Berlin. Susanna Simon musste schon früh mit Wandel klarkommen. Wie ihre Eltern sie prägten und was sie mit ihrer berühmten Schwester gemeinsam hat.

In „Nächste Ausfahrt Glück“ (neue Folgen am 20. und 27. Oktober, jeweils um 20.15 Uhr im ZDF) ist die Schauspielerin Susanna Simon mit den großen Fragen des Lebens konfrontiert. Privat hat die 56–Jährige, die unter anderem für den Mehrteiler „Jahrestage“ bekannt ist, bereits viele Antworten gefunden – was vielleicht auch daran liegt, dass sie es schon in jungen Jahren gelernt hat, mit komplizierten Lebenssituationen zurechtzukommen.

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Was ist Ihr Verhältnis zum Glück?

Susanna Simon: Ich würde es so sagen: Man hat es geschafft, wenn man sich nur noch auf das Glück verlässt. Denn dann ist man ein sehr entspannter Mensch. Ich habe diesen Punkt noch nicht erreicht, aber je älter man wird, desto gelassener wird man.

Nächste Ausfahrt Glück
In „Nächste Ausfahrt Glück“ spielen Susanna Simon (r.) und Valerie Niehaus beste Freundinnen (am 20. und 27. Oktober um 20.15 Uhr im ZDF). © ZDF und Christiane Pausch | Christiane Pausch

Wann brauchen Sie Gelassenheit?

Simon: Wenn ich mit der Deutschen Bahn fahre. Momentan muss ich von Berlin ständig nach Tirol für den Dreh zum „Bergdoktor“. Man kann sich nicht immer darauf verlassen, dass man den Anschlusszug bekommt.

Simon: Das hat sie sich vor der Geburt ihres ersten Kindes gefragt

Sie haben doch auch einen Teil Ihrer Kindheit im Angesicht der Berge verbracht – im kasachischen Almaty, wo die Eltern Ihrer Mutter lebten?

Simon: Richtig, da hatte ich immer die Berge vor Augen – Viertausender. Auch da konnte man übrigens eine gewisse Gelassenheit entwickeln, denn die Natur und die Distanzen waren so überwältigend, dass man sich einfach unterordnen musste. 

Wie hat Ihnen Ihre Einstellung bei den großen Entscheidungen des Lebens, um die es ja bei „Letzte Ausfahrt Glück“ geht, geholfen?

Simon: Wenn es um die großen Entscheidungen ging – den Mann fürs Leben oder die Kinder – haben mein Herz und Bauch entschieden. Da hatte der Kopf nicht viel zu sagen.

Das heißt, Ihr Kopf wollte Ihren Mann nicht, aber der Bauch schon?

Simon: Doch, in dem Fall stimmte es überein (lacht). Aber zum Beispiel bei den Kindern war die Frage, ob das der richtige Zeitpunkt ist, und da hat das Bauchgefühl geholfen.

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Ihr Familienleben mit Ihren Eltern war nicht so einfach. Abgesehen von der Kindheit in Kasachstan, mussten Sie und Ihre Schwester bei Ihren Leipziger Großeltern zurückbleiben, als Ihre Eltern nach New York gingen, wo Ihr Vater bei der UNO arbeitete.

Simon: Das war sowas von nicht normal. Als ich dann mein erstes Kind bekam, stellte ich mir die Frage: Will ich mich komplett anders verhalten als meine Eltern oder will ich bei null anfangen und nicht bewerten, was sie gemacht haben? Und ich habe letzteres geschafft.

Wer von den beiden hat Sie stärker geprägt?

Simon: Ich komme eher nach meinem Vater. Er ist ein Menschenkenner – aufgrund von Erfahrung. Ich würde ihn als weise bezeichnen. Das würde ich zwar nicht von mir behaupten, aber ich durchdenke Sachen immer, bevor ich mich in etwas hineinstürze. Meine Mutter dagegen, die gebürtige Kasachin ist, ist viel emotionaler.

