Berlin. Für Rott war die „Papa“-Rolle in seinem neuen Film leicht. Eine größere Herausforderung birgt für ihn das echte Leben mit Patchworkfamilie.

David Rott hat als Theaterschauspieler an vielen bedeutenden Häusern gastiert, wie am Wiener Burgtheater oder am Deutschen Theater Berlin. Millionen Zuschauern aber wurde der gebürtige Leverkusener als junger Udo Jürgens in dessen Biografie „Der Mann mit dem Fagott“ bekannt.

Nun ist er im Freitagsfilm „Ein Zimmer für Papa“ (11. Oktober, 20.15 Uhr, ARD) zu sehen, in dem er sich den Herausforderungen des Vaterdaseins stellen muss. Privat hat der 47-Jährige allerdings weitaus kompliziertere Aufgaben zu bewältigen als seine Filmfigur. Zudem hat sich der Schauspieler auch noch zum Langstreckenläufer entwickelt, der auch vor 100 Kilometern nicht zurückschreckt.

Man kennt Sie neben vielen anderen Rollen aus „Väter allein zu Haus“. Jetzt sind Sie in „Zimmer für Papa“ zu sehen. Ist Vater Ihre Paraderolle?

David Rott: Nein, ich finde es ganz gut, mal keine Väter zu spielen. Lieber mache ich das privat.

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Aber lernen Sie daraus etwas fürs Privatleben mit fünf Kindern?

Rott: Natürlich schaue ich mir Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur eigenen Geschichte an. Aber ich kann nicht präzisieren, was ich lerne. Als Elternteil wünscht man sich einfach, mehr anwesend zu sein oder die Sicht der Kinder besser zu verstehen. Im Fall des Filmes versteht meine Figur sehr spät, dass es eine Priorität sein muss, für Kinder da zu sein. Das ist bei mir schon anders gewesen.

Und was haben Sie mit diesem Mann gemeinsam?

Rott: So konfus er am Anfang erscheint, er probiert, alles richtig zu machen. Und das versuche ich auch.

David Rott über seine Patchwork-Familie: „Es ist nicht möglich, eine Normalität zu leben“

Sie sind selbst Vater einer Patchwork-Familie mit fünf Kindern. Was sollte man in so einer Lebenssituation beachten?

Rott: Die Problematik ist, wie man auch im Film sieht, wenn ein Elternteil in einer anderen Stadt lebt und nur zu Besuch kommt. Dann konzentriert sich alles auf die gemeinsamen Unternehmungen, und die sind dann immer zum Erfolg verdammt. Die Beziehung zwischen Elternteil und Kind findet nur auf einer oberflächlichen Ebene statt. Es ist nicht möglich, eine Normalität mit all ihren Konflikten zu erleben.

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David Rott in „Ein Zimmer für Papa“ (ARD) mit Indira Corrales Ehlers als seine Tochter Laila. © DPA Images | Georges Pauly

Können Sie insgesamt Ihre Patchwork-Erfahrung empfehlen?

Rott: Das ist nicht eindeutig zu beantworten. Ich bekam meine ersten Kinder schon sehr früh. Als meine Tochter zur Welt kam, war ich noch auf der Schauspielschule. Und das hat seine Vorteile. Denn jetzt habe ich mit Mitte vierzig drei erwachsene Kinder, mit denen ich über alles sprechen kann. Andererseits glaube ich, dass man eine viel größere Gelassenheit hat, wenn man später Eltern wird. So gesehen würde ich mir vielleicht aus heutiger Sicht mehr Zeit lassen. Andererseits liebe ich Kinder zu sehr, also kann ich das nicht definitiv sagen. Auf jeden Fall plant man nicht, fünf Kinder im Patchwork zu haben, denn das ist schon anspruchsvoll.

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Nachdem Sie damals noch nicht die Gelassenheit hatten – wie haben Sie seinerzeit auf die Geburt Ihrer ersten Tochter reagiert?

Rott: Ich war schon überfordert und auch panisch, bis ich sie dann kennenlernen durfte. Danach war ich sehr glücklich, was sich bis heute nicht geändert hat.

