Washington. 600 Millionen Dollar Spenden in sieben Wochen – davon kann Trump zurzeit nur träumen. Lässt sich die Präsidentschaft mit Geld gewinnen?

Hätte Amerikas Bruttoinlandsprodukt die Steigerungsraten der aus Spenden gespeisten Wahlkampf-Budgets für das Weiße Haus und den Kongress – die Supermacht des Westens wäre fein raus. Von sieben Milliarden Dollar 2016 kletterten die Ausgaben, um Wähler empfänglich zu machen, vier Jahre später auf 14,5 Milliarden Dollar, wie das „Center for Responsive Politics” nachgerechnet hat. 

Wenn am 5. November der Schlussstrich für das Präsidentenamt, alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel von 100 Senatoren gezogen wird, rechnen Insider in Washington mit einer neuen Rekordmarke von bis zu 20 Milliarden Dollar. Treiberin der Mega-Material-Schlacht ist neuerdings Kamala Harris. Seit Mitte Juli hat sie Spenden im Rekord-Volumen von über 600 Millionen Dollar an Land gezogen.

Da kommt selbst Timothy Mellon nicht mit. Der 82-jährige Nachkomme eine der profiliertesten Industrien-Dynastien (Öl, Werften, Banken, Zeitungen etc.) der USA, führt derzeit mit sage und schreibe 165 Millionen Dollar für Donald Trump und den gerade von seinen Präsidentschafts-Ambitionen zurückgetretenen Robert F. Kennedy Jr. die Rangliste der größten Einzel-Geldgeber an. Was genau sich der im ländlichen Wyoming residierende schrullige Hobby-Pilot verspricht, weiß man nicht. Er redet nicht mit den Medien.

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Mit jeweils um die 70 Millionen Dollar haben der Hedgefonds-Manager Kenneth C. Griffin, das Tech-Unternehmer-Ehepaar Jeffrey S. und Janine Yass sowie die Versandunternehmer Richard und Elizabeth A. Uihlein Trump und die ihn tragenden Wahlkampf-Komitees alimentiert.

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    An fünfter Stelle taucht mit Michael Bloomberg, der bisher über 45 Millionen Dollar ausgegeben hat, der erste große Demokraten-Gönner auf. Der Medien-Tycoon wollte 2020 selber Präsident werden, was kläglich scheiterte. Diesmal sponsert er Kamala Harris und demokratische Kongress-Abgeordnete. Weitere insgesamt rund 80 Millionen Dollar für Harris kommen von dem Tech-Unternehmer Reid Hoffman (LinkedIn), dem Medien-Unternehmer Fred Eychaner und dem Philantrophen-Paar James und Marilyn Simons. Sie alle haben dazu beigetragen, dass Harris binnen nicht einmal zwei Monaten nach dem Kandidaturverzicht von Amtsinhaber Joe Biden ungeahnte Rekordsummen einsammeln konnte. 

    Der UN-Sonderbeauftragte für Klimapolitik und -lösungen und ehemalige Bürgermeister von New York City, Michael Bloomberg, unterstützt Kamala Harris in ihrem Wahlkampf.
    Der UN-Sonderbeauftragte für Klimapolitik und -lösungen und ehemalige Bürgermeister von New York City, Michael Bloomberg, unterstützt Kamala Harris in ihrem Wahlkampf. © AFP | Charly Triballeau

    Neben größeren Spenden von 20 Millionen Dollar durch die Pro-Abtreibungs-Organisation „Emily‘s List“ fällt auf, dass überwiegend Frauen mit kleineren Beiträgen unter 200 Dollar die amtierende Vize-Präsidentin fördern. Auf diese Weise kamen allein 250 Millionen Dollar zusammen, sagt die Harris-Kampagne. In einem Netzwerk namens „Women for Harris“ seien mittlerweile über zwei Millionen Amerikanerinnen – Tendenz steigend – organisiert, die hinter der 59-Jährigen stehen.

