NRW. Aus Sorge vor Krawallen und Attacken war die Polizei in der Silvesternacht mit mehr Kräften unterwegs als sonst. So sah es in den Städten aus.
Unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen haben an Rhein und Ruhr Zehntausende den Beginn des Jahres 2024 gefeiert. Am Neujahrsmorgen zogen nicht nur die lokalen Behörden Bilanz, sondern auch das „Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste“. Insgesamt seien in NRW 21 Polizistinnen und Polizisten verletzt worden (Vorjahr: 43). Es gab 48 Anzeigen wegen tätlicher Angriffe gegen die Polizei (Vorjahr: 34).
Insgesamt wurden in NRW im Zusammenhang mit Silvester 1186 Platzverweise erteilt (Vorjahr: 1358), 154 Personen kamen in Gewahrsam (Vorjahr: 215), 26 Personen wurden festgenommen (Vorjahr: 25). 210 Personen seien in der Silvesternacht durch Fremdeinwirkung verletzt worden, so die LZPD-Bilanz. Im Vorjahr waren es 238 Verletzte.
Reul zu Silvester-Krawall: „Immer noch zu viele, die nicht gelernt haben, wie man miteinander umgeht“
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Neujahrstag, die Polizei sei gut vorbereitet in diese Nacht gegangen. „Trotzdem hat es auch diesmal wieder Übergriffe auf Einsatzkräfte gegeben. Das ist auf Schärfste zu verurteilen. Es laufen immer noch zu viele Leute rum, die nicht gelernt haben, wie man miteinander umgeht“, sagte Reul dieser Redaktion. Respekt und anständiger Umgang müssten wieder besser erlernt werden.
Nach den Terrorwarnungen am Kölner Dom lag ein besonderes Augenmerk auf Köln. Auch dort lief vorerst aber alles im normalen Rahmen ab. „Ein paar Böllerwerfer, einige Ingewahrsamnahmen, nichts Ungewöhnliches“, sagte ein Sprecher. Köln hatte erstmals eine Böllerverbotszone in der kompletten linksrheinischen Innenstadt eingerichtet. Rund um den Dom war darüber hinaus jede Form von Feuerwerk verboten, also auch Wunderkerzen. Die meisten Feiernden hielten sich daran.
Silvester in NRW: Meist ruhig, aber viel zu tun für die Feuerwehr
Auch Essen begrüßt das Jahr 2024 mit viel Feuerwerk auf den Straßen. „Wir sind aktuell stark gefordert“, sagt Feuerwehrspecher Christian Schmücker gegen 1 Uhr. Die Kräfte seien zu zahlreichen Einsätzen ausgerückt – vor allem kleinere Brände, beispielsweise von Papiercontainern, seien zu verzeichnen. Es gab aber auch größere Einsätze.
In Duisburg meldete die Polizei Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, wie die Polizei auf X mitteilte. Nach Angaben der Polizei wurden dabei zwei Personen festgenommen. An Nachmittag bilanzierte die Polizei mehr als 400 Einsätze vom Silvesterabend bis zum frühen Neujahrsmorgen. Ungewöhnlich war eine Wohnungsdurchsuchung noch am Silvester-Nachmittag, teilte die Polizei mit: Ein 30-Jähriger im Stadtteil Vierlinden hatte zuvor laut Polizei „in der Öffentlichkeit angekündigt, dass er am Silvesterabend mit einer Schusswaffe gegen Einsatzkräfte von Polizei und Stadt vorgehen wolle.“ In der Wohnung seien tatsächlich zwei Schreckschusswaffen und Munition entdeckt worden - sowie Betäubungsmittel, teilte die Polizei mit. Unter den weiteren Zwischenfällen waren ein leicht verletzter Polizist, der mit einem Böller beworfen worden war. Zudem sei ein 14-Jähriger zur Rede gestellt worden, der mit Raketen auf Einsatzkräfte und Polizeifahrzeuge gefeuert habe. Im Stadtteil Hochheide seien zwei Männer in Gewahrsam genommen worden, die Einsatzkräfte mit Pyrotechnik beschossen haben sollen, berichtete die Polizei.
Im Gegensatz zu anderen Städten hatte Dortmund auf Böllerverbotszonen verzichtet. Polizei und Ordnungsamt stellten 35 verbotene pyrotechnische Gegenstände sicher und vernichteten sie. Es gab sieben Ordnungswidrigkeitsanzeigen (unter anderem wegen Wildpinkelns und Drogen). Schon um 19 Uhr kam es zu einem unschönen Zwischenfall in der Fußgängerzone: Vier Jugendliche bewarfen auf dem Ostenhellweg einen schlafenden Obdachlosen mit Böllern. Er wurde leicht verletzt, musste aber nicht ins Krankenhaus. Die Jugendlichen wurden wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt. Alles in Allem sei es ruhig gewesen – nur an der Kampstraße war es wegen sehr vieler Menschen hektisch, heißt es.
