DGB: Hohes Entlassungsrisiko in Handel, Gastgewerbe und für Leiharbeiter
Berlin. Seit Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 haben nahezu 3,3 Millionen Menschen in Deutschland ihre Stelle verloren. Das entspricht jedem neunten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten - und fast einer halben Million Menschen mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. „Entgegen der weit verbreiteten Annahme vom vermeintlich restriktiven Kündigungsschutz sind Fluktuation und Entlassungsrisiko in Deutschland äußerst groß”, schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Datenmaterial der Bundesagentur für Arbeit (BA) zusammengestellt hat.
Kräftiger Aderlass
Nicht erfasst wurden die neuen Stellen, die Arbeitslose angetreten haben.Fast zwölf Prozent der 28 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mussten sich der Studie zufolge zwischen Oktober 2008 und September 2009 beim Arbeitsamt melden. Das größte Entlassungsrisiko tragen Leiharbeiter. Sechs Prozent der Beschäftigten verloren hier jeden Monat ihren Job. Ein sehr hohes Risiko tragen auch die Beschäftigten im Gast- und Baugewerbe und in der Landwirtschaft. Jeder 60. Beschäftigte musste sich dort auf Monatssicht eine neue Stelle suchen.
Auch für die Beschäftigten im Handel sieht es trübe aus, obgleich die Binnenwirtschaft von der Krise weniger betroffen ist. Einen kräftigen Aderlass verzeichnete naturgemäß das exportabhängige Verarbeitende Gewerbe. Trotz einer Million Kurzarbeiter verloren 460 000 Menschen binnen des vergangenen Jahres ihre Stelle.
Obgleich die Krise die Industrie am stärksten getroffen hat, ist hier das Entlassungsrisiko „immer noch niedriger als in manch anderen Branchen”, schreibt der DGB. Besonders gut weggekommen sind die Beschäftigten in den Bereichen Gesundheit und Soziales, Bildung und öffentliche Verwaltung. Aber auch Banken und Versicherungen haben kaum Mitarbeiter entlassen - also ausgerechnet jene Branchen, die die Krise ausgelöst haben.
Nach DGB-Angaben rutschte im zurückliegenden Jahr jeder fünfte neue Arbeitslose - rund 600 000 Menschen - sofort und „ohne Zwischenstopp” ins Hartz-IV-System der Grundsicherung ab. Die Gewerkschaften haben im Handel, im Gastgewerbe und bei Gesundheits- und Pflegeberufen ein „etwa doppelt so hohes Verarmungsrisiko” ausgemacht wie bei Industrieberufen.