Berlin. Die einst gefeierte Rapperin Sabrina Setlur drehte für den Kölner „Tatort“ im Bordell. Danach stellte sie sich entscheidende Fragen.
Sabrina Setlur zählt zwischen 1995 und 2007 zu den größten Pop-Ikonen Deutschlands. Danach zog sich die Rapperin komplett aus dem Musikgeschäft zurück und suchte sich neue Bühnen. Nun ist die 50-jährige Sängerin als Schauspielerin im neuen Kölner „Tatort“ mit dem Titel „Siebte Etage“ zu sehen ist (24. November, ARD, 20.15 Uhr). Die Rolle als ehemalige Prostituierte hat ihr einiges abverlangt.
Als Musikerin sind Sie seit einiger Zeit nicht mehr hervorgetreten, aber dafür sind Sie jetzt im „Tatort“ als Schauspielerin zu sehen. Spiegelt sich darin so etwas wie eine persönliche Entwicklung wider?
Sabrina Setlur: Ja, das geht Hand in Hand. Wenn ich auf die Bühne gehe, dann ist das nicht dieselbe Sabrina, die auf der Couch sitzt. Daher denke ich, dass jeder Künstler eine Art Schauspieler in sich trägt. Aber ich habe einen Riesenrespekt vor Menschen, die das wirklich gelernt haben. Ich habe langsam darauf hingearbeitet, indem ich mich bei früheren Auftritten als Darstellerin selbst gespielt habe.
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In diesem „Tatort“ spielen Sie eine ehemalige Prostituierte, die ein Nagelstudio für ihre ehemaligen Kolleginnen betreibt. Und Sie haben auch noch im oberen Stockwerk eines echten Laufhauses gedreht.
Setlur: Das war schon krass, denn unten ist der Betrieb weitergelaufen. Wenn wir Pause hatten, dann sind wir an diesen Mädchen vorbei, die normal ihrem Geschäft nachgegangen sind. Da waren viele bildhübsche Frauen, etliche jung. Und ich habe mich gefragt: Warum machen die das? Was ist ihre Geschichte? Das hat viel mit meinem Kopf gemacht.
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Sie hätten sie ja fragen können.
Setlur: Nein, das war nicht möglich. Die waren ja bei der Arbeit. Und wenn da eine andere Frau vorbeiläuft, die nichts mit dem Geschäft zu tun hat, ist denen das schon unangenehm. Ich war froh, als wir den Dreh da beendet hatten. Aber mir war bewusst: Das ist eine andere Seite des Lebens, die du normalerweise nicht zu sehen bekommst.
Sabrina Setlur: Die Familie hat sie am Boden gehalten
Gab es denn andere Gelegenheiten, bei denen Sie härtere Milieus erlebt haben?
Setlur: Nein, gar nicht. Ich habe mich mal für die UNESCO gegen weibliche Genitalverstümmelung engagiert und ich wollte dann auch mal Länder bereisen, die davon betroffen sind. Aber das hat nicht geklappt, weil es nicht möglich war, die entsprechende Security zu organisieren.
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Was hat Sie in der Showbranche auf dem Boden der Tatsachen gehalten?
Setlur: Das war immer meine Familie, insbesondere mein Vater. Er hat immer wieder gesagt hat: „Du bist nichts Besseres, du gehst genauso auf Toilette und kommst genauso unter die Erde wie jemand, der an der Lebensmittelkasse sitzt, oder einer, der auf der Straße lebt.“
Sie sind Tochter indischer Einwanderer. Wurden Sie in irgendeiner Weise traditionell erzogen?
Setlur: Überhaupt nicht. Ich habe auch noch eine Schwester. Von daher waren die Frauen bei uns in der Familie immer in der Mehrheit. Da war nichts mit Macht der Männer. Und mein Vater kam von Amerika nach Deutschland, von daher hat er uns auch andere Werte beigebracht. Sein Motto war immer: Du als Mensch kannst alles. Er hat nie gesagt: Weil du eine Frau bist, musst du das und das machen, sondern: Du musst das machen, weil du die Intelligenz und die Stärke hast.
Rapperin über „Burn-Out“: Kaum etwas vom realen Leben mitbekommen
Nun traten Sie als Rapperin in den 90ern hervor, als Gleichstellung in der Hip-Hop-Szene nicht unbedingt angesagt war.
Setlur: Es war damals tatsächlich so, dass es damals nur wenige Frauen gab. Das hat sich inzwischen geändert, aber ich bin der Auffassung, dass man als Frau seinen Körper nicht unbedingt hervorheben muss. Für mich ist meine Botschaft wichtig. Ja, ich achte auf mein Äußeres, aber das ist nicht der Grund, weshalb ich Musik mache.
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Allerdings haben Sie längere Zeit keine Musik mehr gemacht. Ihr letztes Studioalbum liegt 17 Jahre zurück.
Setlur: Ich hatte damals einen klassischen Burn-out. Zu dem Zeitpunkt hatte ich 20 Jahre auf der Bühne gestanden und kaum noch das reale Leben mitbekommen. Irgendwann haben Kopf und Körper gesagt: „Ich kann nicht mehr“. Also habe ich die Reißleine gezogen und eine Pause gemacht.
So gesehen könnten Sie ja wieder neue Musik aufnehmen.
Setlur: Ja, könnte ich. Aber ich möchte das im Ungefähren lassen. Ich bin niemand, der sagt: „Im nächsten Jahr kommt etwas ganz Großes“.
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Wie kann man sich denn Ihre Pause vorstellen?
Setlur: Ich habe zum normalen Leben zurückgefunden. Ich musste erst mal lernen: Wie viel kostet ein Liter Milch? Wie viel ein halbes Pfund Butter? Darum hatte ich mich mit 20 Jahre nicht gekümmert. Ich bin auch gereist, um meine Familie zu besuchen. Aber vor allem habe ich einfach mal so ein bisschen Zeit mit mir selbst genossen.
Sabrina Setlur über die schönste Erfahrung, die sie je gemacht hat
Dann sind Sie auch in verschiedenen Spielshows aufgetreten – von „Global Gladiators“ bis zuletzt „Die Verräter“. Was hat Ihnen das gegeben?
Setlur: Ich mag seit meiner Kindheit Wettbewerbe und Herausforderungen, und weil das kein Trash-Reality war, war das für mich interessant. Ich habe das aber nicht als Künstlerin Sabrina Setlur gemacht, sondern als Mensch. Da waren Sachen dabei, die ich noch nie erlebt hatte. Ich war noch nie einen gefühlt 8000 Meter hohen Berg hochgeklettert und hatte mich da abgeseilt. Oder wer hängt normalerweise vor einem Wolkenkratzer und beantwortet komische Fragen? Im Nachhinein war das die schönste Erfahrung, die ich gemacht habe.
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Gibt es denn spezielle Herausforderungen, denen Sie sich im realen Leben stellen?
Setlur: Ich will jeden Abend in den Spiegel schauen können und sagen: „Das war ein schöner Tag.“ Das ist meine Herausforderung jeden Tag.
Und wie häufig gelingt Ihnen das?
Setlur: Ich kann jetzt ruhig ein bisschen angeben und sagen: in letzter Zeit relativ oft. Weil ich mir sage: Sieh einfach zu, wie weit du kommst, und das reicht. Ich versuche einfach in allen Bereichen ein guter Mensch zu sein.
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