann die Suche nach sich selbst. Für den Untreuen sei der eigene Seitensprung eine Erkundung nie gelebter oder lange verdrängter Teile seiner selbst. „Ein schlechtes Gewissen wegen des Fremdgehens haben die Untreuen meist nicht“, sagt der Paartherapeut. Das gehöre schließlich zur Selbstfindung dazu. Vielmehr sei es der Schmerz, den sie ihrem Partner zugefügt haben, der zu Gewissensbissen führe, so Hegmann.
2. Die Suche nach dem Kick
Fremdgeher suchen in vielen Fällen keinen Ersatz für den Partner, sondern eine sexuelle Ergänzung zu ihm. „Viele Menschen können körperliche und emotionale Treue trennen. Sie gehen nicht fremd, weil sie in ihrer Beziehung unzufrieden sind, sondern weil sie etwas anderes erleben wollen. Etwas, das ihnen der Partner oder die Partnerin nicht geben kann oder einfach wegen des Kicks, den das Verbotene mit sich bringt“, sagt Hegmann. Der Paartherapeut warnt jedoch davor, einen Seitensprung genau damit zu rechtfertigen. Außerdem solle man in der Beziehung offen über die eigenen Bedürfnisse sprechen. Nur so könnten beide Partner einen gemeinsamen, lustvollen Weg finden – auch ohne Seitensprünge.
Muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man Lust auf jemand anderen als den Partner hat?
Wer bei sich das Bedürfnis nach einem Abenteuer außerhalb der Beziehung entdeckt, hat schnell ein schlechtes Gewissen. Dabei ist das Bedürfnis an sich ganz normal, meint Paartherapeut Hegmann: „Wer ehrlich ist, wird sich hoffentlich auch eingestehen, dass Fantasien über andere erotische Erfahrungen normal sind. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass man selbst nicht immer im Mittelpunkt der Fantasien des Partners steht.“ Kein Partner könne über Jahrzehnte alle Bedürfnisse erfüllen.
Dennoch betont der Experte, dass es einen Unterschied macht, ob aus der Fantasie ein Wunsch wird, der dann auch umgesetzt wird. „Ich halte es für sehr hilfreich, zwischen Fantasien und Wünschen zu unterscheiden und als Paar über Fantasien zu sprechen.“, sagt Hegmann.
Kann man sich verlieben obwohl man in einer glücklichen Beziehung ist?
Sich trotz einer glücklichen Ehe oder Beziehung zu verlieben, ist laut des Paartherapeuten ebenfalls nicht ungewöhnlich: „Verlieben ist ein Reflex, Liebe ist eine Entscheidung“. Denn während Liebe durch gemeinsame Erfahrungen entstehe, sei das Verliebtsein fast ausschließlich hormonell gesteuert. „Dieser Hormoncocktail gaukelt den Verliebten vor, dass der Schwarm das Wichtigste und Tollste überhaupt ist, aber dahinter steckt meist nur sexuelle Anziehung und keine Liebe“, so Hegmann.
Fremdverliebt: Was passiert, wenn man seine Gefühle unterdrückt?
Am Ende geht es jedoch darum, sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen. Denn: Mehrere Studien konnten bereits zeigen, dass unterdrückte Gefühle auf Dauer krank machen. Die Folgen von emotionaler Verdrängung reichen von Angstzuständen über Depressionen bis hin zu stressbedingten Erkrankungen.
Auch Hegmann weiß aus der Praxis, dass die Verdrängung von Gefühlen oft zu großen Konflikten führt. „Durch das Unterdrücken entsteht oft eine Sehnsucht, die überromantisiert wird.“ Nicht selten werde dann alles Gute auf die Affäre projiziert. Stattdessen empfiehlt der Experte, das Gefühl des Verliebtseins zuzulassen. „Wer sich am Ende bewusst dafür entscheidet, die Schwärmerei nicht auszuleben, sondern nur das Gefühl wahrzunehmen, reflektiert die eigenen Bedürfnisse“, fasst Hegmann zusammen.
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