Berlin. Die Ökopartei wirbt vor den Neuwahlen besonders um die Gunst der Wählerinnen. Im „Team Robert“ spielen Frauen eine zentrale Rolle.
Es gibt da dieses Bild aus dem Flieger. 22 Frauen verschiedenen Alters, alle bestens gelaunt. Und mittendrin hockt auf dem Boden ein Mann mit schwarzem Pullover, Dreitagebart und Freundschaftsbändchen. Er fühlt sich sichtlich wohl in diesem Kreis und strahlt mit den Frauen um die Wette.
Der Mann ist Wirtschaftsminister Robert Habeck, der die Grünen als Kanzlerkandidat in die vorgezogene Bundestagswahl führen wird. Das Foto aus dem Flugzeug entstand in der ersten Novemberhälfte: Da flog Habeck zu einer Konferenz namens „Web Summit“ nach Lissabon. Die Wirtschaftsdelegation, die er dabei hatte, bestand ausschließlich aus Vertreterinnen der Start-up-Szene. Das war kein Zufall, sondern als politisches Statement genau so gewollt.
Robert Habeck – der moderne Mann, auf den sich Frauen verlassen können: Dieses Motiv dürfte im beginnenden Wahlkampf noch eine bedeutende Rolle spielen. Mit dieser Botschaft zielt der 55-Jährige nicht nur auf die Hälfte des Wahlvolks. Er setzt sich damit insbesondere auch von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) ab, dem Demoskopen ein beträchtliches Frauenproblem bescheinigen.
In seiner Bewerbungsrede beim Grünen-Parteitag am vorvergangenen Wochenende lobte Habeck gleich zu Beginn ausführlich die starken Frauen innerhalb und außerhalb der Partei: „Ein Land wird stärker, wenn es gleichberechtigter ist“, rief der Vizekanzler. Dafür zu kämpfen, sei nicht nur die Aufgabe der Frauen, sondern auch der Männer. Für diese Einlassungen bekam der Vizekanzler von den Delegierten stehenden Applaus. Auffällig ist, dass der engste Zirkel um den grünen Frontmann zu einem großen Teil aus Frauen besteht. Wie stellen die wichtigsten vor.
Franziska Brantner
Die promovierte Politologin (45) ist die neue Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, an ihrer Seite steht Co-Chef Felix Banaszak. Die ehrgeizige Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg gehört wie Habeck dem Realo-Flügel der Partei an. Sie dient ihm bislang auch als Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium mit der Zuständigkeit für Internationales.
Als Parteichefin wird es zunächst ihre Aufgabe zu sein, dem Kanzlerkandidaten den Rücken freizuhalten und die gesamte Partei auf seine Wahlkampagne auszurichten. Schon jetzt präsentieren sich die Grünen als „Team Robert“ – was zumindest bemerkenswert ist für eine Partei mit einer basisdemokratischen Tradition. Brantner ist seit 2013 Bundestagsabgeordnete, davor war sie Mitglied des EU-Parlaments.
Anja Hajduk
Im politischen Berlin gibt es Leute, die öffentlich kaum in Erscheinung treten, aber dennoch erheblichen Einfluss ausüben. Anja Hajduk, beamtete Staatssekretärin in Habecks Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, gehört dazu. Hajduk steuert seit dem Regierungseintritt der Grünen Habecks Vizekanzlerschaft. Ihr obliegt es also, die Arbeit der grünen Minister zu koordinieren und das Regierungshandeln mit dem Kanzleramt sowie den anderen Ressorts abzustimmen.
Nach dem kläglichen Ende der Ampel-Koalition geht es noch jetzt darum, einige wenige Gesetzesvorhaben durchs Parlament zu bringen und die Geschäfte so lange zu führen, bis eine neue Bundesregierung das Ruder übernimmt. Die 61-jährige Hajduk stammt aus Duisburg. In ihrer Wahlheimat Hamburg war sie von 2008 bis 2010 Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt.
Nicola Kabel
Der Vizekanzler ist ein begnadeter Kommunikator. Aber manchmal kommt der Schriftsteller doch ziemlich verkopft rüber, mitunter redet er sich auch um Kopf und Kragen. In seinem Ministerium wacht Habecks Sprecherin Nicola Kabel, Jahrgang 1978, streng darüber, dass in der Außendarstellung nichts anbrennt.
Die beiden kennen sich aus der Landespolitik in Schleswig-Holstein – Habeck war dort von 2012 bis 2018 Minister für Umwelt und Landwirtschaft, Kabel Korrespondentin der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Habeck holte sie als Sprecherin in sein Kieler Ministerium. Als er 2018 als Grünen-Vorsitzender nach Berlin wechselte, machte er sie zunächst zur Parteisprecherin und später zur Kommunikationschefin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Andrea Paluch
Es gibt auch ein Leben jenseits der Politik – und das lebt Habeck mit seiner Ehefrau Andrea Paluch. Seit 1996 sind die beiden verheiratet. Sie haben vier Söhne, die mittlerweile alle erwachsen sind. Habeck und Paluch lernten sich Anfang der 1990er Jahre als Studenten im dänischen Roskilde kennen.
Name | Robert Habeck |
Geboren | 2. September 1969 in Lübeck |
Ehepartnerin | Andrea Paluch (verheiratet seit 1996) |
Partei | Bündnis 90/Die Grünen |
Geschwister | Hinrich Habeck |
Ausbildung | Universität Hamburg (2000) |
Familienstand | Verheiratet, vier Söhne |
Ämter | Vizekanzler und Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland |
Heute leben sie in Flensburg an der deutsch-dänischen Grenze, dem Nachbarland ist die gesamte Familie bis heute eng verbunden. Paluch ist 54 Jahre alt und Schriftstellerin. Einen Großteil ihres Werkes schrieb und veröffentlichte sie gemeinsam mit Habeck. Sie ist aber auch als Musikerin und Dozentin unterwegs. Habeck ging Anfang der 2000er Jahre in die Politik. In einem Interview mit der „taz“ sagte Paluch einmal, für sie sei das nichts. „Das ginge gar nicht. Vor allem, weil ich immer recht habe.“
Annalena Baerbock
Die Außenministerin, Jahrgang 1980, bildet zusammen mit Habeck das grüne Spitzenduo für den Bundestagswahlkampf. Er ist die Nummer eins und sie die Nummer zwei. Bei der Wahl 2021 war es umgekehrt. Von 2018 bis 2022 waren die beiden Bundesvorsitzende ihrer Partei, beide gehören dem Realo-Flügel an. Die gemeinsame Regierungszeit belastete enges Verhältnis erheblich. Zeitweise hieß es, Habeck und Baerbock hätten sich überworfen, ihre Häuser bekämpften sich nach Kräften.
Inzwischen soll sich das wieder gebessert haben. Die Machtfrage ist nach Baerbocks Verzicht auf die Kanzlerkandidatur im vergangenen Sommer geklärt. Nur wenn beide an einem Strang ziehen, haben die Grünen überhaupt eine Chance, bei den für Ende Februar geplanten Neuwahlen ein passables Ergebnis einzufahren. Beim jüngsten Parteitag bezeichnete Habeck die Außenministerin als „Freundin“ und sagte: „Es ist ein großes Privileg, Dich neben mir, vor mir und hinter mir zu wissen.“
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