In Düsseldorf war die Innenstadt etwa am Rheinufer gegen Mitternacht zunächst sehr gut gefüllt. Nach etwa 20 Minuten habe es sich aber schnell geleert, sagte ein Sprecher. Düsseldorf hatte eine Böllerverbotszone eingerichtet, wie in den Vorjahren allerdings nur in der Altstadt. Mehrere Hundert Beamtinnen und Beamte waren am Jahreswechsel im Einsatz. Insgesamt sei das Geschehen „von einer hohen Einsatzintensität geprägt, wobei bislang keine schweren Straftaten bekannt geworden sind“, schreibt die Polizei in einer Mitteilung. Die Zahlen: 148 Personenkontrollen (Vorjahr 191), 132 Platzverweise (Vorjahr 99), sieben Ingewahrsamnahmen, 27 Körperverletzungen (Vorjahr 19), 16 Taschendiebstähle (Vorjahr 20).
In Erkrath bei Düsseldorf haben Unbekannte die Feuerwehr in der Silvesternacht aus einer Gruppe heraus mit Silvesterraketen beschossen und mit Böllern beworfen. Der Einsatzleiter wurde dabei von einer Feuerwerksrakete am Kopf getroffen, wie die Feuerwehr am Montag berichtete. „Dank seines Schutzhelmes und dem geschlossenen Gesichtsvisier sowie seiner Flammschutzkleidung wurde er nicht verletzt“, hieß es. Einsatzanlass waren brennende Mülltonnen. Durch einen massiven Polizeieinsatz sei es schließlich möglich gewesen, die brennenden Tonnen zu löschen. Die Kreispolizei Mettmann ermittelt gegen Unbekannt.
Im Großeinsatz waren auch Polizei und Feuerwehr in Gelsenkirchen. Die Feuerwehr berichtete noch während der Hochphase des Feuerwerks und der Böllerei von drei Bränden im Stadtgebiet. Der „gesamte Brandschutz der Feuerwehr befand sich zwischenzeitlich auf der Straße“, sagte ein Sprecher.
Die Feuerwehr Oberhausen hatte zum Jahreswechsel viele Einsätze. Insgesamt mussten Rettungsdienst und Brandschutz zu 122 Einsätzen ausrücken – 15 davon waren Brandeinsätze. Meist ging es um kleine Müll- oder Heckenbrände. Aber schon um 22.30 Uhr passierte ein tragisches Feuer in Sterkrade: Eine Souterrainwohnung brannte. Die Einsatzkräfte retteten die schwer verletzte Bewohnerin, ihr Hund konnte nur noch tot geborgen werden. In Alt-Oberhausen ging ein Ladenlokal in Flammen auf. Das Feuer war aber schnell gelöscht.
Auch in Bochum blieb es ruhig. Insgesamt meldet die Feuerwehr in der Nacht 20 Brand- und 36 Rettungseinsätze (im Vorjahr 47 Brand- und 37 Rettungseinsätze). Auch die Bilanz der Polizei für Bochum, Herne und Witten fällt undramatisch aus: Der Jahreswechsel sei „verhältnismäßig ruhig“ gewesen, heißt es. Insgesamt gab es knapp 100 Einsätze mit Silvesterbezug – unter anderem 13 Körperverletzungen in Bochum, neun in Herne und fünf in Witten. Zudem sprach die Polizei 126 Platzverweise aus. In Herne wurde eine Polizistin durch einen Böller leicht verletzt, die Ermittlungen dauern an. Zudem ermittelt die Polizei in allen drei Städten wegen 15 Sachbeschädigungen.
Die Polizei in Hagen war mit einem großen Aufgebot im Einsatz. Immer wieder war es in den vergangenen Jahren zu Vorfällen gekommen. Rettungskräfte waren unter Beschuss durch Raketen und Böller geraten. In der Silvesternacht jetzt, so die Bilanz der Polizei, blieb es laut Polizei überwiegend störungsfrei.
Silvesterfeuerwerk und viel Blaulicht
In Arnsberg und den Stadtteilen melden die Einsatzkräfte keine großen Vorkommnisse in der Silvesternacht, aber einige Brände. Unter anderem brannte es im Toilettenhäuschen am Wasserspielplatz an der Promenade: Unbekannte hatten eine Böllerbatterie durch ein eingeschlagenes Fenster geworfen. Zudem waren Polizei und Ordnungsamt waren verstärkt im Einsatz, um die Böllerverbotszone zu kontrollieren.
