Düsseldorf. Transparency International beschreibt den Einfluss von Lobbyisten in den Bundesländern. Das Abschneiden von NRW gibt Anlass zur Sorge.

Die gemeinnützige Organisation Transparency International (TI) in Deutschland, die gegen Korruption kämpft, hat ein neues „Lobbyranking“ für die deutschen Bundesländer veröffentlicht.

In dieser Rangliste wird abgebildet, wie stark sich Politik und Verwaltung von Interessenvertretern beeinflussen lassen. Zu den Lobbyisten zähle zum Beispiel Wirtschaftsverbände, die Automobilindustrie, aber auch Umweltschutzorganisationen wie Nabu und BUND, erklärt Norman Loeckel, Co-Leiter der Arbeitsgruppe Politik von Transparency Deutschland.

Platz sechs für NRW ist nur auf den ersten Blick gut

NRW liegt in dieser Rangliste im oberen Mittelfeld auf Platz sechs. Das bedeute aber nicht, dass Lobbyisten an Rhein und Ruhr nur wenige Chancen hätten, ihren Einfluss geltend zu machen. „Was den klassischen Lobbyismus betrifft, also das Treffen zwischen einem Interessenvertreter und einem Regierungsvertreter oder Parlamentarier, steht NRW bei der Transparenz sehr schlecht da“, sagte Loeckel dieser Redaktion.

Kritik der Korruptionswächter: „NRW hat nicht einmal ein Alibi-Lobbyregister“

In der Rangliste wird bewertet, ob ein Lobbyregister, ein legislativer Fußabdruck, eine Karenzzeit für Regierungsmitglieder und eine Offenlegung von Nebentätigkeiten vorhanden sind und wenn ja, in welcher Form. In NRW gebe es de facto keine Regeln für ein Lobbyregister und einen legislativen Fußabdruck, so Loeckel. Es sei also nicht zu erkennen, welche Lobbyisten in diesem Land tätig seien und welche Lobbyisten konkret auf das Entstehen von Gesetzentwürfen Einfluss nähmen. Viele Länder hätten inzwischen Lobbyregister, die allerdings oft lückenhaft seien, so der TI-Experte. „NRW hat nicht einmal ein Alibi-Lobbyregister“, sagt Loeckel.

Recht gut schneidet NRW bei der Karenzzeit für Regierungsmitglieder ab. Das ist ein zeitlicher Abstand zwischen dem Ausscheiden aus dem Amt und einer Weiterbeschäftigung, die Interessenskonflikte auslösen könnte. TI hält aber die Karenzzeit in NRW von einem Jahr für zu kurz. Bis zu drei Jahre sollten es sein, meinen die Korruptionswächter.

Harte Kritik von Transparency Deutschland

Die Nichtregierungsorganisation zieht eine bittere Bilanz des Rankings: „Offenbar mangelt es bei vielen Entscheidungstragenden trotz des bröckelnden Vertrauens in demokratische Institutionen am nötigen politischen Willen für moderne Regeln für eine saubere Politik. Davon zeugt, dass 13 der 16 Bundesländer nicht einmal die Hälfte der Kriterien des Lobbyrankings erfüllen. Ein Großteil der Bundesländer bietet damit zu wenig Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheidungen für die Bürgerinnen und Bürger und zu viele Möglichkeiten für potenzielle illegitime Lobby-Einflussnahme.“

Thüringen liegt in der Rangliste vorn, Bremen hat die „rote Laterne“

Thüringen, das aus Sicht der Nichtregierungsorganisation TI 69 Prozent der Transparenz-Kriterien erfüllt, kann seinen Spitzenplatz im Ranking des Jahres 2024 behaupten. Auf den folgenden Plätzen vergrößern Bayern (54 Prozent) und Baden-Württemberg (53 Prozent) dank neuer Karenzzeitregeln ihren Abstand zum Mittelfeld. NRW kommt auf 35 Prozent.  In der Gesamtschau schneidet der Bund dank „insgesamt recht guter Lobby- und Transparenzregeln“ mit 71 Prozent besser ab als alle Bundesländer.

In der unteren Hälfte steigt Sachsen (24 Prozent) durch die Einführung von Karenzzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder um fünf Plätze auf und landet auf Platz 10. Rheinland-Pfalz, Niedersachsen jeweils (19 Prozent) und Sachsen-Anhalt (18 Prozent) verlieren „aufgrund von Inaktivität“ mehrere Plätze und befinden sich auf den Rängen 13, 14 sowie 15. Die „rote Laterne“ behält Bremen (neun Prozent).

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