Berlin. Gibt es vor der Bundestagswahl zu viele TV-Debatten, oder sind sie ein unverzichtbares Werkzeug für die Wahlentscheidung? Ein Pro & Contra.

Die Bundestagswahl 2025 rückt immer näher. Und in dieser finalen Phase gibt es eine regelrechte Flut an TV-Debatten. Duell, Quadrell, Sextett: Es gibt wenig, was es nicht gibt.

Womit sich die Frage stellt, wie viele TV-Debatten wirklich notwendig sind. Während einige diese als wichtige Gelegenheit zur politischen Meinungsbildung betrachten, argumentieren andere, dass die Vielzahl an Debatten eher verwirrend und wenig zielführend ist.

Bundestagswahl 2025: Sind sieben große TV-Debatten wie das „Quadrell“ zu viel des Guten?

PRO von Patricia von Thien

Patricia von Thien

„Zu viele Formate nutzen sich ab“

Patricia von Thien
Chefin vom Dienst

Sie kennen bestimmt das Sandmännchen. Die Sendung, die abends in den Dritten Programmen läuft. Der Legende nach besucht das Sandmännchen abends Kinder, streut schläfrig machenden Sand in ihre Augen. Es signalisiert, dass es an der Zeit ist, ins Bett zu gehen.

Ziemlich genau so fühlt sich der Endspurt im Bundestagswahlkampf an. Jeden Tag eine TV-Debatte zum Wegnicken. Phrasen, die wie Sand in die Ohren gestreut werden. Das Sandmännchen für Erwachsene.

Quadrell, Duell oder Wahlarena heißt das dann. Jeden Abend lief oder läuft eine neue TV-Debatte, in der die Spitzenkandidaten der Parteien diskutieren. Nach dem „Quadrell“ bei RTL, einem TV-Duell in der ARD, einer Viererrunde im ZDF und der ARD-Wahlarena am Montagabend gibt es noch drei weitere Aufeinandertreffen der Kandidaten. Scholz gegen Merz, Scholz und Merz mit Habeck und Weidel. Scholz, Merz, Habeck, Weidel, Lindner, Wagenknecht und Van Aken. Jemanden vergessen? Es würde gar nicht auffallen, wenn das Sandmännchen selbst unter den Gästen wäre.

Früher gab es ein TV-Duell. Das ganze Land fieberte dem entgegen. Schröder gegen Stoiber, Merkel gegen Schröder, Merkel gegen Steinmeier, Merkel gegen Steinbrück, Merkel gegen Schulz. Ganz Deutschland spitzte 90 Minuten lang die Ohren. Weil allen klar war: Jetzt geht‘s um alles. Heute kann man problemlos nebenbei durchs Handy scrollen. Was verpasst? Am nächsten Abend gibt‘s ja die nächste Chance in irgendeiner TV-Wahl-Quadrell-Arena. Zu viele Formate nutzen sich halt ab.

Es liegt in der Natur der Sache, dass heute mehr Parteien als früher im Politikbetrieb mitmischen. Nicht nur CDU und SPD. Wir leben in politisch hochbrisanten und unsicheren Zeiten. Ukraine-Krieg, Trump, Inflation, Migration, Klimakrise – selbstverständlich müssen alle Spitzenkandidaten bei diesen Themen zu Wort kommen. Aber nicht in Dauerschleife. Lieber ausführlich und gebündelt in einem Format anstatt immer wieder mit immer denselben Fragen und Phrasen.

CONTRA von Pascal Biedenweg

Pascal Biedenweg

„Debatten-Overkill? So ein Blödsinn!“

Pascal Biedenweg
Digital Lead

Das Gemecker ist schon wieder groß: zu viele TV-Debatten. Langweilig. Wer braucht das schon? Die Zuschauer sind übersättigt. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Debatten-Overkill? So ein Blödsinn!

Die Wähler sind doch längst süchtig nach Politik-Spektakeln. Und wer den Sendern vorwirft, sie würden die Politik ausbeuten, hat die Sache nicht verstanden. Schlussendlich entscheidet doch nur eine Instanz darüber, wie viele TV-Debatten es gibt: der Zuschauer.

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Quoten sind King. Und die Zuschauer wollen mehr. Sie wollen die Kandidaten vergleichen und genau hinschauen, wie sie sich in jeder einzelnen Runde schlagen. Mehr Debatten, mehr Spannung, mehr Wissen. Wer sich wirklich fundiert entscheiden möchte, braucht mehr als nur den ersten Eindruck.

Klar, früher reichte ein einziges Duell. Aber heute sind die Themen zu wichtig, um sie in 90 Minuten abzufertigen. Ukraine-Krieg, Inflation, Klimakrise – das sind keine Fragen, die sich in einem einzigen Schlagabtausch klären lassen.

Wer heute noch sagt, weniger sei mehr, hat schlicht den Nerv der Zeit verpasst. Die Wähler verdienen es, sich ein Bild aus verschiedenen Perspektiven zu machen. Die vielen Debatten helfen dabei, zu entscheiden, wer wirklich das Zeug dazu hat, unser Land aus der Krise zu führen. Und am 23. Februar die richtige Wahlentscheidung zu treffen. Nie war es wichtiger.

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