In Bottrop meldete die Polizei Angriffe auf Beamte in der Neujahrsnacht. Ein 17-Jähriger schleuderte sogar einen Pflasterstein auf einen Streifenwagen. Zudem wurden die Hochbeete auf dem „Roten Platz“ auf Prosper II völlig zerstört. Anfangs sei es indes „ungewöhnlich ruhig“ gewesen, bilanziert die Feuerwehr. Der Rettungsdienst musste nur vereinzelt zu Betrunkenen ausrücken. Ab 0.30 Uhr nahmen die Notrufe unter der Nummer 112 dann aber deutlich zu. Die Feuerwehr rückte zu brennenden Mülltonnen und Grünanlagen in der Innenstadt und Boy aus. Eine Person erlitt eine Rauchvergiftung, als sie versuchte eine Mülltonne zu löschen. Dazu kamen „silvestertypische Einsätze“ – etwa Gestürzte mit Kopfverletzungen, eine Person musste nach einer Prügelei ins Krankenhaus. Verletzungen durch Böller seien der Feuerwehr nicht bekannt, heißt es. Insgesamt gab es binnen 24 Stunden zehn Brände, drei Hilfeleistungen, einen Umwelteinsatz, 35 Rettungseinsätze und 29 Krankentransporte.
Eine erste Bilanz aus Dinslaken: Feuerwehr und Rettungsdienst waren stark gefordert. Zwischen 20 und 6 Uhr gab es 16 Brandeinsätze – meist Kleinbrände, die Zeuginnen und Zeugen schon begonnen hatten zu löschen. Meist ging es um brennende Mülltonnen, Altkleidercontainer oder Hecken. Der Rettungsdienst musste oft bei Alkoholvergiftungen und Verletzungen nach Stürzen oder Prügeleien helfen. Darunter seien „leider auch einige schwere Verletzungen nach dem unsachgemäßen Gebrauch von Feuerwerkskörpern“ gewesen, bilanziert die Feuerwehr.
Die Feuerwehr Gevelsberg hatte einen „unspektakulären Jahreswechsel“, so die Bilanz. Bis zum Neujahrsmorgen gab es vier kleinere Einsätze, nur zwei wegen Feuerwerks. Auch für den Rettungsdienst sei es „eine eher normale Dienstschicht“ gewesen, heißt es. Außergewöhnliche Einsätze bei Böller-Unfällen gab es nicht. Abends und nachts rückte der Rettungswagen zu vier Notfällen aus. Angriffe auf Einsatzkräften habe es nicht gegeben.
Die Feuerwehr Gladbeck blickt auf eine Silvesternacht zurück, die von einem leicht erhöhten Aufkommen an Einsätzen geprägtwar, heißt es in einer Bilanz. Die Einsatzkräfte mussten zu elf Bränden raus, wovon acht durch Feuerwerk verursacht worden waren. Der Rettungsdienst fuhr 44 Einsätze. Nur einer davon stand in Verbindung mit Pyrotechnik – allerdings wurde hier ein Mensch schwer verletzt: Ein Böller hatte einen schwere Handverletzung verursacht.
Die Polizei Hamm hatte in der Silvesternacht 137 Einsätze (Vorjahr: 122). Darunter waren 19 Brände, so die Bilanz. Ein Mann musste ins Krankenhaus, nachdem sein Balkon durch das „gezielte Verschießen von Pyrotechnik“ in Brand geraten war. Die Polizei leitete ein Verfahren gegen zwei Verdächtige (27, 38) ein. Eine Betrunkene (38) kam in Gewahrsam, weil sie mehrere Sachbeschädigungen begangen und die Polizei beleidigt hatte. Kurz nach Mitternacht raubte eine Teenager-Gruppe zwei anderen Jugendlichen mit Gewalt eine Flasche Pfefferminzlikör. Die Beraubten kamen ins Krankenhaus. Zudem kam es laut Polizei zu 8 Körperverletzungen, 16 Platzverweisen und 11 Ruhestörungen.
Die Silvesternacht hat der Polizei im Hochsauerlandkreis zwar zahlreiche Einsätze beschert. Insgesamt aber sei es ruhiger gewesen als in den vergangenen Jahren. Besonders erfreulich in einer ersten Bilanz der Polizei: Es hat keine verletzten Einsatzkräfte gegeben.
