Seoul. Wird Donald Trump Taiwan nun China schutzlos ausliefern? Darauf spekuliert Peking. Und fürchtet gleichzeitig Trumps Handelspolitik.

Abwarten heißt die chinesische Devise. Als sich der Wahlsieg von Donald Trump bereits deutlich abzeichnete, reagierte Peking wie zu erwarten zurückhaltend. „China wird die Beziehungen zu den USA auf dem Grundsatz des gegenseitigen Respekts, der friedlichen Koexistenz und der Zusammenarbeit, bei der alle gewinnen, handhaben“, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning am Mittwoch.

Tatsächlich bleibt für die chinesische Regierung erst einmal vieles beim Alten. Denn ganz grundsätzlich verfolgen natürlich beide politischen Lager in den USA einen harten China-Kurs. Ob nun Republikaner oder Demokraten an der Macht sind, macht für Peking nur einen graduellen Unterschied.

Dass für die Wirtschaft Chinas mit Trump nun stürmische Zeiten anbrechen, haben die Märkte bereits vorweggenommen. 
Dass für die Wirtschaft Chinas mit Trump nun stürmische Zeiten anbrechen, haben die Märkte bereits vorweggenommen.  © AFP | NICOLAS ASFOURI

Die große Angst in Peking ist, dass Trump, der ja einst den Handelskrieg gegen China vom Zaun gerissen hatte, nun noch deutlich schärfere Geschütze auffahren wird. Der 78-Jährige hatte während seines Wahlkampfes bereits angekündigt, chinesische Importe grundsätzlich mit 60-prozentigen Strafzöllen zu belegen. Sollte es wirklich dazu kommen, wäre dies ein herber Schlag für das produzierende Gewerbe im Reich der Mitte. Schließlich verkaufen chinesische Unternehmen Waren im Wert von mehr als 400 Milliarden Dollar an die USA.

Liefert Trump USA Taiwan China schutzlos aus?

Doch könnte der Handelskrieg auch in einen militärischen Konflikt enden? Zumindest die Rhetorik gegen China dürfte unter Trump wieder deutlich aggressiver werden. Hinzukommt, dass der künftige US-Präsident auch seine Alliierten in Ostasien regelmäßig vor den Kopf stößt – etwa, indem er US-Sicherheitsgarantien infrage stellt, sollten Südkorea oder Taiwan nicht mehr Geld für ihre Verteidigung ausgeben. All dies sorgt dafür, dass die USA nicht mehr als zuverlässiger Partner betrachtet werden.

Diese Risse könnte Peking natürlich ausnutzen. Denn sobald Xi Jinping der Auffassung ist, dass die USA im Konflikt um Taiwan nicht militärisch eingreifen würden, dann läge der demokratisch regierte Inselstaat wie auf dem Silbertablett dar. Das wäre das bestmögliche Szenario für Peking: Die „abtrünnige Provinz“ zurück zum Mutterland holen, ohne dafür einen Krieg mit den USA riskieren zu müssen.

Zudem dürfte die chinesische Regierung darauf setzen, dass Trump mit seinem „Make America Great Again“-Mantra zunehmend den Blick nach innen richtet und sich von den Konfliktherden dieser Welt zurückzieht – von Nahost bis hin zur Ukraine.

Vor allem aber nutzen Chinas Propagandamedien die US-Wahl, um die Vereinigten Staaten als chaotisches Land zu porträtieren, welches sich am politischen Abgrund befindet. „Die Wahl fühlt sich wie ein Theater an, voller Kontroversen. Die Wurzel liegt in der extremen Polarisierung und Spaltung zwischen den beiden Parteien“, schreibt etwa die Parteizeitung „Beijing Daily“.

Und im Staatsfernsehen CCTV machte der US-Korrespondent in Washington seine Live-Schalten vor geschlossenen Geschäften, die aus Angst vor Krawallen mit Holzlatten verriegelt wurden. Die implizite Botschaft: Demokratische Freiheitsrechte würden letztlich zu Gewalt und Chaos führen, während die kommunistische Partei in China für Stabilität sorgt.