Kiew. Während die Gegenoffensive läuft, tauscht Präsident Selenskyj seinen wichtigsten Minister aus – doch Resnikow war unhaltbar geworden.
Im politischen Kiew war es seit Wochen erwartet worden, nun ist es passiert: Mitten im Krieg gegen Russland reicht der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow seinen Rücktritt ein – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass dem angegriffenen Land kurz nach seinem Amtsantritt zu Beginn der Invasion selbst Stinger-Flugabwehrraketen verweigert wurden. Inzwischen erhalte die Ukraine neben modernen Panzern, Raketen und Flugabwehrsystemen auch Kampfflugzeuge. Resnikow sieht das auch als seinen Verdienst. Trotzdem steht der Jurist seit Monaten im Kreuzfeuer.
Hintergrund ist eine Recherche zu womöglich überhöhten Einkaufspreisen für Lebensmittel, die an Soldaten an der Front gehen sollten – sowie weitere Berichte über Ungereimtheiten bei Einkäufen im Verteidigungsministerium. Das Nachrichtenportal „Dserkalo Tyschnja“ meldete etwa den Einkauf von Jacken für die ukrainische Armee zu dreifach höheren Preisen als marktüblich. Außerdem seien Helme und Trockenrationen überteuert erstanden worden. Berichte über mangelhafte Erste-Hilfe-Kästen für die medizinische Versorgung von Soldaten an der Front brachten Resnikow endgültig in Erklärungsnot.
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Dass Resnikow persönlich an Korruptionsgeschäften beteiligt war, ist zwar unwahrscheinlich – dennoch gab es offenkundig Versäumnisse in seinem Ministerium, die wohl auch auf das Chaos zurückzuführen sind, das noch 2021 unter dem damaligen Verteidigungsminister und dem Befehlshaber der Armee herrschte. Beide wurden von Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgewechselt. Als Resnikow übernahm, blieb ihm nicht viel Zeit, um für Ordnung zu sorgen. Doch für die ukrainische Öffentlichkeit ist jeder Korruptionsverdacht in Zeiten des Krieges extrem schmerzhaft – entsprechend wütend zeigten sich die Ukrainer darüber, dass solche Schlagzeilen im Zusammenhang mit dem Verteidigungsministerium immer wieder auftauchten.
Resnikow spielte eine zentrale Rolle für Waffenlieferungen
„Trotz der Intensivierung der Zusammenarbeit mit unseren ausländischen Partnern geht es nicht, wenn man in einer Sache gut ist und an der anderen kategorisch scheitert“, sagte Jaroslaw Jurtschyschyn, Ex-Antikorruptionsaktivist und Parlamentsabgeordneter der oppositionellen nationalliberalen Fraktion „Stimme“. „Wir können es uns nicht leisten, der Gesellschaft und unseren internationalen Partnern zu demonstrieren, dass es im Verteidigungsministerium immer noch Korruptionsmachenschaften gibt.“
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Nichtsdestotrotz spielte Resnikow bei den Verhandlungen mit dem Westen über Waffenlieferungen eine zentrale Rolle. In seiner Zeit als Staranwalt war er für sein Geschick bei außergerichtlichen Einigungen bekannt, seine Kommunikation gehört zu seinen größten Stärken. Außerdem spricht der 57-Jährige perfekt Englisch, war als hochrangiger Mitarbeiter der Kiewer Stadtverwaltung für internationale Großprojekte wie den Eurovision Song Contest 2017 verantwortlich. Als Deutschland mit der Lieferung von Leopard-Panzern haderte, galt er als unverzichtbar für den angemessenen Umgang mit ausländischen Partnern.
Gerüchte über Frau als Nachfolgerin bewahrheiten sich nicht
Resnikow absolvierte den regulären Wehrdienst in der damaligen Sowjetunion, er genießt großen Respekt innerhalb der Armee – und dennoch hatte er zuerst lange gezögert, als ihm Selenskyj die Position des Verteidigungsministers anbot. Jahrzehntelang hatte er nichts mehr mit dem Militär zu tun gehabt – und er machte keinen Hehl daraus, dass er lieber ukrainischer Justizminister geworden wäre. Wahrscheinlich ist, dass Resnikow stattdessen künftig als Botschafter in London eingesetzt wird. Damit dürfte er sich mehr als einfach nur zufrieden geben. Doch wer folgt auf ihn als Verteidigungsminister?
In den vergangenen Wochen waren viele Namen als Nachfolge gehandelt worden – auch der von Iryna Wereschtschuk, die als Vizeministerpräsidentin und Ministerin für die Reintegration der besetzten Gebiete gute Arbeit macht. Eine Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums wäre ein Zeichen des Respekts gewesen für rund 42.000 Frauen, die im Moment in der ukrainischen Armee dienen. Doch es kam anders. Der bisherige Chef des Fonds für Staatsvermögen, Rustem Umerow, soll Resnikow ersetzen.
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