Berlin. Deutsche Politiker bemühen sich um verlässliche Kontakte ins Trump-Umfeld. Ein Transatlantiker räumt ein: „Das ist reines Glücksspiel.“

Deutsche Außenpolitiker arbeiten schon seit Monaten, wenn nicht Jahren daran, einflussreiche Figuren aus dem Umfeld von Donald Trump kennenzulernen. Falls der Republikaner erneut US-Präsident wird, soll es nicht so laufen wie nach dessen Wahlsieg 2016, von dem die damalige Bundesregierung völlig überrumpelt worden war. Mit Trump kam damals eine Truppe an die Regierung, zu denen in Berlin nahezu keine Kontakte bestanden.

Der Transatlantik-Beauftragte der Bundesregierung, Michael Link (FDP), ist daher unermüdlich in den Vereinigten Staaten unterwegs, um Kontakte auf allen Seiten zu knüpfen. Sein Credo: „Wir werden mit jedem Präsidenten zusammenarbeiten müssen. Deshalb bereiten wir uns ausdrücklich auf alle Szenarien vor.“

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Kanzler Olaf Scholz (SPD) legte bei seinen vergangenen Aufenthalten in Washington Wert darauf, Senatoren beider Lager zu treffen. Und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte auf einer USA-Reise vor einem Jahr einen Abstecher ins erzkonservative Texas, um den republikanischen Gouverneur Greg Abbott kennenzulernen.

Sie verstehen sich gut: Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden, hier bei einem Treffen im Oval Office des Weißen Hauses.
Sie verstehen sich gut: Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden, hier bei einem Treffen im Oval Office des Weißen Hauses. © AFP | ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Die deutschen Transatlantiker treffen allerdings auf zwei Probleme. „Das Interesse an Deutschland lässt nach“, berichtet ein Außenpolitiker in Berlin. Und: Die „Methode Trump“ macht den USA-Experten das Leben schwer.

Seit drei Jahren im Trump-Umfeld unterwegs: „Das ist reines Glücksspiel“

„Seit zweieinhalb bis drei Jahren versuchen ich und andere Transatlantiker aus Deutschland, mögliche Kabinettsmitglieder von Trump zu treffen“, erzählt der Hamburger SPD-Abgeordnete Metin Hakverdi. Auch auf seine Kontakte kommt es im Zweifelsfall für die Bundesregierung an, sollte Trump die Wahl in der kommenden Woche abermals gewinnen. „Das ist aber ein reines Glücksspiel“, warnt Hakverdi. „Wir wissen nicht, wer etwas wird, wenn Trump gewinnt.“

Hakverdi war wie auch andere deutsche Politiker auf den Parteitagen der Demokraten und der Republikaner im Sommer. Bei dem Trump-Spektakel hat er die Methode des 78-jährigen ehemaligen Immobilienmoguls aus nächster Nähe beobachtet. Trumps Vizepräsidenten-Kandidat J.D. Vance habe auf dem Parteitag selbst erst zweieinhalb Stunden vor seiner öffentlichen Nominierung erfahren, dass Trump auf ihn setzt.

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Metin Hakverdi bemüht sich seit Jahren um Kontakte ins Umfeld von Donald Trump. © picture alliance/dpa | Philip Dulian

„So wird es auch laufen, wenn Trump nach einem Wahlsieg seine Regierungsmitglieder ernennt“, ist Hakverdi überzeugt. „Das ist die Methode Trump.“ Der sehe sich immer noch als Geschäftsmann, der seine Karten nicht zeige. „Möglicherweise beruft Trump also eine Regierungsmannschaft, von der wir niemanden kennen.“ Für die Bundesregierung ist das ein Problem. Während die Drähte ins Lager der Demokratin Kamala Harris gut und stabil sind, steht hinter Trumps Truppe ein großes Fragezeichen.

Der frühere CIA-Chef und Außenminister in Trumps erster Amtszeit, Mike Pompeo, wird als mögliches Kabinettsmitglied gehandelt. Ebenso der Sicherheitspolitikexperte Elbridge Colby – oder Trumps früherer Botschafter in Berlin Richard Grenell. Der hatte allerdings mit seinen ständigen Angriffen auf Deutschland verbrannte Erde hinterlassen. Der FDP-Politiker Wolfang Kubicki forderte sogar, Grenell zur persona non grata zu erklären – und somit auszuweisen.

Sorge vor möglichem Trump-Sieg: „Wir wissen nicht, wie viele Vernünftige überbleiben“

„Wir wissen nicht, wie viele Vernünftige überbleiben“, sagt ein deutscher Transatlantiker mit Blick auf das Trump-Umfeld. Hakverdi formuliert es diplomatischer: „Wir hoffen auf mögliche Anknüpfungspunkte, damit nicht wieder so eine Abrisskante entsteht wie nach Trumps erstem Wahlsieg.“ Der SPD-Politiker ist sich aber sicher, dass aus Washington so oder so ein eisiger Wind bläst, sollte Trump die Wahl gewinnen.

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    „Wenn wir jetzt mit den Leuten aus dem Trump-Umfeld reden, verlaufen die Gespräche natürlich anders, als wenn sie vor tausenden aufgepeitschten Trumpisten sprechen“, erzählt Hakverdi von seinen Treffen. Aber das seien „gläubige Trump-Anhänger“, die „knallharte Ansagen“ machten. Die Positionen des Kandidaten etwa zum Krieg in der Ukraine, zur Bereitschaft der USA, die Sicherheit Europas gegenüber Russland zu garantieren, oder zur Handelspolitik teilt sein Umfeld, Trump formuliert sie nur aggressiver.

    Trump und der „Stressfaktor des Erratischen“

    Hinzu komme bei Trump der „Stressfaktor des Erratischen“, erwartet der SPD-Transatlantiker. „Er will nicht, dass wir wissen, woran wir mit ihm sind“, beschreibt Hakverdi die Aussichten der Bundesregierung. „Auch das ist die Methode Trump. Er will unberechenbar sein.“