Berlin. Olaf Scholz startet in den Wahlkampf mit Attacken gegen die politischen Konkurrenten. An die SPD hat der Kanzlerkandidat eine Bitte.
Mehr Klarheit und mehr Kampf haben sich viele Sozialdemokraten zuletzt von Olaf Scholz gewünscht, um ein Desaster bei der vorgezogenen Neuwahl am 23. Februar zu verhindern. Der Kanzlerkandidat der SPD sprach am Samstag vor rund 500 Genossen auf einer Veranstaltung mit dem optimistischen Namen „Wahlsiegkonferenz“. Scholz eröffnete damit den Wahlkampf – auch mit Angriffen auf die Konkurrenten.
Scholz über Friedrich Merz
Die SPD ruft einen Zweikampf ums Kanzleramt zwischen Scholz und Unionskandidat Friedrich Merz aus. Den CDU-Chef kritisierte Scholz in seiner einstündigen Rede mehrfach. Unter Merz sei der soziale Flügel der Union „völlig an den Rand gedrängt“ worden, das sei etwa zu sehen an den Positionen zu Renten, Löhnen und Gesundheit. Als das „ganz große Thema“ der Wahl nannte Scholz den Kampf um Arbeitsplätze und die Lage der Wirtschaft und warf Merz Konzept- und Ideenlosigkeit vor.
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Merz wolle Windräder zurückbauen und zurück in die teure Atomkraft. „Von Wirtschaftskompetenz zeugt das jedenfalls nicht“, attackierte Scholz den CDU-Chef. Zur Stärkung der Wirtschaft komme Merz immer nur mit pauschalen Steuersenkungen für Unternehmen: „Mich erinnert das an einen Arzt, der seinen Patienten immer die gleichen Pillen verschreibt, egal ob der Husten hat oder einen gebrochenen Fuß.“ So einem Arzt werde normalerweise die Zulassung entzogen, stichelte Scholz.
Beim Thema Wirtschaft machte Scholz die konkretesten Ankündigungen: Im Falle eines Wahlsiegs will er den Mindestlohn auf 15 Euro erhöhen. Er sprach sich zudem für einen „Investitionsbonus“ für Firmen aus, die auf den Standort Deutschland setzen. Den Strompreis will Scholz mit einer durch den Bundeshaushalt finanzierten „Netzentgelt-Bremse“ senken. Der SPD-Kandidat schlägt zudem einen aus öffentlichen und privaten Geldern gespeisten „Deutschland-Fonds“ in Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro vor, um Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen. Scholz fordert außerdem eine Reform der Schuldenbremse.
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Scholz über Christian Lindner
An dem FDP-Chef ließ Scholz kein gutes Haar. In ernsten Zeiten brauche es verantwortungsbewusste Politiker, „keine Spieler, keine Zocker“, sagte Scholz über den von ihm aus der Regierung geworfenen Finanzminister. Angesichts der bekannt gewordenen Planungen der FDP für einen gezielten Bruch der Ampel-Koalition warf der Kanzler Christian Lindner vor, die Arbeit der Regierung „über Monate hinweg systematisch sabotiert“ zu haben. „So etwas darf in Deutschland nie wieder passieren“, forderte Scholz.
Scholz über Robert Habeck
Auch seinen letzten verbliebenen Koalitionspartner kritisierte Scholz: „Die Grünen stehen für viele im Land nur noch für Gängelung, Überforderung und staatliche Bevormundung.“ Es dürfe beim Klimaschutz keine Rückschritte geben, aber Klimaschutz funktioniere „nicht mit der grünen Brechstange“, fügte Scholz hinzu – eine deutliche Spitze gegen den Wirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidaten Robert Habeck. „Sondern nur, wenn die Leute mitkommen. Wenn sie keine Angst haben müssen, überfordert zu werden.“ Bei der SPD ist immer wieder die Kritik zu hören, dass Habeck und die Grünen beim Klimaschutz mit dem Kopf durch die Wand wollten und dafür auch Arbeitsplätze aufs Spiel setzten.
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Scholz über AfD und BSW
Den beiden Parteien AfD und BSW widmete Scholz wenig Raum, prominente Vertreter wie AfD-Chefin Alice Weidel und die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht erwähnte er nicht namentlich. „AfD und BSW schüren Angst und schrecken auch vor Lügen nicht zurück“, warnte der SPD-Kandidat. Scholz kritisierte zudem, ohne AfD und BSW direkt zu nennen, „schrille Populisten“ und „Kreml-Lautsprecher“: „Die wollen die Ukraine ihrem Schicksal überlassen, nach dem Motto: irgendwann herrscht dort schon Grabesruhe.“ Scholz betonte abermals, dass er die Ukraine weiter unterstützen wolle, aber wegen der Gefahr einer Eskalation eben nicht mit dem deutschen Marschflugkörper Taurus.
Scholz über Olaf Scholz
Die Debatte um seine Eignung als Kanzlerkandidat und den von Teilen der Partei bevorzugten Verteidigungsminister Boris Pistorius erwähnte Scholz mit keinem Wort. Stattdessen erinnerte er an seinen Wahlsieg 2021, nachdem die SPD auch damals lange in den Umfragen weit hinter der Union gelegen hatte. „Ihr wisst, wie Wahlkampf geht. Ich weiß, wie Wahlkampf geht“, zeigte sich Scholz selbstbewusst. „Da werden sich also einige noch ganz schön wundern.“ Scholz präsentierte sich als überzeugter Sozialpolitiker, der sich für stabile Renten einsetzt, sowie besonders im Konflikt mit Russland als erfahrener und umsichtiger Kanzler. Ganz im Gegensatz zum „unberechenbaren Oppositionsführer“ Merz, der mit der Drohung an Putin, den Taurus an die Ukraine zu liefern, „russisch Roulette“ spiele, warnte Scholz.
Die SPD über Olaf Scholz
Von Unzufriedenheit der Genossen mit dem Kanzlerkandidaten war zumindest im öffentlichen Teil der „Wahlsiegkonferenz“ nichts zu spüren. Scholz wurde mit langem Klatschen begrüßt, die SPD-Bundestagskandidaten unterbrachen seine mit Unterstützung eines Teleprompters gehaltene Rede mehrfach mit Applaus und klatschen auch im Anschluss mehrere Minuten. Das war auch die Anerkennung für den Abschluss der Rede: Er werde in den verbleibenden 85 Tagen bis zur Wahl „aber auch wirklich alles“ geben, versprach Scholz. „Aber dabei brauche ich Euch“, bittet er die SPD um Geschlossenheit und Unterstützung im Winter-Wahlkampf. Der Auftritt dürfte vielen Sozialdemokraten gefallen haben.
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