Düsseldorf. Zanda Martens ist 2021 über einen der letzten Listenplätze in den Bundestag eingezogen. Wie sie es trotz SPD-Umfragetief wieder schaffen will.

Zanda Martens will für ihren Düsseldorfer Wahlkreis wieder in den Bundestag einziehen. Mit der Neuwahl am 23. Februar habe man „die Chance, die Karten neu zu mischen“, sagt die Sozialdemokratin, die 2021 erstmals Abgeordnete wurde. Dabei ist ihr klar, dass ihre eigenen Chancen auf eine weitere Amtszeit in Berlin aktuell eher gering sind. Wie sie es trotz der widrigen Umstände erneut nach Berlin schaffen will und warum sie den nun offiziell zum Kanzlerkandidaten gekürten Olaf Scholz in Schutz nimmt.

SPD drohen hohe Verluste bei der Neuwahl

Schafft es die SPD nicht, das Ruder in den kommenden Wochen herumzureißen, könnte das für viele Abgeordnete wie Zanda Martens das Aus ihrer Bundestagskarriere bedeuten. Aktuell liegt die SPD in den Umfragen bei rund 10 Prozentpunkten weniger als bei der Bundestagswahl 2021. Holten die Sozialdemokraten bei der Wahl noch 25,7 Prozent, sind es bei der jüngsten Umfrage von INSA vom 23. November nur 14 Prozent – Platz 3 hinter CDU (33 Prozent) und AfD (19 Prozent).

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Besonders für jene, die über hintere Listenplätze in den Bundestag einzogen, sind das denkbar schlechte Karten. Von der SPD in NRW schafften es im Jahr 2021 19 Abgeordnete, die ihre Wahlkreise nicht gewonnen hatten, über die Landesliste nach Berlin. Martens, die damals wie heute im nördlichen Düsseldorfer Wahlkreis 106 antritt, war die Nummer 16.

Wahlreform sorgt für weniger Plätze im Bundestag

Ob dieser Listenplatz für die studierte Juristin und ehemalige Gewerkschaftssekretärin der IG Metall wieder für ein Ticket nach Berlin reichen würde? „Jetzt greift das neue Wahlrecht, was ich gut finde“, sagt Martens. „Dabei geht es nicht um meine persönlichen Aussichten, sondern darum, wie groß der Bundestag sein wird ohne Überhang- und Ausgleichsmandate.“ Dadurch haben die Fraktionen weniger Mitglieder. Hinzu kommen die aktuellen Umfragen. „Mit Blick auf meinen Listenplatz vom letzten Mal schätze ich, dass ich bei den aktuellen Bedingungen nicht im Bundestag wäre“, räumt sie ein, gibt sich jedoch kämpferisch: „An den Umfrageergebnissen können wir bis zur Wahl noch einiges ändern.“

Auch sei noch gar nicht klar, welchen Listenplatz sie dieses Mal bekommen wird. „Da wir wissen, dass die Chancen, einen Wahlkreis direkt zu gewinnen, mit jeder Wahl geringer werden, ist der Andrang auf die Listenplätze dementsprechend groß. Aber es ist nicht so, dass man im Vorhinein erklärt, dass man auf einen bestimmten Platz kandidiert“, ordnet Martens ein.

Pension für Abgeordnete

Abgeordneten steht nach dem Grundgesetz eine sogenannte „Altersentschädigung“ zu. Nach Angaben des Bundestags soll damit ihre Unabhängigkeit gesichert werden. Denn während ihres Mandates führen Abgeordnete keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung ab. Es entsteht also eine Lücke, die mit dieser Entschädigung geschlossen werden soll.

Anspruch darauf haben Abgeordnete nach einem Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag. Nach dem ersten Jahr beträgt sie 2,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung und steigt mit jedem weiteren Jahr der Mitgliedschaft um 2,5 Prozent an. Die aktuelle Abgeordnetenentschädigung, also die monatliche „Bezahlung“, liegt seit dem 1. Juli dieses Jahres bei 11.227,20 Euro.

Der Höchstbetrag der Altersentschädigung liegt bei 65 Prozent und wird erst nach 26 Mitgliedsjahren erreicht. Einen so hohen Anspruch erwerben jedoch nur die wenigsten Abgeordneten, da die meisten für zwei bis drei Legislaturperioden im Bundestag sitzen, wie es auf einer Infoseite heißt.

