Berlin. Theaterrollen, neuer Saarbrücken-„Tatort“: Bei Ines Marie Westernströer ist einiges los. Was ihr dabei den Schlaf raubt, verrät sie hier.

Für Ines Marie Westernströer ist der 26. Januar ein ganz besonderer Tag. Während die 38-Jährige am Wiener Burgtheater Premiere in Molières „Tartuffe“ feiert, läuft parallel (um 20.15 Uhr in der ARD) ihr Saarbrücken-„Tatort“, in dem ihre Kommissarin eine besonders wichtige Rolle spielt. Überhaupt ist das Leben der Schauspielerin besonders bewegt, denn sie hat auch noch ihre kleine Tochter zu betreuen und muss sich an ihrem Wohnort Wien eingewöhnen. Zum Glück hat sie dafür die nötige innere Ruhe und private Unterstützung.

Werden Sie in den Pausen der „Tartuffe“-Vorstellung am Fernseher kleben, um Ihren „Tatort“ anzuschauen?

Ines Marie Westernströer: Nein. Ich werde mich ganz aufs Theaterspielen konzentrieren. Ich durfte ja den „Tatort“ schon im Vorfeld sehen. Aber diese Koppelung der Ereignisse ist rational nicht ganz zu begreifen.

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Ihre Figur der Kommissarin Pia Heinrich rückt in der neuen Folge ins Zentrum der Ereignisse. Haben Sie das bei der Produktion durchboxen müssen?

Westernströer: Das musste ich glücklicherweise nicht. Ich bin ganz froh, dass ich meine Vorschläge einbringen kann und da auf offene Ohren stoße. Wobei die Idee, dass Pia Heinrich in eine lebensbedrohliche Situation gerät, nicht von mir stammt.

Die Schauspielerin Ines Marie Westernströer steht mit den Händen in der Tasche vor einem Gebäude
Ines Marie Westernströer, während ihr aktuelles Stuck aufgeführt wird, ganz aufs Theaterspielen konzentrieren. © IMAGO/Funke Foto Services | VladimirxWegener

Die „Tatort“-Folge dreht sich um eine traumatische Mutter-Tochter-Geschichte. Sie haben von Ihrem Elternhaus aber wohl positive Einflüsse bekommen, oder?

Westernströer: Auf jeden Fall. Ich bin mit liebevollen Eltern und zwei sehr tollen älteren Brüdern und extrem viel Ruhe aufgewachsen. Diese Ausgeglichenheit und auch die Direktheit im Umgang miteinander hilft mir in meinem Leben, das ja viel Aufregung mit sich bringt, einigermaßen auf dem Teppich zu bleiben.

„Tatort“-Star: So prägten sie ihre Brüder

Haben Sie diesen Beruf gewählt, weil Sie einen Gegensatz zur familiären Ruhe gesucht haben?

Westernströer: Ich glaube nicht, dass das der Grund war. Ich mag an diesem Beruf die Experimentierfreudigkeit, dass es immer wieder neue Begegnungen gibt und dass kein Projekt dem anderen ähnelt. Es reizt mich, dass ich immer wieder ins kalte Wasser springen muss, was für eine gewisse Wachheit sorgt.

Und es ging bei Ihnen zu Hause wirklich immer ruhig zu?

Westernströer: Mit zwei älteren Brüdern ist es zu Hause schon extrem trubelig. Aber gerade, wenn so viel Wirbel um einen herum ist, macht das entspannt.

Und als Nesthäkchen waren Sie besonders behütet?

Westernströer: Als kleine Schwester wird man beschützt. Gleichzeitig kloppt man sich auch. Einmal stand ich beim Fußball im Tor, und einer meiner Brüder hat so heftig auf mich geschossen, dass ich mit dem Ball ins Tor geflogen bin. Aber ich habe meine Brüder trotzdem geliebt. Ich hatte damals in Bochum eine sehr schöne Kindheit und Jugend. Dort habe ich im Jugendclub des Schauspielhauses auch meine ersten Schritte im Theaterbereich gemacht.

Mit ihrer neuen Heimat Wien muss die Schauspielerin erst warm werden

Seit Ende Juli leben Sie als Ensemblemitglied des Burgtheaters in Wien. Wie kommen Sie als gebürtige Ruhrpottlerin damit klar?