TV-Star über die junge Generation: „Ich habe mir seinerzeit viel weniger Sorgen machen müssen“

Wie unterscheidet sich die Sichtweise Ihrer drei älteren Kinder jetzt von der Ihren?

Rott: Die heutige Generation Mitte zwanzig geht Beziehungen anders an als wir. Gleichzeitig ist die Gesellschaft eine ganz andere geworden. Ich habe mir seinerzeit viel weniger Sorgen machen müssen. Jetzt droht eine faschistische politische Landschaft, die Häufigkeit von Kriegen und terroristischen Anschlägen hat zugenommen. Und in dem Alter, in dem meine Kinder eigentlich rausgehen und feiern sollten, gab es die Pandemie. Zugleich hat sich das Leben extrem verteuert.

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Das heißt, Sie würden ungern Zeit von Ihrer eigenen Lebensuhr herunternehmen wollen?

Rott: Auf gar keinen Fall. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Alter.

Aber dann könnten Sie beim Langstreckenlauf bessere Zeiten erreichen. Sie sind doch Marathonläufer?

Rott: Das stimmt. Das habe ich mir auch überlegt. Andererseits sind mit einem guten Trainingsplan und eventuell einem Trainer Zeiten möglich, die man gar nicht für denkbar halten würde. Meine Marathonbestzeit liegt bei drei Stunden, 16 Minuten. Wobei ich inzwischen auf Ultramarathon umgestiegen bin.

David Rott als Udo Jürgens in „Der Mann mit dem Fagott“.
David Rott als Udo Jürgens in „Der Mann mit dem Fagott“. © ARD Degeto/Toni Muhr

Ultramarathons können ja bis zu 100 Kilometer gehen. Was hat Sie denn darauf gebracht?

Rott: Nachdem ich mit Marathon angefangen hatte, ist dieses Wort „Ultra“ aufgeploppt, was sich bei mir festgesetzt hat. Ich bin nicht die schnellste Rakete, aber ich bin sehr zäh. Und die sogenannten „Ultra Trails“ finden draußen in der Natur statt. Da geht es um Höhenmeter, schwieriges Gelände, Laufen in der Nacht. Das wird zu einem Abenteuer, und ich liebe das sehr. Dabei lernt man Willenskraft und Strategien, um mit Krisensituationen umzugehen.

Was war die größte Krise, die Sie dabei bewältigen mussten?

Rott: Im August bin ich 100 Kilometer in der Schweiz gelaufen – über 6000 Höhenmeter. Das war wahrscheinlich das Härteste, das ich je erlebt habe. Wir sind bei einer Hitzewelle morgens gestartet und am Nachmittag dachte ich: „Ich schaffe keinen einzigen Schritt mehr.“ Aber mein Trainer hat mich nicht rausgelassen und meinte: „Leg dich hin, kühl dich runter und dann schaffst du das.“ So habe ich mich stabilisiert und bin nachts um vier ins Ziel gekommen.

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David Rott: Das Lauftraining hat ihn auch mental stabilisiert

Was hat eigentlich Ihre Familie dazu gesagt?

Rott: Sagen wir es so: Das Verständnis war anfänglich begrenzt. Denn das Laufen kann auch familienfeindlich sein. Von Januar bis August habe ich beispielsweise sechsmal die Woche trainiert. Aber es wurde dann bemerkt, dass sich durch das Laufen auch eine mentale Stabilisierung einstellt. Laufen macht Menschen, zumindest mich, ausgeglichen und auch froh.

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Inwieweit hilft Ihnen dieses Langstreckenlaufen für Ihren Beruf?

Rott: Das eigentlich Herausfordernde bei der Schauspielerei ist nicht die Zeit, wo wir sie ausüben, sondern die Phasen dazwischen. Wir müssen in den Zeiten zwischen den Beschäftigungen durchhalten, wenn wir nicht wissen: Wann kommt der nächste Job? Kann ich meine Miete zahlen? Bekomme ich endlich eine Rolle, wo ich das zeigen kann, was ich gerne zeigen würde? So gesehen ähnelt das einem Ultramarathon. Man muss in den Krisen, in denen man denkt, es geht nicht mehr, ruhig bleiben und darf den Glauben nicht verlieren.