Washington. Der Senat hat ein Ukraine-Hilfspaket beschlossen, doch die Republikaner blockieren. Was das mit der Innenpolitik der USA zu tun hat

US-Präsident Joe Biden richtete sich mit klaren Worten an Mike Johnson, Republikaner und Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses: „Bringen Sie es zur Abstimmung: sofort, sofort“. Der Senat hat neue -Hilfen gebilligt, jetzt hängt deren Freigabe von den Politikern in Johnsons Parlamentskammer ab.

Ob es dort allerdings überhaupt zu einer Abstimmung kommt, ist offen. Grund dafür ist ein innenpolitischer Streit zwischen Republikanern und Demokraten über irreguläre Migration, durch den das gesamte Vorhaben auf der Kippe steht.

Was hat Migration in die USA mit Ukraine-Hilfen zu tun?

Auf den ersten Blick wenig. Der Wahlkampf spielt allerdings eine Rolle: Republikanische Hardliner bringen diese Themen miteinander in Verbindung – allen voran der aktuelle Präsidentschaftsbewerber, Ex-Präsident Donald Trump. Der 77-Jährige und seine Anhänger vertreten die Position, Steuergeld solle vor allem für den Schutz der eigenen Grenze ausgegeben werden und nicht für andere Länder.

Die Situation ist kompliziert, weshalb Biden und seine Demokraten auch den sonst eher hinter vorgehaltener Hand geäußerten Aspekt betonen, dass genau dieses Steuergeld zurück in die US-Waffenindustrie fließt – und damit am Ende der eigenen Wirtschaft dient.

Im Abwehrkampf gegen die russische Invasion gelten die USA als wichtigste Unterstützer der Ukraine. Mehr als 44 Milliarden Dollar an militärischer Hilfe haben die Vereinigten Staaten seit Kriegsbeginn für Kiew bereitgestellt. Hinzu kommen weitere Gelder für wirtschaftliche und humanitäre Unterstützung.

US-Präsident Joe Biden setzt sich für ein neues Hilfspaket für die Ukraine ein.
US-Präsident Joe Biden setzt sich für ein neues Hilfspaket für die Ukraine ein. © DPA Images | Evan Vucci

Biden hatte deshalb schon im Oktober neue Milliarden-Hilfen beim Kongress beantragt, um den weiteren Nachschub zu sichern. Der rechte Flügel der Republikaner kündigte daraufhin zügig Widerstand im Repräsentantenhaus an.

Konkret werfen die Republikaner Biden vor, an der Südgrenze des Landes zu lasch vorzugehen. Täglich kommen Tausende Menschen in die USA, weil sie vor Armut und Konflikten in ihren Heimatländern fliehen. Die US-Grenzpolizei berichtete im Dezember von rund 250.000 Festnahmen – so viele wie nie zuvor innerhalb eines Monats.

Mitten im Wahljahr erhält das Thema nochmal zusätzliche Dynamik. Das zeigt auch die Initiative der Republikaner, den US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas wegen seines Umgangs mit der Situation an der Grenze des Amtes entheben zu wollen. Eine knappe Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus stimmte für ein solches Impeachment – im Senat hat das Vorhaben allerdings kaum Chancen auf Erfolg.

Die Republikaner lassen aber nicht locker und platzieren das Thema Migration überall. Es ist etwas, das viele Wähler umtreibt. Bei der Wahl im November werden auch alle Sitze im Repräsentantenhaus und ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben – es geht also nicht nur um die Präsidentschaftskandidaten.

USA: Gab es nicht schon eine Entscheidung zu neuen Ukraine-Hilfen?

Nur eine geringfügige. Nachdem sich Biden im Kongress um die Hilfen bemüht hatte, folgten zähe Verhandlungen im Senat. Die führten nach mehreren Monaten zu einem überparteilichen Gesetzentwurf. Der enthielt neben Geld für die Ukraine, Israel und den Indopazifik dann eben auch Mittel für die US-Grenzsicherung. Im Senat reichte der Vorschlag aber einigen Republikanern nicht aus. Das Vorhaben scheiterte bereits dort.

Um nach dem monatelangen Stillstand doch noch irgendwie voranzukommen, entwickelten die Demokraten kurz darauf einen abgespeckten Gesetzesentwurf – ohne den entscheidenden Knackpunkt Grenzsicherung. Der Entwurf sieht rund 60 Milliarden US-Dollar (knapp 56 Milliarden Euro) an Hilfen für die Ukraine vor, 14 Milliarden US-Dollar für Israel sowie Milliarden-Hilfen für Taiwan und andere Partner im Indopazifik.

Mit Erfolg: 70 der 100 Senatoren stimmten dafür, 22 davon Republikaner. Doch damit ist erstmal nur die erste Hürde genommen. Die Zustimmung im Repräsentantenhaus ist nach wie vor erforderlich. Und dort hat sich an der Blockadehaltung der Republikaner nichts geändert.

Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht Stimmung gegen die neuen Ukraine-Hilfen.
Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht Stimmung gegen die neuen Ukraine-Hilfen. © DPA Images | Rebecca Blackwell

Könnten die Ukraine-Hilfen noch scheitern?

Das könnte passieren. Trump macht weiter Stimmung gegen die Hilfszahlungen. Er will verhindern, dass Biden im Wahljahr einen überparteilichen Erfolg erzielt. Dabei hat er im Repräsentantenhaus viele Mitstreiter an seiner Seite: vor allem den Vorsitzenden Johnson. Der hat weitgehend in der Hand, über welche Gesetzesvorhaben seine Kammer überhaupt abstimmt. Um ihn umgehen zu können, müssten die Demokraten mehrere Republikaner auf ihre Seite ziehen.

Johnson hat bereits angedeutet, dass er nicht vorhat, den vom Senat verabschiedeten Entwurf im Repräsentantenhaus zeitnah zur Abstimmung zu stellen. Andere Themen haben für ihn mehr Relevanz, zum Beispiel die Gesetzgebung zur Grenzsicherung oder Haushaltsfrage.

Dabei hat er größte Mühe, bei Abstimmungen die eigenen Reihen zu schließen. Hardliner treiben ihn vor sich her – wie schon seinen Vorgänger Kevin McCarthy – und drohen nun damit, ein Misstrauensvotum gegen ihn zu stellen und ihn aus dem Amt zu jagen, falls er ein Votum zu den Ukraine-Hilfen zulässt.