Berlin. SPD und Grüne haben keine eigene Mehrheit im Parlament. Trotzdem könnten einige Vorhaben noch vor der Neuwahl beschlossen werden.
Der 20. Deutsche Bundestag hat noch etwas mehr als drei Monate Zeit. Ende Februar wird neu gewählt, die Karten neu gemischt. Bis dahin können die Abgeordneten aber nach wie vor Gesetze beschließen. Zwar ist die Mehrheitsfindung nach dem Bruch der Ampel-Koalition schwieriger geworden. Trotzdem gibt es einige Projekte, die im Parlament Zustimmung finden dürften.
Ganz oben auf der Liste von gleich mehreren Fraktionen ist der Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor politischer Einflussnahme, auf den sich Union, SPD, Grüne und FDP im Sommer geeinigt hatten. Die aktuelle Struktur des Gerichts – die Zahl der Senate, die Zahl der Richterinnen und Richter, Amtszeit und Altersgrenze – sollen im Grundgesetz festgeschrieben werden. Die Zeit drängt, denn für eine Verfassungsänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Und es ist keineswegs sicher, dass die Ampel-Parteien und die Unionsfraktion diese auch nach der Neuwahl noch haben werden. Alle beteiligten Fraktionen haben deshalb schon signalisiert, dass sie an der Einigung festhalten und die Änderung vor der Wahl beschließen wollen.
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Steuerentlastungen könnten mit der Ampel-Mehrheit beschlossen werden
Gute Erfolgschancen hat auch ein Projekt, das noch der ehemalige Finanzminister Christian Lindner angestoßen hatte: das Steuerentwicklungsgesetz. Das soll Bürgerinnen und Bürger von der kalten Progression entlasten, also verhindern, dass inflationsbedingte Einkommenszuwächse durch höhere Steuern aufgefressen werden.
CDU und CSU haben zwar zu verstehen gegeben, dass sie keine Notwendigkeit sehen, hier zuzustimmen – eine entsprechende Entlastung könne auch rückwirkend vom neuen Bundestag beschlossen werden. Doch das Gesetz könnte mit den Stimmen der ehemaligen Ampel-Partner trotzdem beschlossen werden. „Damit würden wir Millionen Menschen vor inflationsbedingten Steuererhöhungen schützen“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Auch die Grünen, die bei dem Thema zuletzt gebremst hatten, würden das Gesetz mittragen, Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Ausgleich der kalten Progression schon vergangene Woche als eines jener Projekte bezeichnet, die er noch durch den Bundestag bringen will.
Beim Deutschlandticket gibt es keine Einigkeit
Die Liste der Vorhaben, bei denen schon Einigkeit besteht, ist allerdings kurz. Irene Mihalic, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, fordert Union und FDP auf, klarzumachen, wo aus deren Sicht noch eine Zustimmung möglich ist. „Ich finde, wer unser Land liebt, kann nicht einfach auf stur stellen, wenn es darum geht, konkrete Verbesserungen für die Menschen zu erreichen“, sagte Mihalic dieser Redaktion. Zum Beispiel treffe das auf den Fortbestand des Deutschlandtickets zu. „Das gilt selbstverständlich auch für die Mietpreisbremse, Ukraine-Hilfen oder auch das Gesetz für den Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM)“, sagte Mihalic.
CDU und CSU wären nach eigenen Angaben bereit, eine Mehrheit sicherzustellen bei einer anstehenden Verlängerung der Bundestagsmandate für Auslandseinsätze der Bundeswehr und der Verlängerung der aktuell bis zum 12. Dezember befristeten Befugnisse zur Telefonüberwachung bei Strafermittlungen wegen Wohnungseinbrüchen. Darüber hinaus aber könne man „keine zeitkritischen Gesetze erkennen“, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU).