Berlin. Marco Wanderwitz schmeißt hin, Robert Habeck wird zum doppelten Opfer. Doch nicht nur Politiker können den Hass kaum noch aushalten.

Es ist einfach zu viel. Dieser tägliche Hass, die eingeworfenen Scheiben, die Bedrohungen und Verleumdungen. Marco Wanderwitz gibt auf, aus Sorge um seine Familie. Nach 22 Jahren im Deutschen Bundestag. Damit verliert Ostdeutschland einen wichtigen Fürsprecher, denn Wanderwitz weiß, was die Menschen bewegt; vor allem: was sie in die Arme der Populisten treibt. Gerade darum ist seine Stimme so wichtig, wenn es darum geht, die rechtsextremen Strömungen, die von der AfD ausgehen, in Schach zu halten. Und das hat er versucht, so ist er die treibende Kraft für ein Verbotsverfahren der AfD.

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Von Madeleine Janssen, Katharina Engeln und Florian Görres

Dass der CDU-Politiker nun seinen Rückzug ins Private ankündigt, dass er einen neuen Lebensabschnitt ohne Politik beginnen will, ist verständlich. Und doch ist es auch Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Schwäche: Offenbar hat es ihm an Unterstützung gefehlt, an echtem Schutz, ehrlicher Anerkennung, die ihm geholfen hätte, all den Hass zu ertragen. So bitter es ist: Sein Rückzug ist ein Sieg all derjenigen, die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zerstören wollen.

Habeck und der #Schwachkopf: Wenn der Täter Mitleid bekommt

Wie sehr Hass und Hetze bereits aus dem Ruder gelaufen sind, zeigt der Fall Robert Habeck, der einen ihn beleidigenden Post zur Anzeige brachte (#Schwachkopf). Weil dies einem Rentner, der schon durch rechtsextreme Postings aufgefallen war, eine Hausdurchsuchung bescherte, war die Aufregung im Netz über diesen „nichtigen Anlass“ groß, vor allem beim Kurznachrichtendienst X, aber auch im Boulevard. Auf der Anklagebank war das Opfer, Robert Habeck. Mitleid genoss der Täter.

Birgitta Stauber ist Textchefin in der FUNKE Zentralredaktion.
Birgitta Stauber ist Textchefin in der FUNKE Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Dabei wegzuschauen, weil es ja „doch nur einen Politiker“ trifft, oder sogar mitzumachen, weil man die Grünen/die CDU/die SPD/die FDP ohnehin nicht mag, kann zum Bumerang werden. Denn Hass und Gewalt gehören auch zum Alltag von vielen Frauen, Homosexuellen, Juden, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderten, Alten, Bürgergeldempfängern, Journalisten und und und. Was zeigt, es ist verdammt leicht, selbst zur Zielscheibe zu werden.

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Sich dagegen zu wehren, geht uns alle an. Denn die USA zeigen, wie schnell Hass, Lüge, Verleumdung und letztlich auch Gewalt die Oberhand gewinnen können.