Düsseldorf. G8-Gymnasien gibt‘s praktisch nicht mehr, Lehrer müssen immer mehr arbeiten. Ist die Prüfung für Zehntklässler da noch zeitgemäß?

„Von Hamburg und Berlin lernen: ZP 10 am Gymnasium abschaffen“ steht über einer Mitteilung des Philologenverbandes NRW. Nach Berlin verzichtet Hamburg ab dem kommenden Schuljahr auf die Prüfungen zum Abschluss der Mittelstufe. Stellt sich die Frage: Hält NRW an der Prüfung für Zehntklässler fest, die an den Gymnasien mit der Rückkehr zum neunjährigen gymnasialen Bildungsgang (G9) wieder eingeführt wurde. Das Schulministerium steht zur Mittelstufenprüfung, aber der Druck nimmt zu.

„Es geht auch ohne ZP10“, meintSabine Mistler, NRW-Chefin des Philologenverbandes. „Wir fordern die Landesregierung auf, die Abschlussprüfungen am Ende der zehnten Klasse an Gymnasien in NRW abzuschaffen.“ In NRW müssen Schülerinnen und Schüler der Gymnasien in der zehnten Jahrgangsstufe seit 2024 die ZP 10 (Zentrale Prüfung) absolvieren. Zehntklässler an anderen Schulen müssen schon lange durch diese Prüfung.

Ist die ZP10 für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten überhaupt relevant?

Der Philologenverband kritisiert vor allem die Zusatzbelastung für Lehrkräfte und die „fehlende Relevanz“ für einen Großteil der Schülerinnen und Schüler. „Nur wenige von ihnen verlassen das Gymnasium nach der Mittelstufe. Wir schlagen vor, dass diese überschaubare Gruppe die ZP 10 auf Wunsch freiwillig ablegen kann“, so Mistler.

Die zentralen Prüfungen in NRW

Der Erweiterte Erste Schulabschluss (EESA, vormals HSA 10) sowie der Mittlere Schulabschluss (MSA/Mittlere Reife) werden in NRW seit dem Schuljahr 2006/07 in einem Abschlussverfahren mit zentral gestellten Prüfungsarbeiten in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik vergeben.

Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen an Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen, Sekundarschulen, Primusschulen und Gymnasien mit einer Klasse 10 (SI) nehmen an den Zentralen Prüfungen 10 teil, ebenso Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse an Waldorfschulen und Waldorf-Förderschulen.

Gewerkschaft GEW: Wenn keine ZP10, dann an allen Schulen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW rät sogar zu einer Überprüfung aller Schul-Prüfungen. Falls die ZP10 dabei durchfallen sollte, solle sie überall verschwinden, nicht nur in Gymnasien.

„Als Bildungsgewerkschaft fordern wir die curricularen Vorgaben daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie den Bedürfnissen einer Bildung im 21. Jahrhundert, im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz und einer Gesellschaft in der Transformation gerecht werden“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik dieser Redaktion.  Lehrkräfte müssten ständig neue Aufgaben stemmen. Daher sei eine „Entfrachtung“ der Vorgaben zwingend. Prüfungen seien kein Selbstzweck.

NRW Schulministerium erkennt in der ZP10 Vorteile für Lehrkräfte und Schulkinder

Das NRW-Schulministerium nennt die ZP 10 einen „wichtigen Beitrag für mehr Chancengerechtigkeit“, der für eine bessere Vergleichbarkeit bei der Vergabe von Abschlüssen sorge.

„Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schulaufsicht erhalten durch ZP10 eine wertvolle Rückmeldung über den Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler – gemessen an landesweiten Standards“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Für die Schülerinnen und Schüler selbst sei die ZP10 eine „hilfreiche Erfahrung im Umgang mit dem Instrument der zentralen Leistungsüberprüfung – und eine gute Vorbereitung vor allem auf das Zentralabitur.“

Zur Entlastung der Lehrkräfte könnten alle weiterführenden Schulen als Ausgleich zur ZP10 die Anzahl der Klassenarbeiten in Klasse 10 um eine Arbeit verringern, erklärt die Landesregierung. Außerdem werde in den Klassen 7 und 8 jeweils eine Klassenarbeit weniger als früher in Deutsch, Mathe und Englisch geschrieben.

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