Düsseldorf. Die Straßen in NRW sind in die Jahre gekommen. Auch Tunnel und Brücken müssen saniert werden. Die Landesregierung hat dafür einen Plan.

- Viele Straßen, Brücken und Tunnel in NRW müssen dringend saniert werden.

- Die Landesregierung legt daher eine "Sanierungs-Offensive" auf, um in den kommenden zehn Jahren eine Trendwende zu erreichen.

- NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) erwartet vom Bund, dass dieser sich verstärkt um den Erhalt der Straßen in seiner Zuständigkeit kümmert.

"Die Verkehrsinfrastruktur ist in die Jahre gekommen", sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer am Donnerstag bei der Vorstellung des Straßenzustandsberichtes. Das bedeutet konkret: Mehr als ein Drittel der Straßen, die durch das Land unterhalten werden, sind sanierungsbedürftig. Hier geht es insgesamt um eine Straßen-Länge von 16.500 Kilometer.

Besorgniserregend ist laut Krischer auch der Zustand der Brücken: Hunderte Brücken sollen und müssen in den nächsten Jahren in NRW neu gebaut werden.

Schließlich sind die 39 Tunnel, die das Land NRW betreut, zwar nicht marode, aber die Tunnel-Sicherheitstechnik gibt Anlass zur Sorge. Die hält nämlich nur etwa 15 Jahre, viele Tunnel sind aber schon älter.

Marode Straßen und Brücken: Eine "Sanierungsoffensive" soll es richten

Um diese vielen Baustellen anzugehen, hat sich die Landesregierung eine "Sanierungs-Offensive" vorgenommen. Si besteht aus einem Elf-Punkte-Plan.

In den kommenden zehn Jahren soll der Anteil der sanierungsbedürftigen Straßen von aktuell 36 Prozent auf null Prozent reduziert werden. "Wir machen die Sanierung zur Priorität", versprach Krischer.

Marode Brücken: Schneller Neubau mit Fertigmodulen

Von den insgesamt rund 6800 Brücken, die das Land betreut, sollen in den kommenden zehn Jahren 400 neu gebaut werden. Dabei wird laut Krischer zunehmend auf "moderne Schnellbauweise" gesetzt, zum Bespiel auf Fertig-Module.

Für die zum Teil veraltete Sicherheitstechnik der Tunnel soll ein "vorausschauendes Management" eingeführt werden. Das heißt, das Land will nicht abwarten, bis an einem Tunnel die Technik ausfällt, sondern möchte vorher handeln. "Die Technik funktioniert noch, aber der Aufwand für die Wartung ist hoch", sagte Petra Beckefeld, technische Direktorin des Landesbetriebs Straßen NRW. Nun wenige Unternehmen seien in der Lage, hier zu helfen. "Wir sind da stark marktabhängig", so Beckefeld.

Zu viel Verkehr, zu wenig Geld für die Instandhaltung

Zwei Haupt-Ursachen nennt die Landesregierung für den schlechten Zustand vieler Straßen und Brücken: Erstens die starke Zunahme des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, in den vergangenen Jahrzehnten. Zweitens die Vernachlässigung der Instandhaltung von Straßen und Brücken über viele Jahrzehnte.

"Viele Brücken wurden in den 1960- und 1970-er Jahren gebaut. Damals waren die Lastwagen kleiner, kürzer und leichter, außerdem fuhren damals weniger Lkw", erklärte Petra Beckefeld von Straßen NRW. Gleichzeitig bestünde bei vielen Brücken "strukturelle Mängel“ So sei zum Beispiel in den Hoch-Zeiten des Brückenbaus von Anfang der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre in der Regel sehr materialsparend – und somit nur mit geringen statischen Reserven – gebaut worden.

Die Liberalen im Landtag reiben sich daran, dass die schwarz-grüne Landesregierung den Fokus vor allem auf die Sanierung legt und nicht auf den Neubau. "Minister Krischer legt alle Neubauprojekte auf Eis und versteift sich mit seiner ,Sanierungsoffensive' auf Erhaltung und Sanierung. Was passiert mit den bereits laufenden Neubaumaßnahmen? Wenn das Geld beispielsweise in Bielefeld, Bornheim oder Niederkassel nicht mehr zur Verfügung steht, sollen dann dort Bauruinen entstehen?", fragt Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Es seien auch neue Umgehungsstraßen wichtig, wie die L419 in Wuppertal, die für eine wesentliche Entlastung auf der A46 sorge.

Die Zustandsnoten der Brücken an Landes- und Bundesstraßen finden Sie hier.

Mit diesem "Elf-Punkte-Plan" will NRW den Sanierungsstau bei den Straßen und anderen für den Verkehr wichtigen Bauwerken auflösen:

1.) Sanierung der vorhandenen Straßeninfrastruktur:
In den kommenden 10 Jahren ist es Ziel den bestehenden Anteil von Straßen, Brücken
und Tunneln in einem sanierungsbedürftigen Zustand nahezu komplett abzubauen.

2.) 10-Jahresprogramm Brückenerneuerung:
Alle Brücken, die in einem schlechten Zustand sind oder hohe Defizite in der Tragfähigkeit aufweisen, müssen schnellstmöglich erneuert oder ertüchtigt werden, um folgenschwere Einschränkungen für den Verkehr zu vermeiden. In Summe sollen in den nächsten zehn Jahren knapp 400 Brücken in Zuständigkeit des
Landes erneuert oder modernisiert werden.

3.) Neuausrichtung hin zu einem mehrjährigen Erhaltungsprogramm Straßen-Sanierung: Bei den Landesstraßen wurden zuletzt im Jahr 2023 etwa 213 Millionen Euro für den Erhalt und etwa 70 Millionen Euro für den Neubau angesetzt. Damit sei erreicht worden, dass sich der Zustand der Straßen und Brücken nicht weiter verschlechtere, so die Landesregierung. Eine Trendumkehr hin zu einer deutlichen Verbesserung des Zustandes habe man damit aber nicht erreicht. Daher müsse nun mehr Geld ausgegeben werden.

4.) Tunnel vorausschauend modernisieren
Die sicherheitstechnischen Anlagen der Tunnel haben im Gegensatz zum eigentlichen Bauwerk nur eine theoretische Nutzungsdauer von zehn bis 15 Jahren.
Bei den 39 Tunneln in Landeszuständigkeit soll durch vorausschauende Ertüchtigungen
und Modernisierung, insbesondere der Sicherheitstechnik, das Ausfallrisiko auf ein Minimum reduziert und Sperrzeiten der Tunnel dadurch vermieden werden.

5.) Transparenz durch Veröffentlichung der Zustandsdaten (Sanierungskataster).


6.) Fachkräftemangel bekämpfen.

7.) Beschleunigung beim Planen und Bauen.

8.) Innovative Bauweise:
Straßen.NRW wird vermehrt auf innovative Schnellbauweisen setzen, die schon bei der
Beseitigung der Flutschäden erfolgreich eingesetzt wurden. Um grundsätzlich schneller
bauen zu können, soll auch der serielle Brückenbau weiter vorangebracht werden.

9.) Bessere Baustellen-Koordination.

10.) Verkehr und Umwelt gleichermaßen berücksichtigen.

11.) Einsatz von Recyclingbaustoffen im Straßenbau.

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