Berlin. „Gladiator 2“ lässt das Römische Reich wieder aufleben. Unser Experte sagt, was ihm nach zwei Minuten klar war und wie Gladiatoren lebten.
Als Archäologe wird man natürlich hellhörig, wenn Filme mit historischem Setting angekündigt werden. So ging es auch mir, als ich zum ersten Mal davon hörte, dass ein neuer „Gladiator“-Film ins Kino kommen sollte. Seit dem 14. November läuft der Hollywood-Blockbuster in den deutschen Kinos. Mittlerweile habe ich es geschafft, mir den Streifen anzusehen.
Was ist Fakt, was ist Fiktion? Und schaut man sich als Archäologe so ein opulentes Werk übers Römische Reich und Gladiatoren anders an, als der allgemeine Kinogänger? (Anm. d. Red.: Im Text sind KEINE Spoiler der Handlung enthalten.)
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„Gladiator 2“: Historisch korrekt oder Hollywood-Humbug?
Vorab habe ich mich weder spoilern lassen noch irgendwie vorbereitet. Ich wollte mich einfach im Kinosessel vor der Leinwand überraschen lassen. Offengelassen hatte ich auch, was ich im Anschluss wohl darüber schreiben werde. Meine grobe Idee war anfänglich, auf historische Fehler im Film hinzuweisen – das habe ich nach zwei Minuten Filmzeit über Bord geworfen.
Denn schon da wurde mir klar, dass dies im Rahmen meiner Kolumne „Kárpaty gräbt aus“ weder möglich wäre noch der Geschichte gerecht werden würde. Zugegeben: Der Grundgedanke war auch etwas naiv – immerhin sprechen wir hier von einem Hollywood-Actionfilm. Was soll man da groß an historischer Korrektheit erwarten?
An dieser Stelle möchte ich daher sehr gerne auf die Podcastfolge meiner Freunde von „Epochentrotter“ und „Histophokles“ hinweisen, die dieser Thematik in über einer Stunde Gesprächszeit viel eher gerecht werden. Auch andere Fachleute sind bereits auf die tatsächlichen historischen Vorlagen eingegangen und beispielsweise der Frage nachgegangen, ob im berühmten Kolosseum damals tatsächlich lebende Haie herumschwammen. Zu sagen habe ich aber natürlich trotzdem etwas.
Antikes Rom im Kino: Verklärtes Bild einer schillernden Metropole
Klar steht der Film im Schatten seines Vorgängers – und kommt an diesen nicht heran. Dennoch finde ich, wird man den gesamten Film über actionreich unterhalten. Ich habe immer einmal im Jahr so eine Woche, in der ich ausschließlich – in meinen Augen – stumpfe Actionfilme konsumiere, wie etwa „Godzilla“, „Transformers“ oder „Pacific Rim“. Und da sehe ich mich auch „Gladiator 2“ anschauen. Die historische Optik finde ich dabei natürlich toll – aber von mehr als Optik sollte man eigentlich nicht sprechen.
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In sozialen Netzwerken wie Tiktok ging dieses Jahr ein Trend viral, in denen Frauen ihre männlichen Partner danach fragten, wie oft sie an das Römische Reich denken – sehr häufig, so das Ergebnis. Dabei haben wohl die meisten ein ziemlich verklärtes Bild von der eigentlichen Stadt Rom – ein schillerndes Ideal aus Marmor und Gold, welches nahezu schon gezwungen ist, seine Kultur jedem angrenzenden Land zu „vermitteln“. Diese tatsächlich historische Propaganda wird im Film wunderbar aufgegriffen und offensichtlich nicht hinterfragt.
Die Kinobesucher bekommen eine imposante, vor Protz platzende Stadt zu sehen, in der die Bürger ihre Rechte verloren haben und der Willkür der kaiserlichen Tyrannen ausgesetzt sind. Dies gilt es zu ändern, um den vielmals erwähnten ursprünglichen „Traum von Rom“ Wirklichkeit werden zu lassen. Ich persönlich hatte beim Zuschauen oft eher ein „Make Rome great again!“ im Kopf, und ich meine, man kann gewisse Parallelen zur derzeitigen Gesellschaft in den USA ziehen – auch wenn sich der „Gladiator“-Regisseur Ridley Scott in der Vergangenheit wohl gegen Trump ausgesprochen hat.
