Berlin. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fordert, der Ukraine mit einem Waffensystem zu helfen, das Kanzler Olaf Scholz niemals liefern würde.
Ist die Ampel-Regierung auf die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus vorbereitet? Nein, sagt Norbert Röttgen, CDU-Bundestagsabgeordneter und exzellenter USA-Kenner. Im Interview mit dieser Redaktion fordert Röttgen, die Waffenhilfe für die Ukraine hochzufahren - aus einem besonderen Grund.
Donald Trump kehrt ins Weiße Haus zurück. Eine Hiobsbotschaft besonders für Deutschland?
Norbert Röttgen: Die deutsche und europäische Interessenlage war klar: Für uns wäre eine transatlantisch und kooperativ gesinnte Präsidentin Harris besser gewesen. Aber es war die Wahl der Amerikanerinnen und Amerikaner, die anders entschieden haben. Eine deutsche Bundesregierung muss selbstverständlich auch mit einem Präsidenten Trump umgehen können. Leider hat sie sich darauf nicht vorbereitet.
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Was droht konkret?
Röttgen: Es gibt für uns Europäer momentan kein wichtigeres Thema als Sicherheit. Wir haben Krieg in Europa, den es wieder zu verbannen gilt. Gelingt uns das nicht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Krieg sich ausdehnt und näherkommt. Wir müssen davon ausgehen, dass Donald Trump die Ukraine-Unterstützung einstellen wird. Im Worst-Case-Szenario kommt es darüber hinaus noch zu einem Deal mit Putin auf Kosten der Ukraine. Auch wirtschaftspolitisch sollten wir uns darauf einstellen, dass Trump „America first“ ernst meint. Das heißt konkret mehr Protektionismus, wozu durchaus auch Zölle gegenüber der EU zählen können, wie wir es während seiner ersten Amtszeit schon erlebt haben.
Also was tun?
Röttgen: Für alle europäischen Regierungen heißt der Wahlsieg von Donald Trump, dass sie Sicherheit jetzt zur absoluten Priorität erklären müssen, um die Ukraine-Unterstützung der USA notfalls zu kompensieren. Finanziell und industriell können wir das. Es ist nun allerhöchstens Zeit, dass auch alle den politischen Willen dazu aufbringen.
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Spricht der Wahlausgang in den USA für oder eher gegen ein Vorziehen der Bundestagswahl?
Röttgen: Wir können es uns nicht leisten, noch ein Jahr zu streiten. Auf Deutschland kommt es in Europa an, und wenn die Ampel-Regierung dem nicht gerecht werden kann, dann muss sie jetzt Platz machen.
Müssen wir die Waffenhilfe für die Ukraine hochfahren, wenn die USA als stärkste Unterstützer ausfallen?
Röttgen: Ja. Wir hätten das längst tun sollen in unserem eigenen Interesse. Aber jetzt führt kein Weg mehr daran vorbei. Wenn Europa die Hilfen der USA im Notfall nicht kompensiert, käme das einer Kapitulation vor Putin gleich.
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Was bedeutet das für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern?
Röttgen: Ich bin schon seit Langem für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern und bin sicher, dass ein Kanzler Merz hier anderes entscheiden würde als Olaf Scholz. Merz‘ Linie ist klar: Wenn Putin den Terror gegenüber der ukrainischen Zivilbevölkerung nicht einstellt, werden Taurus geliefert. Es liegt also an Putin selbst, das zu verhindern.
Können Sie sich vorstellen, dass Trump die USA aus der Nato führt?
Röttgen: Im Kongress steht eine große Mehrheit für die Nato. Trump kann daher nicht einfach so austreten und würde das auch nicht tun. Trotzdem kann die Nato in Lebensgefahr geraten, wenn die USA als wichtigste Sicherheitsmacht einen Deal mit Putin auf Kosten der europäischen Sicherheit machen würde. Das Vertrauen in die USA und damit die Nato wäre dann dahin.