Berlin.. Eine Patchworkfamilie ist für alle Beteiligten herausfordernd. Folgende Tipps vereinfachen den neuen Alltag für Eltern und Kinder.
Für Kinder ist es hart, wenn sich ihre Eltern trennen. Kommen dann auch noch neue Partner oder gar Stiefgeschwister ins Spiel, entstehen oft zusätzliche Herausforderungen. Dabei lässt sich das Zusammenleben mit einigen Tipps zumindest vereinfachen. Denn mit der Zeit zeigt sich oft, dass das Leben in sogenannten Patchworkfamilien sehr schön sein kann.
Wie viele von ihnen es in Deutschland genau gibt, ist bei alledem gar nicht bekannt: 2013 schätzte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ihren Anteil in der Gesellschaft auf 7 bis 13 Prozent. Das ist nun mehr als zehn Jahre her, neuere Zahlen gibt es nicht.
Die Anzahl der Patchworkfamilien dürfte inzwischen gestiegen sein, immerhin gab es in Deutschland Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge seit 2013 jährlich rund 154.000 Scheidungen. Doch wie gelingt das Leben mit den neuen Familienmitgliedern am besten? Hier sind die zehn wichtigsten Tipps für Patchworkfamilien.
1. Erwachsene in Patchworkfamilien: Fünf positive Botschaften, eine negative
„Studien zeigen, dass erfolgreiche Patchworkfamilien die gleichen Herausforderungen haben wie weniger erfolgreiche“, schreibt die Psychologin und Patchwork-Expertin Patricia Papernow in einem Ratgeber. In erfolgreichen Patchworkfamilien kommunizierten Erwachsene allerdings bewusst und liebevoll, statt eskalierend. Dabei sollten die Eltern auf positive statt negative Botschaften achten – und das sogar zählen. Papernows Tipp: ein Verhältnis von einer negativen zu fünf positiven Botschaften.
2. Patchworkfamilie: Beide biologischen Eltern übernehmen Verantwortung
Auch mit dem oder der Ex-Partnerin sollte zumindest über Kindesfragen eine konstruktive Kommunikation bestehen. Geht das nicht, schlägt das Bundesfamilienministerium vor, die Verantwortung so gut wie möglich getrennt wahrzunehmen: „Diese sogenannte ‚parallele‘ Elternschaft könne für Kinder genauso gut wie die ‚kooperative‘ Elternschaft sein, bei der sich die Eltern eng abstimmen.“
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3. Gemeinsame Regeln und Traditionen für die Patchworkfamilie
Jede Familie hat gemeinsame Bräuche und Traditionen. Für die Patchworkfamilie ergibt sich daraus ein Spagat: Für sie ist es besonders wichtig, gemeinsame Traditionen zu schaffen, um das Vertrauen in der neuen Konstellation zu festigen. Gleichzeitig sollte die neue Familie auch die Bräuche der vorherigen Familie nicht einfach ausradieren, denn an Feiertagen können die negativen Gefühle über die Trennung bei vielen Kindern noch einmal hochkommen.
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4. Beziehung mit dem leiblichen Kind stärken
In Haushalten mit Patchworkfamilien leben häufig mehr Kinder als in Kernfamilien, so das BMFSFJ. Doch während Geschwister in der Sozialwissenschaft als prägendster Kontakt mit anderen Kindern vor der Schulzeit gelten, kann das Leben mit Stief- und Halbgeschwistern auch negative Folgen für die Entwicklung haben, heißt es in Studien.
Der biologische Elternteil sollte daher einen engen Kontakt mit dem eigenen Kind wahren, sagte die US-amerikanische Familienwissenschaftlerin Caroline Sanner dem Radiosender NPR. „Aus der Perspektive des Kindes verändert sich mit Stieffamilien sehr viel“, erklärt sie. „Sein Elternteil geht eine Beziehung mit dem neuen Partner ein, aber auch mit dessen Kindern.“ Das löse beim Kind Eifersucht, Verlustgefühle oder Angst aus.
Je weniger davon das Kind fühle, desto positiver sei die Gesamtentwicklung der Patchworkfamilie, sagt auch die Caritas in ihrem Patchwork-Ratgeber. Denn verbringen Mama oder Papa regelmäßig Zeit nur mit ihrem Kind, erfährt dieses Sicherheit und kann sich eher über die neuen Familienmitglieder freuen. Allerdings sollten Eltern darauf achten, das biologische Kind nicht gegenüber den Stiefkindern zu bevorzugen.