Simon über ihre berühmte Schwester „Wir sind total anders“

Und wie sind Sie im Vergleich zu Ihrer acht Jahre jüngeren Schwester Maria, die ja auch als Schauspielerin erfolgreich ist?

Simon: Sie ist total anders, was uns immer herrlich amüsiert. Wir haben nur den gleichen Humor. Wenn wir den gleichen Kinofilm schauen, dann lachen wir über dieselben Dinge, über die sonst niemand lachen kann.

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Woran lag es, dass Sie beide Schauspielerinnen geworden sind? Ihre Eltern hatten doch mit diesem Metier nichts zu tun.

Simon: Ja, es ist schräg, unsere Eltern sind beide Ingenieure. Ich habe mich mit Maria nicht darüber unterhalten, sie hat einfach ihr eigenes Ding gemacht. Und bei mir hatte es viel damit zu tun, dass ich im Osten groß geworden bin, wo es eine gewisse Enge gab. Und dieser Beruf beinhaltete eine Weite, in der man seine Träume und Fantasien ausleben konnte. 

Inwieweit haben Sie die Verbindung nach Kasachstan noch aufrechterhalten?

Simon: Ich bin zwischendurch immer wieder mal hingereist. Wenn ich aus dem Flugzeug steige, dann fühle ich mich sofort wieder angekommen, auch wenn sich Almaty rasant verändert, weil dort ohne Ende gebaut wird. Aber ich erkenne trotzdem, dass eine Seite von mir damit verbunden ist. Ich habe auch einmal meine beiden Töchter mitgenommen, weil ich ihnen zeigen wollte, wo ein Teil von ihnen herkommt. Das war mir sehr wichtig. Sie fanden es spannend, aber nicht so umwerfend, wie ich mir das erhofft hatte. 

Dieses Ereignis war für Simon ein „gewaltiger emotionaler Einschnitt“

Da wir von Eltern-Kinder-Verbindungen gesprochen haben. Inwieweit gibt es Unterschiede zwischen Ihnen und Ihren Töchtern?

Simon: Ich brauche die Großstadt nicht, deshalb fühle ich mich jetzt auch beim Dreh in den Bergen so wohl. Aber meine Töchter sind totale Stadtmädchen. Die finden Insekten schrecklich und Gras juckt.

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Teilen den gleichen Beruf und Humor: Susanna Simon mit ihrer Schwester Maria. © picture alliance/United Archives | United Archives / kpa

Wir begannen mit dem Thema „Glück“ im Sinne von „Zufall“. Aber wann empfinden Sie Glück?

Simon: Kleinere Dinge machen mich immer glücklicher. Ein Moment der Entspannung oder ein schöner Sonnenuntergang oder wenn wir alle zusammen harmonisch am Tisch sitzen und uns freuen. Das macht mich umso glücklicher, weil die Welt gerade so kaputt ist. Der Überfall auf die Ukraine etwa war schon ein gewaltiger emotionaler Einschnitt, von dem ich mich noch nicht wirklich erholt habe. Ich will nur noch, dass dieser schreckliche Krieg endlich vorbeigeht und die Gerechtigkeit siegt.

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Sie sagten, dass Sie in der Schauspielerei eine Art Zuflucht aus der engen Realität gefunden haben. Was bietet Ihnen sonst noch so eine Fluchtmöglichkeit?

Simon: Ich gehe oft in Museen, liebe zum Beispiel den Martin Gropius Bau. Ich habe ja auch Kunstgeschichte studiert und das nur abgebrochen, weil mich das Studententheater noch mehr interessiert hat. Auch bin ich ein totaler Familienmensch. Und ich mache viel Sport, ich liebe das. Ich habe jetzt sogar versucht, die Tiroler Berge hochzulaufen. Aber das war denn zu viel des Guten. Letztlich bin ich dann wieder in den ganz normalen Spaziergangsschritt verfallen.