An Rhein und Ruhr. Über 1500 unerlaubte Einreisen hat die Polizei seit September festgestellt. Auf den Verkehr wirken sich die eher laxen Kontrollen jedoch kaum aus.

Zum Start der Grenzkontrollen im Herbst waren die Sorgen groß. Grenzpendler befürchteten ein Verkehrschaos, die Logistikbranche hielt Lieferverzögerungen und damit gravierende finanzielle Einbußen für wahrscheinlich. Im Dezember wurden die Maßnahmen sogar verlängert, bis einschließlich 15. März 2025. Und jetzt? Hat sich die Aufregung bei Pendlern und Unternehmern spürbar gelegt. Alles halb so schlimm. Stellt sich die Frage: Haben die Kontrollen bislang überhaupt etwas gebracht?

Viereinhalb Monate nach dem ersten Kontrolltag am 16. September gibt sich Andreas Kochs, Geschäftsführer des deutsch-niederländischen Zweckverbands Euregio Rhein-Waal, im Gespräch mit der NRZ erleichtert: „Hin und wieder kommt es zwar zu kleinen Rückstaus, insgesamt sind die Kontrollen bisher aber glimpflich verlaufen. Spürbare Auswirkungen gab es für Pendler in der Regel nicht.“

Polizeigewerkschaft kritisiert Grenzkontrollen

Und das, obwohl die deutsch-niederländische Grenze nicht nur hüben, sondern auch drüben gesichert wird. Denn auch die Holländer haben im Dezember Kontrollen eingeführt, die Regierung in Den Haag hat sie vorerst bis zum 8. Juni angesetzt. Der Effekt? Unklar. Die Datenlage ist dünn, was vor allem an der streitbaren Asylministerin Marjolein Faber liegt. Die 64-Jährige will – zum Ärger der Opposition – erst im März Zahlen vorlegen, wie viele illegale Einreisen durch die Kontrollen verhindert worden sind. Massive Kritik kommt ausgerechnet von niederländischen Polizistinnen und Polizisten. Die Polizeigewerkschaft NPB schimpft über „Symbolpolitik“, denn mit gelegentlichen Verkehrskontrollen stoppe man keine professionellen Menschenschmuggler. „Eindeutig eine Entscheidung von Leuten, die keine operative Erfahrung in der Sicherung unserer Landesgrenzen haben“, klagt NPB-Vorstandsmitglied Koen Simmers.

Grenzkontrollen: Das Wichtigste auf einen Blick

Die Unternehmen in unserer Region berichten nach Angaben der Niederrheinischen IHK von stabilen Lieferketten und ungestörten Arbeits- und Geschäftsreisen. Trotzdem beobachte man die Situation, „denn wir wissen, dass bereits kleinere Störungen die Logistikunternehmen massiv unter Druck setzen können“. Stresstests könnten das Karnevalswochenende oder die Osterferien sein.

„Eine komplett offene Grenze wäre uns zwar lieber, aber es ist alles nicht so schlimm wie erwartet. Mit dem Ausmaß der Kontrollen sind wir zufrieden. Da dürfte es auch in Zukunft nur sehr selten zu Problemen auf den Autobahnen kommen“, ergänzt Euregio-Geschäftsführer Kochs. Das sei während der Fußball-EM im Sommer 2024 noch anders gewesen. Auch damals hatte die Bundespolizei verstärkt an den Grenzen kontrolliert.

Hunderte unerlaubte Einreisen an niederländischer Grenze

Die aktuellen Kontrollen seien „stichpunktartig und punktuell wechselnd“, erklärt ein Sprecher der Bundespolizei. „Dabei werden aufgrund von Lageerkenntnissen und Fahndungsrastern relevante Fahrzeuge und Personen grundsätzlich aus dem fließenden Verkehr gezogen.“ Verkehrsbeeinträchtigungen seien in den vergangenen Monaten allenfalls temporär aufgetreten, versichert der Sprecher. An der belgischen Grenze sieht es ähnlich aus.

Von Mitte September bis einschließlich 1. Januar konnte die Bundespolizei an der NRW-Grenze zu den Niederlanden 450 unerlaubte Einreisen feststellen. Davon wurden 193 Personen zurückgewiesen. Wie die Behörde weiter berichtet, konnten die Beamten außerdem 25 Schleuser vorläufig festnehmen und 127 offene Haftbefehle vollstrecken. An der Grenze zu Belgien registrierte die Bundespolizei im gleichen Zeitraum 1058 unerlaubte Einreisen. 434 Personen wurden an der Grenze zurückgewiesen. Darüber hinaus wurden 31 Schleuser festgenommen und 63 offene Haftbefehle vollstreckt.

CDU-MdB verteidigt Grenzkontrollen

Also haben sich die Befürchtungen nicht bewahrheitet? So sieht es jedenfalls der Geschäftsführer der Deutsch-Niederländischen Handelskammer, Günter Gülker: „Bei der Ankündigung der Grenzkontrollen gab es Berechnungen, dass die Kontrollen der rund 375.000 niederländischen Lastwagen, die jeden Monat die deutsche Grenze passieren, pro Monat rund 30 Millionen Euro kosten könnten. Inzwischen ist zu beobachten, dass die Kontrollen zu Beeinträchtigungen führen, aber nicht in dem Maße wie zunächst befürchtet.“

Für Stefan Rouenhoff, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Kreis Kleve, zeigt die Polizeibilanz dennoch, wie wichtig Grenzkontrollen seien. „Klar ist, wir brauchen einen wirksamen Grenzschutz“, sagt er auf Anfrage. „Die Balance zwischen Sicherheit und Freizügigkeit ist in den vergangenen Jahren in eine Schieflage geraten. Der Fokus muss jetzt auf Sicherheit liegen.“ Dafür müsse die Reform des europäischen Asylsystems konsequent umgesetzt werden, die eine Registrierung von Flüchtlingen an den Außengrenzen der EU vorsieht.