Fakten über Gladiatoren: Das könnte Kinogänger von „Gladiator 2“ überraschen
Der Beruf des Gladiators ist wohl spätestens seit dem ersten Filmteil aus dem Jahr 2000 der breiten Öffentlichkeit bekannt. Jeder weiß grob, worum es bei den Kämpfern geht. Ich denke, dies ist auch der Grund, warum sich viele Personen aus dem Fitness- und Sportbereich mit den antiken Helden der Arenen identifizieren. Jetzt aber mal ein paar Fakten über die „echten“ Gladiatoren:
- Römische Gladiatoren gab es vom 2. Jh. v. Chr. bis Anfang des 5. Jh. n. Chr.
- Es gab unter ihnen Profis, die in den großen Arenen kämpften und einfache umherziehende Gruppen.
- Die Kämpfer waren gekaufte Sklaven, so wie im Film aber auch Freiwillige.
- Im Vergleich zu normalen Sklaven durften Gladiatoren heiraten und, auch wie in „Gladiator 2“ gezeigt, ein Vermögen ansparen.
- Anders als in Hollywood trainierten sie im Römischen Reich aber ausschließlich mit hölzernen Waffen.
- Grund dafür war spätestens der Aufstand des Gladiators Spartacus im Jahr 73 v. Chr. In den Gladiatorenschulen waren die Kämpfer streng aufgeteilt.
- Dies war abhängig von ihrem Ausbildungsstand sowie ihren Erfolgen, aber auch ihrer Herkunft – man geht heute von vier verschiedenen Rängen aus.
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Für Hochleistungsathleten ist selbstverständlich die richtige Ernährung auch heute noch neben dem Training die Basis ihrer Profession. Will man eine Kultur kennenlernen – ob jung, antik oder sogar noch älter – so bietet sich meiner Meinung nach der Blick auf das Essen der Menschen an. Ich finde, nichts bringt einen näher an den Alltag einer vergangenen Kultur heran, als deren Speisen zu kosten. Glücklicherweise ist uns das im konkreten Fall der Gladiatoren möglich und ich habe das auch schon mehrfach ausprobiert – wenn auch nicht zu 100 Prozent authentisch, aber soweit es mit modernen Mitteln umsetzbar ist.
Gladiator werden: Stilecht speisen wie ein römischer Kämpfer
Dafür möchte ich jedem das „Gladiatoren Kochbuch“ von Christian Eckert nahelegen. Bei dem Buch handelt es sich um eines der Ergebnisse eines Experiments der Universität Regensburg der Institute für Sportwissenschaften und für Geschichte. Dabei haben sich Studierende erst fünf Monate vorbereitet, um dann 40 Tage wie römische Gladiatoren zu leben. Man kann dies durchaus als Experimentelle Archäologie beschreiben. Nur so können wir überhaupt gewisse Theorien austesten.
Unser Experte
Ägyptische Pyramiden, entdeckte Schätze, der Alltag der alten Römer und Griechen: Archäologie fasziniert viele Menschen. Konstantin Kárpáty hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Der Münchener ist nach seinem Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) seit Kurzem Doktor der Archäologie. Was er in seinem Job erlebt und was die wichtigsten Neuigkeiten aus der Welt der Archäologie sind, erzählt er für uns regelmäßig aus ganz persönlicher Sicht. Außerdem betreibt er die Social-Media-Kanäle „Excavation Time“ und den Podcast „Ausgegraben“.
In dem Buch werden die Speisen der Kämpfer schön beschrieben und auch die entsprechenden Rezepte vorgestellt. Für jeden Gladiator-Interessierten kann ich das kulinarische Experiment nur wärmstens empfehlen – sei es motiviert durch die zweieinhalb Stunden Testosteron vor der Kinoleinwand oder das tatsächliche historische Interesse.
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