Berlin. TV-Moderator Steven Gätjen ist für gute Laune bekannt. Doch selbst ihm fällt das Fernsehlächeln nicht immer leicht, wie er verrät.
Steven Gätjen kennt das Moderationsgeschäft wie kaum ein anderer. Er hat die „Goldene Kamera“ begleitet, den „Free ESC“ und „Schlag den Raab“ moderiert. Am 31. Januar (22 Uhr) schlägt Gätjen, der im US-Bundesstaat Arizona geboren wurde, ein neues Karrierekapitel auf: Zusammen mit Moderatorin Bettina Tietjen (65) moderiert der 52-Jährige die „NDR Talk Show“. Im Interview spricht Gätjägen darüber, wie er mit den Tiefschlägen seiner Karriere klarkam, was er von dem Shitstorm um Thomas Gottschalk hält und wie weit er gehen würde, um sich den Traum eines jeden Moderators zu erfüllen.
Sie sind ein Star-Moderator des deutschen Fernsehens. Wenn Sie als Teil eines Duos durch eine Talkshow mit prominenten Gästen führen, müssen Sie da Ihr Ego zurückstellen?
Steven Gätjen: Ich sehe mich überhaupt nicht als Star. Meine Aufgabe ist es, in eigentlich fast jeder Show andere Leute glänzen zu lassen und ihnen eine Bühne zu geben. Abgesehen davon habe ich Familie und Freunde, die mich sofort auf den Boden der Tatsachen bringen würden, wenn ich entsprechende Ego-Tendenzen hätte.
Steven Gätjen: Diese Kritik traf ihn besonders hart
Sie sind auch dank Ihres positiven, offenen Auftretens erfolgreich. Woher kommt das eigentlich?
Gätjen: Wenn die Geschichten stimmen, dann war ich schon als Kind sehr offen und fröhlich. Ich kann mich erinnern, wie ich auf Gartenpartys in Phoenix, Arizona, von einem Schoß zum nächsten weitergereicht worden bin. Das heißt, ich trage in meiner DNA, dass das Leben bunt und schön ist. Dadurch kann ich auch besser mit schwierigen Zeiten umgehen.
Durch das, was ich gemacht habe, habe ich gelernt, dass es sich lohnt, für die eigene Leidenschaft und für die eigene Philosophie zu kämpfen. Mein Vater hat immer gesagt: „Du kannst keine falsche Entscheidung fällen. Du kannst nur keine Entscheidung fällen, und das wäre falsch.“ Das bedeutet für mich: Ich gehe immer in eine Richtung, und wenn sie falsch ist, dann ändere ich den Kurs.
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Haben Sie nie schlechte Tage, wenn Sie auftreten?
Gätjen: Klar habe ich die auch. Manchmal ist privat etwas doof gelaufen, oder ich habe eine schlechte berufliche Nachricht bekommen. Und dann ist es schwer, rauszugehen und vor tausend Leuten eine Unterhaltungsshow zu machen. Aber in dem Moment denke ich mir: „Meine Laune soll nicht die Laune anderer Leute verhageln, die ewig lange gewartet haben, bis sie ein Ticket für diese Veranstaltung bekommen.“ Dann komme ich in einen Rhythmus, aus dem ich neue Energie ziehe.
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Was waren die schwierigsten Erfahrungen in Ihrer Karriere?
Gätjen: Es gab reichlich Situationen, wo mir Leute jegliches Talent abgesprochen haben. Es kam auch vor, dass mir Dinge versprochen wurden, wenn ich etwas Bestimmtes tue. Das ist in der Medienbranche ein schöner Köder, um den anderen auszunutzen. Ich habe auch Privatmenschen kennengelernt, denen ich vertraut habe und wo ich dann auf die Nase gefallen bin.
Ich habe selbst sicher auch nicht alles richtig gemacht. Aber das gehört zum Leben dazu. Wenn es eine Sache ist, die ich in all den Jahren privat und beruflich herausgefunden habe, dann die, dass wir nicht perfekt sind und dass Fehler dazugehören. Man muss sich die nur eingestehen und daraus lernen, damit man es beim nächsten Mal besser macht. George Clooney hat mal gesagt, man lernt nicht aus den Erfolgen, sondern immer aus den Niederlagen. Das hat mich vielleicht auch ein bisschen abgehärteter gemacht.
Welche Erfahrung hat Sie beispielsweise abgehärtet?
Gätjen: Als ich die erste Show von „Schlag den Raab“ gemacht habe, hat mir Stefan gesagt: „Selbst wenn du die beste Moderation aller Zeiten hinlegst, werden dir die Leute verbal auf die Schnauze geben. Daran musst du dich gewöhnen. Aber nach einem Jahr werden sie sich mit dir abgefunden haben.“ Natürlich musste ich dann mit den negativen Kritiken umgehen lernen – dass ich zu steif, zu unlustig oder zu spießig war.
Aber ich hatte immer die Rückendeckung und Unterstützung von Stefan und auch von der Redaktion. Ich weiß: Ich werde es nie allen recht machen können. Von 100 Kommentaren sind 90 positiv und 10 negativ, aber leider merkt man sich immer die 10 negativen. Und der Umgang wird ja auch durch die sozialen Medien immer rauer, was ich sehr schade finde.
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Gleichzeitig wird das Verhalten von Moderatoren immer kritischer unter die Lupe genommen, wie unlängst Thomas Gottschalk erfahren musste. Wie erleben Sie das?
Gätjen: Wir verändern uns gesellschaftlich ständig. Und ich finde diese Entwicklung total richtig. Wir sollten feinfühliger und sensibler sein. Auf der anderen Seite finde ich diese „Cancel Culture“ ganz grauenhaft. Wenn jemand einen Fehler macht, wird direkt der Rücktritt gefordert. Man soll den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu verändern. Das Wichtigste dafür ist, miteinander zu sprechen und zu reflektieren, was man wie und wann gemacht hat.
Gibt es denn Moderationen, von denen Sie noch träumen?
Gätjen: Ein Beispiel wäre der deutsche Filmpreis. Wir haben unfassbar tolle kreative Menschen in der Branche, und ich würde das gerne feiern und mit dem Klischee aufräumen, dass deutsche Preisverleihungen spaßbefreit und steif sind. Man denkt immer, wenn man sich selber feiert, hat das was mit Arroganz oder Überheblichkeit zu tun.
Star-Moderator über große Chance: „Wäre dumm, das abzulehnen“
Sie haben doch mehrere Male live für Deutschland von der Oscarverleihung berichtet. Würden Sie sich zutrauen, diese auch zu moderieren?
Gaetjen: Das ist so, als würden Sie die deutsche Fußballnationalmannschaft fragen: „Ihr fahrt jetzt zur Weltmeisterschaft. Wollt ihr denn gewinnen?“ Ich sage nicht, dass ich es besser machen würde, aber wenn ich die Chance bekommen sollte, wäre ich ja dumm, das abzulehnen.
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Wäre das denn realistisch?
Gätjen: Um die Oscars zu moderieren, muss man schon ein internationaler Star sein. Aber inzwischen ist der weltweite Filmmarkt immer wichtiger geworden. Vielleicht sagt man eines Tages: „Der beste internationale Film wird von Deutschland präsentiert.“ Und da würde ich mir ein Bein ausreißen, um diese Kategorie zu präsentieren. Das wäre dann so etwas wie ein Bewerbungsvideo für die gesamte Moderation. Träume darf man ja haben und Träume werde ich auch weiter verfolgen.
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