Jerusalem. Der Kommandeur der Radwan-Einheit wurde bei einem israelischen Angriff im Süden Beiruts getötet. Wer war Ibrahim Akil?

„Er hatte das Blut vieler Unschuldiger an seinen Händen“, sagt Israels Armeesprecher über Ibrahim Aqil – nun ist der Top-Kommandant der Hisbollah-Miliz selbst nicht mehr am Leben. Er wurde neben fünfzehn weiteren Terroristen durch einen gezielten Schlag der israelischen Luftwaffe auf ein Wohnhaus im Süden Beiruts getötet. Die Terroristen hatten sich im Keller des Wohnhauses aufgehalten. Israels Armee und Geheimdienste hatten bereits einige Male versucht, Aqil zu töten – doch er war immer wieder entwischt.

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Aqil war eine der mächtigsten Figuren in der Hisbollah-Miliz: Als Kommandant für Militäreinsätze befahl er den Dauerbeschuss aus dem Südlibanon auf Dörfer und Städte im Norden Israels, der seit Oktober laufend anhält. Der 62-Jährige soll zudem schon seit Jahren die Fäden ziehen, um einen Überfall auf den Norden Israels zu starten – nach einem ähnlichen Muster wie die Hamas-Attacke vom 7. Oktober 2023 im Süden Israels. Das Vorhaben trug den Titel „Galiläa-Eroberungsplan“. Dabei wären Hisbollah-Kämpfer laut dem Plan in Dörfer eingedrungen, hätten gemordet und gekidnappt und zahlreiche israelische Geiseln genommen. Mit Geiselnahmen hat Aqil lange Erfahrung: Er soll auch zentral an den Geiselnahmen von fünf Deutschen in den 1980er-Jahren beteiligt gewesen sein. Die Geiseln kamen zum Teil erst nach drei Jahren frei.

Nahost-Konflikt: Getöteter Kommandant ein gesuchter Mann

Aqil ist seit mehreren Jahrzehnten ein gesuchter Mann. In den USA stand er auf der Terrorliste, für Beiträge zu seiner Fahndung waren bis zu sieben Millionen Dollar Belohnung ausgeschrieben. Er soll am Tod von mindestens 300 US-Amerikanern bei verschiedenen Terrorattentaten auf US-Gebäude im Nahen Osten mitverantwortlich gewesen sein.

Zum Zeitpunkt des Luftschlags hätten sich Aqil und die übrigen Terroristen „unter libanesischen Zivilisten versteckt und sie als menschliche Schutzschilder gebraucht“, sagt Hagari. „Sie waren gerade dabei, weitere Terrorattentate gegen israelische Zivilisten zu planen.“

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Laut dem israelischen Militärexperten Giora Eiland ist es der Armee gelungen, auf einen Schlag die gesamte Bodenkommando-Führung der Radwan-Truppe, einer Eliteeinheit der Hisbollah, auszulöschen. Das sei ein empfindlicher Schlag und ein wichtiger Meilenstein, um das dritte Kriegsziel zu erreichen: Israels Norden wieder bewohnbar zu machen. Derzeit sind mindestens 65.000 Israelis aus dem Norden in weiter südlich liegende Gebiete evakuiert, weil sie in ihren Häusern nicht sicher wären. Um ihre Rückkehr zu ermöglichen, konzentriert sich Israels Armee jetzt weniger auf Gaza und mehr auf den Libanon. „Wir wollen keinen offenen Krieg mit der Hisbollah, aber wir werden künftig nicht mehr so passiv sein wie bisher“, erklärt Eiland. Die Pager-Angriffe und die gezielte Tötung Akils sind zwei Beispiele für Israels neue Strategie: „Nicht mehr nur zu reagieren, wenn wir angegriffen werden – sondern selbst Angriffe zu initiieren.“

Nun ist die Frage, wie die Hisbollah, aber auch Iran und Irak auf die Tötung Akils reagieren. „Die Lage ist sehr sensibel“, sagt Eiland. Man könne die aktuelle Stimmung mit der Zeit knapp vor dem Ersten Weltkrieg vergleichen, meint der Experte, der früher selbst Militäreinsatz-Leiter der israelischen Streitkräfte war: „Eine volle Eskalation ist nahezu unausweichlich.“

Mehr von Israel-Korrespondentin Maria Sterkl