    Vergleich zu 2020: Zahl der Neu-Registrierungen ist um 180 Prozent gestiegen

    Nicht nur mit dem Portemonnaie. Die Zahl der Neu-Registrierungen in den Wählverzeichnissen ist bei Frauen, vor allem jungen Afro-Amerikanerinnen, im Vergleich zu 2020 um 180 Prozent gestiegen. Durch die taufrische Wahlunterstützung von Pop-Superstar Taylor Swift nach der TV-Debatte sind über 300.000 potenzielle Neu-Wähler dazugekommen. Gehen diese Erstwählerinnen und Erstwähler am 5. November tatsächlich zu Stimmabgabe, sagen Wahlforscher, kann dies in umkämpften Bundesstaaten den Ausschlag geben.

    Direkte Spenden an Harris und Trump und die sie tragenden Parteien sind gesetzlich nur geringfügigen Rahmen erlaubt - pro Bürger maximal 3000 Dollar pro Kandidat. Ein Unternehmen kann 5000 Dollar geben. So soll verhindert werden, dass Konzerne und Super-Reiche durch direkte Zuweisungen die Agenda bestimmen. 

    US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Präsident Joe Biden, der frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump haben sich am 11. September in New York City mit Familienangehörigen und Freunden am Ground Zero getroffen, um der Opfer zu gedenken.
    US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Präsident Joe Biden, der frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump haben sich am 11. September in New York City mit Familienangehörigen und Freunden am Ground Zero getroffen, um der Opfer zu gedenken. © Getty Images via AFP | Michael M. Santiago

    Aber es gibt legale Umwege. An die „Super Political Action Committees“ (Super-Pacs) darf nach einem bis heute umstrittenen Urteil des Obersten Gerichts (Citizen United) in unbegrenzter Höhe gespendet werden. Von jedermann. Die Unterstützergruppen dürfen sich offiziell nicht mit den Wahlkampagnen der Kandidaten koordinieren. Gleichwohl starten sie exakt nach deren Gusto TV-Werbesports oder Social-Media-Aktionen.

    US-Wahl: Seit Kamala Harris kandidiert, sortiert sich die Szene neu

    Eine wichtige Rolle kommt im Finanz-Ringen dem traditionell den Demokraten zuneigenden Silicon Valley zu. Die Tech-Hochburg in Kalifornien sitzt auf einem Mount Everest von Geld. Aus Frustration über den altersschwachen Joe Biden haben sich traditionelle Groß-Spender wie Ben Horowitz und Marc Andreessen jüngst zu den Republikanern rübergemacht. 

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    Seit Kamala Harris auf den Plan getreten ist, sortiert sich die Szene neu. Die ehemalige Generalstaatsanwältin des bevölkerungsreichsten Bundesstaats hat langjährige Kontakte ins Valley, gilt als Tech-freundlich und hat mit weiblichen Großkalibern wie Sheryl Sandberg (Ex-Nr. 2 bei Facebook), Melinda Gates (Ex-Frau von Microsoft-Mitgründer Bill Gates) und Laurene Powell Jobs (Witwe von Apple-Genius Steve Jobs) enorm zahlungskräftige Unterstützerinnen hinter sich. 

    Ohnehin hat sie seit dem ersten Tag ihrer Notfall-Kandidatur einen historisch beispiellosen Spendenlauf. Allein im August nahm sie 361 Millionen Dollar ein, Donald Trump dagegen „nur“ 130 Millionen. Noch während der TV-Debatte am Dienstag kamen auf der für alle links-progressiven Kandidaten zuständigen Spenden-Plattform „ActBlue“ über 40 Millionen Dollar für die Demokratin zusammen. Seit Bidens Ausstieg am 21. Juli sollen es über eine Milliarde Dollar gewesen sein. Davon kann Donald Trump nur träumen. Es sei denn, Timothy Mellon zückt nochmal das Scheckbuch.