Die Silvesternacht im Kreis Kleve ist nach Angaben von Polizei und Rettungsdienst ruhig verlaufen. Auf Anfrage teilte die Polizei am Neujahrsmorgen mit, dass es keine größeren Einsätze gegeben habe. Demnach mussten Polizisten zwar verschiedentlich ausrücken – „von Körperverletzung bis häuslicher Gewalt“ –, doch „dies war ein normales Einsatzgeschehen für eine Silvesternacht“
Fröhliche Feiern in Menden, unglaublich viele Böller schon seit dem Sonntagmittag, und insgesamt ein friedlicher Jahreswechsel: Das ist gegen 3 Uhr Früh an Neujahr die Bilanz von Ordnungsamt und Polizei. Bemerkenswert: Nach dem Eindruck vieler Offizieller wurde so viel geböllert wie lange nicht – und das nicht erst nach Mitternacht, sondern den ganzen Tag über.
Die Polizei in Mülheim berichtet von keinen ungewöhnlichen Vorkommnissen. Es sei zwar eine einsatzstarke Silvesternacht gewesen, aber einen Unterschied zum Vorjahr habe es nicht gegeben. Auch die Feuerwehr zog eine positive Bilanz. Die Nacht sei weitgehend ruhig verlaufen. Von Silvestermorgen bis Neujahrsmorgen gab es 130 Einsätzen – davon 22 Brandeinsätze und zwei technische Hilfeleistungen. 61-mal musste ein Rettungswagen zu Kranken oder Verletzten ausrücken. Längst nicht alle davon waren silvesterbedingt. Die Stadt feierte ruhig und gelassen ins neue Jahr hinein. So war die Stimmung in Mülheim.
Fotos vom Feuerwerk aus der Silvesternacht in Mülheim
Polizei und Feuerwehr im Kreis Siegen-Wittgenstein wurden in der Silvesternacht zu zahlreichen Einsätzen alarmiert: Im Kreisgebiet gab es rund 100 Einsätze, bilanziert die Polizei am Morgen. Zu Angriffen gegen Einsatzkräfte kam es nicht. Es gab ein Dutzend Brände, darunter ein Balkonbrand in Siegen gegen 5 Uhr. Nach einem Vorfall in Rinsenau ermittelt die Polizei gegen zwei Männer (29, 32). Sie sollen zwei andere Männer geschlagen und mit einer Schreckschusswaffe bedroht haben.Ein weiterer Zwischenfall passierte in Mudersbach: Dort gastiert ein Zirkus, dessen Mitarbeiter ihre Tiere vor Feuerwerk schützen wollten. Sie baten eine Gruppe Feiernder, in der Nähe keine Böller zu zünden – und wurden attackiert.
Unruhig war es in Solingen: Mit Steinen und Feuerwerk sind mehrere Einsatzkräfte der Feuerwehr und Polizei in Solingen angegriffen worden. Offenbar kam es beim Löschen von Müllcontainern zu den Übergriffen. Die Feuerwehr zog sich zunächst zurück und wartete auf die Polizei, heißt es. Aber auch die Polizisten seien mit Raketen und Steinen attackiert worden. Die Feuerwehr konnte die Brände schließlich löschen. Insgesamt sollen bis zu 40 Randalierer im Alter von 20 bis 30 Jahren die Einsatzkräfte angegriffen haben. Verletzt wurde offenbar niemand. 60 Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz.
Die Polizei im Kreis Wesel fuhr zwischen 18 und 6 Uhr insgesamt 161 Einsätze mit Silvester-Bezug. 26 Mal brannte es – meist wegen Sachbeschädigungen an Mülltonnen und Kleidercontainern oder wegen Büschen, die durch Feuerwerk in Brand geraten waren. In Moers verursachte wohl eine abgefeuerte, aber noch glimmende Feuerwerksbatterie einen Kellerbrand. Die Polizei musste zudem bei Körperverletzungen, Streitigkeiten, Sachbeschädigungen und Ruhestörungen helfen. Es wurden knapp 30 Verfahren eingeleitet – 6 Körperverletzungen, fünf gefährliche Körperverletzungen und 17 Sachbeschädigungen.
In Berlin nahm die Polizei mehr als 200 Personen vorläufig fest, meist wegen gefährlicher Böllerei. Nahe dem Alexanderplatz beschossen sich Gruppen von insgesamt rund 500 Menschen mit Silvesterraketen. Auch die Polizei sei mit Pyrotechnik beschossen worden.
In der Hauptstadt waren fast 5000 Polizistinnen und Polizisten in der Nacht im Dienst, in NRW rund 6600.
Silvester 2022/23: Viele Angriffe auf Einsatzkräfte
Rückblick: Auch in der Silvesternacht 2022/23 waren in einigen Städten Böller gezielt auf Polizisten und Rettungskräfte geschossen worden. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) hatte danach von einer „neuen Dimension der Aggressivität“ gesprochen. Für den Jahreswechsel 2023/24 hatte er deshalb die Zahl der Einsatzkräfte auf mehr als 6600 Polizistinnen und Polizisten deutlich vergrößert.
(aus unseren Redaktionen/mit dpa)