5. Kein Zwang für Harmonie in Konfliktsituationen
Konflikte sind in Familien normal – und in Patchwork-Familien besonders. Umso wichtiger ist es, die Gefühle aller Beteiligten anzuerkennen und keine Harmonie zu erzwingen. Aus den Konflikten der Erwachsenen sollten die Kinder allerdings herausgehalten werden, denn sie könnten zu Loyalitätsproblemen führen: Redet ein biologischer Elternteil den anderen vor dem Kind schlecht, kann sich dieses womöglich nicht mehr zu seinem Vater oder seiner Mutter bekennen.
Wie das Bundesfamilienministerium erklärt, sehen Kinder entgegen vieler Annahmen zwar keine Konkurrenz für ihr biologisches Elternteil in ihren Stiefeltern, dennoch sollten sich letztere bei Erziehungskonflikten zunächst im Hintergrund halten und sich darauf konzentrieren, ein Vertrauensverhältnis zum Stiefkind aufzubauen.
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6. Erwachsene in Patchworkfamilien: Beziehung stärken
Patchworkfamilien sind nicht nur für die Kinder herausfordernd, sondern auch für die Erwachsenen. Obwohl es für jedes Elternpaar wichtig ist, Zeit für die eigene Beziehung zu schaffen, gilt das bei Patchworkfamilien besonders: Je öfter sich ein Kind neuen Situationen wie wechselnden Partnern oder Partnerinnen aussetzen muss, desto höher ist laut Bundesfamilienministerium das Risiko für Verhaltensauffälligkeiten. Beratungszentren empfehlen daher feste Tage, an denen sich das Paar Zeit für sich nimmt. Ideal sei ein Mal pro Woche, Themen wie die Kinder oder Ex-Partner und -Partnerinnen sind tabu.
7. Stiefeltern in Patchworkfamilien: Zeit mit dem neuen Kind verbringen
Auch die neuen Stiefeltern sollten bewusst Zeit für das neue Kind schaffen. Über gemeinsame Aktivitäten wie basteln, Sport oder das Lieblingshobby des Kindes kann letzteres den neuen Elternteil spielerisch kennenlernen und Vertrauen zu diesem aufbauen. Ist das Kind für diesen Schritt noch nicht bereit, sollten die Stiefeltern ihm Zeit geben und die vermeintliche Ablehnung nicht persönlich nehmen. Das Kind gibt hier das Tempo vor.
8. Rechtliche Aspekte einer Patchworkfamilie klären
Auch wenn es Patchworkfamilien schon lange gibt, sind sie in der heutigen Gesellschaft oft anders aufgestellt – nicht zuletzt durch gesetzliche Reformen. Eltern und ihre neuen Partnerinnen und Partner sollten sich daher über ihre Rechte und Pflichten informieren. Das Sozialrecht regelt über das „kleine Sorgerecht”, dass Stiefeltern alltägliche Entscheidungen über das Kind treffen dürfen. Auch bei Versicherungen und Erbschaften gelten für Patchworkfamilien oft besondere Regeln.
Aber Achtung: Stiefmutter oder -vater ist man vor dem Gesetz erst nach der Hochzeit mit der Person, die das Kind hat. Sollte die Ehe mit dem Stiefelternteil irgendwann auch in die Brüche gehen, darf dieses unter Umständen weiterhin Kontakt zu Kind haben: Das Gesetz erlaubt ihnen das gleiche Umgangsrecht wie den Großeltern des Kindes.
9. Patchworkfamilie: Geduld!
„Eine Patchworkfamilie zu werden ist ein Prozess, kein einzelnes Ereignis“, sagte Patricia Papernow im US-amerikanischen Radiosender NPR. „Das braucht Zeit.“ Je größer der Grad der Veränderung, desto niedriger sei das Wohlbefinden eines Kindes. Umso wichtiger ist es, dass alle Beteiligten geduldig sind: Je nach Quelle dauert es mehrere Jahre, bis sich die neuen Familienmitglieder aneinander gewöhnt haben.
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10. Familientherapie oder Beratungsangebote nutzen
Sind die Probleme schwerwiegender, sollte sich die Patchworkfamilie Hilfe von außen holen. Familientherapien und Beratungsstellen unterstützen Eltern bei Problemen und Familien im Alltag. Entsprechende Angebote finden Interessierte im Familienzentrum oder über das Suchportal der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung.