Berlin. Beim letzten TV-Duell vor der Wahl geht es zwar auch um die üblichen Themen, doch sowohl Scholz als auch Merz werden überraschend persönlich.
Ein letztes Mal stehen Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Herausforderer Friedrich Merz (CDU) an diesem Mittwochabend wenige Tage vor der Bundestagswahl gemeinsam im Ring. Der ist dieses Mal im Springer-Haus platziert. Eine Stunde lang interviewen die Bild-Chefredakteurin Marion Horn und der Welt-Chefredakteur Jan Philipp Burgard die beiden Politiker. Andres als bei bisherigen Formaten wird die Redezeit nicht gestoppt – und trotzdem haben beide Kandidaten einen – zumindest gefühlt – ähnlichen Redeanteil.
Natürlich kommt auch dieser Abend nicht ohne die den Wahlkampf bestimmenden Themen Migrations- und Wirtschaftspolitik aus, doch neue Erkenntnisse in diesen Bereichen bleiben aus. Merz will runter mit den Energiepreisen, schimpft auf eine „ideologisch Grüne Energiewende“ der Ampel, die nicht funktioniert habe und will den „teuren Wust der Bürokratie“ durchbrechen. Scholz hingegen will die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel senken und die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern.
Kanzler-Duell von Bild und Welt: Merz hat die Butterpreise vorbereitet
Merz, wissentlich, wo er sich an diesem Abend befindet, wirft ein, dass er nicht immer selbst für seine Berliner Wohnung einkaufen gehe und deshalb die Lebensmittelpreise genau kenne, sondern auch wisse, was ein Pfund Butter koste. Wie teuer das nun ist, sagt er dann aber doch nicht. Auf Nachfrage stellt sich auch heraus, dass er zum letzten Mal Ende Dezember selbst an der Supermarktkasse stand – so wie Scholz auch. Beide begründen das mit Wahlkampfstress.
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Von diesen „persönlichen Momenten” gibt es in diesem Duell erwartungsgemäß ein paar mehr – und man fragt sich ein wenig, warum sich die beiden Kandidaten jetzt erst von ihrer menschlichen Seite zeigen. Kritik daran, dass sie als unnahbar oder gar unsympathisch gelten, gab es an beiden in der Vergangenheit mehr als genug.
Als es bei Merz und Scholz menschelt, wird es gut
Und so sind es am Ende des Abends nicht die politischen Positionen zu Bürgergeld, Migration oder Wirtschaftspolitik, die hängen bleiben, sondern tatsächlich die Momente, in denen es menschelt.
Den Anfang macht der Unionskanzlerkandidat, der auf die Frage, welche Schicksalsschläge ihn geprägt hätten, überraschend persönlich antworte und über seine beiden verstorbenen Geschwister spricht. Er erzählt von einer Schwester, die mit 21 Jahren bei einem Verkehrsunfall verstorben sei, und einem Bruder, der „an MS starb, noch bevor er 50 wurde“. „Diese Erlebnisse haben tiefe Spuren in meiner Familie hinterlassen“, erzählt Merz mit bedeckter Stimme. „Darüber spreche ich nicht so häufig, aber wenn Sie mich schon so fragen.“
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Und auch aus dem sonst eher als kühl bekannten Olaf Scholz entlockten Horn und Burgard persönliche Worte. Der antwortete ebenfalls auf die Frage nach dem Schicksalsschlag damit, dass er es „unangemessen“ empfinden würde, dazu etwas zu sagen. „Persönlich hatte ich ein sehr glückliches Leben“, führt er aus. „Mein Leben ist sehr, sehr gelungen, was mein privates Leben, was die Liebe betrifft, was meine Möglichkeit betrifft, als Anwalt zu arbeiten – und auch als Politiker.“ Und dann machte der Bundeskanzler sogar seiner Frau noch eine Liebeserklärung und sagte: Dass er so viel Glück in der Liebe habe, empfinde er schon als etwas Besonderes.
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Auch wenn die Geschichte über die Familientragödie von Merz und die Liebeserklärung von Scholz an seine Frau wohl kaum Wahlentscheidungen beeinflussen werden, so zeigen sie doch recht deutlich, dass diese kleinen menschlichen Momente in diesem Wahlkampf gefehlt haben. Ob es gleich derart persönlicher Anekdoten bedarf, sei dabei dahingestellt, man hätte sich ja auch in der Diskussion um politische Inhalte nahbarer, offener, ja menschlicher zeigen können.
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