Der Prozess beginne vorher in kleinerem Rahmen in der Region Niederrhein, wo die Kandidaten aufgestellt werden. „Dann kommen die vier Regionen des Landesverbands zusammen und es wird eine Liste gewählt“, schildert Martens. Für den Termin dieser Delegiertenkonferenz läuft es nach Angaben eines NRW-SPD-Sprechers wohl auf den 21. Dezember hinaus. „Das ist ein kompliziertes Verfahren, das die Mitgliederzahl der einzelnen Regionen berücksichtigt. Aktuell ist aber noch nicht klar, welcher Listenplatz mir vorgeschlagen wird. Am Ende hat aber natürlich jeder Kandidat die Freiheit, auf jeden anderen Platz zu kandidieren. Das letzte Wort ist da noch nicht gesprochen.“

SPD: Ein beflügelndes Gefühl zum Wahlkampfauftakt

Martens möchte im Gespräch mit der NRZ auch eine gewisse Aufbruchstimmung vermitteln. Das Aus der Regierungskoalition habe auch für Erleichterung gesorgt, sagt sie. „In den letzten Monaten war es in der Koalition nicht mehr auszuhalten, weil wir nicht mehr vorangekommen sind“, schildert sie. Zwar sei der Bruch nicht wünschenswert gewesen, „aber jetzt können die Menschen einen Bundestag mit anderen Mehrheitsverhältnissen wählen. Und wir können wieder an den Themen arbeiten, die wichtig sind für die Leute. Das beflügelt nicht nur mich, sondern auch andere in der Partei.“

Zanda Martens spricht mit der NRZ über ihre Chancen für einen Wiedereinzug in den Bundestag.
Zanda Martens spricht mit der NRZ über ihre Chancen für einen Wiedereinzug in den Bundestag. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Schon während der Rede von Olaf Scholz am Abend des 6. November, als er die Entlassung von Christian Lindner als Finanzminister verkündet hatte, seien online Mitgliedsanträge eingegangen, berichtet Martens. „In der ersten Woche danach waren es etwa 500 Leute, die eingetreten sind. Wir merken, dass gerade Meschen, die sozialdemokratische Politik wollen, darunter gelitten haben, dass wir viel zu wenig von unseren Zielen umsetzen können – auch wegen der FDP und ihrem ehemaligen Finanzminister.“

Martens: Klarer Unterschied zwischen Friedrich Merz und Olaf Scholz

Die Neueintritte in die Partei machen ihr Mut. Die gebürtige Lettin richtet daher den Blick auf den Wahlkampf. Die aktuellen Umfragen sieht sie als „Momentaufnahme“ und über mögliche Koalitionen will sie nicht philosophieren. „Alle Gedanken für die Zeit nach der Wahl spielen jetzt keine Rolle. Wir wollen mit voller Kraft für den Wahltag mobilisieren“, betont sie. Von sich und der SPD will sie die Menschen auch mit ihren Fachthemen überzeugen. „In der Bundestagsfraktion bin ich für Mietrecht zuständig. Das kommt mir zugute, da das Thema Mieten und bezahlbarer Wohnraum auch in Düsseldorf wichtig ist.“

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Im Wahlkampf gehe es auch um „den grundsätzlichen Unterschied zwischen einer Sozialdemokratie und der CDU/CSU bei den wichtigen Fragen unserer Zukunft“, wie Martens sagt. „Es geht darum, welche Rolle der Staat spielen soll. Wollen wir einen starken Staat, der für die Schwächeren da ist, oder wollen wir einen Staat, in dem der Markt alles regelt? Dieser Unterschied erleichtert uns den Wahlkampf, weil man die Leute fragen kann, ob sie ein Deutschland von Friedrich Merz wollen oder das sozialdemokratische Land, wie es sich Bundeskanzler Olaf Scholz vorstellt.“

Letzteren nimmt Martens zudem in Schutz: Man sei „weder blind noch taub“, sagt sie. „Wir wissen, wie Olaf Scholz in der Öffentlichkeit gesehen wird. Aber er ist unser Bundeskanzler und bei aller berechtigten Kritik, hat er auch in schwierigen Zeiten einiges umgesetzt“, so Martens. Während der Energiekrise habe niemand ohne Heizung frieren müssen und Unternehmen weiter produzieren können. „Vor allem kann man Scholz nach dem Bruch der Koalition zugutehalten, dass er drei Jahre lang die Ampel trotz aller widrigen Umstände zusammengehalten und unser Land in kritischen Momenten vom Chaos bewahrt hat.“