Westernströer: Mir fehlt schon ab und zu eine Currywurst und die Art der Leute im Ruhrpott, die das Herz auf der Zunge tragen. Noch bin ich in Wien nicht hundertprozentig angekommen. Aber in jedem Fall ist es eine wunderschöne und sehr lebenswerte Stadt. Man kann unglaublich gut essen gehen, man kann im Sommer in der Donau baden oder in die Weinberge fahren. Es gibt viele Museen. Und dass dieser Beruf eine Flexibilität verlangt und man viel umziehen muss, war mir immer klar. Das gehört einfach dazu.

Diese Bewegtheit führt aber nicht zur Schlaflosigkeit?

Westernströer: Ich habe eine kleine Tochter, deswegen leide ich gerade oft an Schlaflosigkeit, aber es ist auszuhalten.

Gleichzeitig stehen Sie auf der Bühne und drehen Filme wie den „Tatort“. Ist das gut durchzuhalten?

Westernströer: Ich habe schon auch Freiräume, und die versuche ich so zu nutzen, dass ich mich gut erholen kann. Dann geht eben der Papa mit unserer Tochter um den Block, und ich mache einen Power-Nap.

Inwieweit hat die Elternschaft Ihre Lebenseinstellung verändert?

Westernströer: Es verschiebt die Prioritäten. Das Allerwichtigste ist jetzt die Familie, und das macht einen bei der Schauspielerei auch freier. Denn man weiß: Es gibt etwas anderes, das noch wichtiger und existenzieller ist. Das bringt eine gewisse Gelassenheit. Trotzdem nehme ich den Beruf natürlich sehr ernst.

Der Vater Ihres Kindes hatte kein Problem damit, seinen Lebensmittelpunkt nach Wien zu verlagern?

Westernströer: Der fand das gut. Er fand Wien immer schon eine tolle Stadt. Ich weiß aber nicht, ob er so bereitwillig in eine beliebige andere Stadt umgezogen wäre. Auf jeden Fall unterstützt er mich voll und ist bisher gerne hier.

Die Schauspielerinnen Ines Marie Westernströer und Brigitte Urhausen sitzen an einem Tisch
Frauenpower im „Tatort“ Saarbrücken: Hauptkommissarin Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) und ihre Kollegin, Hauptkommissarin Esther Baumann (Brigitte Urhausen), lösen gemeinsam Fälle. © HR/SR/Manuela Meyer | Ard

Auch wenn Ihre Tochter der Faktor ist, der Ihr Leben am meisten prägt – haben Sie auch aus Rollen wie im „Tatort“ wichtige Erkenntnisse ziehen können?

Westernströer: Man sieht, dass es wahnsinnig schnell gehen und man in Gefahr geraten kann. Deshalb sollte man jeden Moment des Lebens nutzen und es sich schön machen. Das habe ich schon vorher versucht, mir zu vergegenwärtigen. Das bedeutet auch, dass man sich von Befindlichkeiten und kleinen Kränkungen befreien sollte, weil das alles nicht so wichtig ist. Aber ich schaffe das natürlich im Alltag nicht immer.

Westernstöer: „Würde niemals Trump wählen“

Was kann man aus einem Theaterstück wie „Tartuffe“ lernen?

Westernströer: Das ist eine Geschichte über einen intriganten Hochstapler. Und genau das sehen wir gerade im Politischen bei Figuren wie Trump, wo man sich die Frage stellt: Hat die Wahrheit noch einen Raum oder geht es nur darum, wer die beste Performance zeigt? Bei Trump wissen eigentlich alle, dass er lügt, aber er wird dennoch gewählt, weil man ihn als vermeintlich starken Mann haben will.

Sie hätten vermutlich nicht für ihn gestimmt, wenn Sie in den USA wahlberechtigt gewesen wären?

Westernströer: Nein, nein, niemals, nein.

Und wie finden Sie die richtigen Maßstäbe, nach denen Sie Ihre politischen Entscheidungen ausrichten?

Westernströer: Durch den Austausch mit Freunden. Wir unterhalten uns und diskutieren viel. Da erkennt man: Was finde ich sinnvoll und was will ich unterstützen? Das erdet mich und gibt mir in Zeiten wie diesen Sicherheit und Halt.