Kleve. Michael Nieten läuft Triathlon – und liebt Süßes. Der Klever Schokoladensommelier erklärt, wie das auch für andere funktionieren kann.

Auf den geschwungenen Porzellanlöffeln liegen bereits die verführerischen Schokoladenstücke. Mmh, das könnte lecker werden! Doch vorher muss Michael Nieten etwas klarstellen: „Oft stopft man sich die Schokolade einfach rein und dann ist sie sofort weg.“ Ja, das ist durchaus das ein oder andere Mal passiert... „Bei einem Tasting geht es aber darum, ein Bewusstsein für die Vielfalt zu schaffen. Denn es ist Wahnsinn, wie viele Aromen so eine Schokolade hat.“ Die Begeisterung ist dem Konditormeister deutlich anzumerken, kein Wunder also, dass er sich vor sechs Jahren zum Schokoladensommelier hat ausbilden lassen. Und als „Botschafter des guten Geschmacks“, wie er es selbst formuliert, zeigt er gern, was Schokolade alles so kann. Übrigens, auch selbsternannte Schleckermäulchen können dabei noch die ein oder andere Überraschung erleben.

Doch vor der Praxis kommt erst einmal die Theorie. Dafür öffnet Michael Nieten einen Holzkoffer, in dem Gläschen und Fläschchen stecken. „Was ist eigentlich Schokolade?“, fragt er, während er für die richtige Antwort schon mal die wichtigsten Zutaten herausholt. „Kakaomasse und Kakaobutter.“ Dazu kommen meistens noch Milchpulver und Zucker, wobei, jetzt stellt er die Kakaomasse weg, „so haben wir weiße Schokolade.“ Für Vollmilch kommt die Kakaomasse wieder dazu, für Zartbitter schiebt er Milchpulver und Zucker weiter nach hinten. Je dunkler die Schokolade, desto gesünder, oder? Der 55-Jährige nickt. „Ich bin bekennender Triathlet“, sagt er. „Für meine Sommeliersprüfung habe ich deshalb die Wirkung von Schokolade auf Geist und Körper beim Ausdauersport untersucht.“ Das Ergebnis dürfte manche erfreuen.

Für die Tastings bringt Schokoladensommelier Michael Nieten immer seinen Schokoladenkoffer mit.
Für die Tastings bringt Schokoladensommelier Michael Nieten immer seinen Schokoladenkoffer mit. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Das steckt in der „Sport-Schoko-Fit-Praline“

Denn seine selbstentwickelte „Sport-Schoko-Fit“-Praline, bestehend aus Matcha, Avocado, Agavendicksaft, Zitrone und Acticoa, hat ähnliche Vorzüge wie ein handelsüblicher Sportriegel. „Nur im Sommer ist es schwierig, sie beim Laufen in der Tasche zu haben“, sagt er und lacht. Dann doch lieber gemütlich hinsetzen, denn nun beginnt auch schon das Tasting! Und los geht‘s direkt mit einer Neuheit. „Die vierte Generation“, wie er die „Ruby-Schokolade“ nennt, kommt in Rosa daher. „Die Farbe entsteht dadurch, dass die Fermentation der Kakaobohne gestoppt wurde.“ Deshalb schmeckt sie auch nicht etwa nach Erdbeere, sondern... „etwas säuerlich“, hilft der Experte aus und gibt gleich noch einen Tipp mit: „Schokolade nicht zerbeißen, sondern auf der Zunge zergehen lassen und gucken, was eigentlich im Mund passiert.“

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Schokolade kann so viele Aromen entfalten, wie Schokoladensommelier Michael Nieten erklärt.
Schokolade kann so viele Aromen entfalten, wie Schokoladensommelier Michael Nieten erklärt. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Also gut, dann her mit dem nächsten Stück, das dieses Mal von einer bekannten Marke stammt... Michael Nieten schließt die Augen. „Sehr süß, sehr vanillig“, sagt er. Und schon ist es weg! Er nickt und reicht gleich eine andere, hochwertigere Vollmilch herüber. Tatsächlich dauert es nun länger, bis sich das Stück verflüssigt. „Sehr milchig, mit einer leichten Nussnote, ein bisschen vanillig.“ Und keine Sorge, der 55-Jährige lacht, er musste auch lange trainieren, bis er die verschiedenen Aromen herausschmecken konnte. Bei der Schweizer Schokolade mit einem Kakaoanteil von 68 Prozent beispielsweise entdeckt er die schwarze Johannisbeere, „dazu würde gut ein leichter Rotwein passen“, sagt er. Während die Sorte 60 Stunden conchiert, also speziell gerührt wird und dadurch besonders zartschmelzend ist, gibt‘s aber auch eine Variante, die überhaupt nicht conchiert wurde.

Schokolade gehört in der Backstube von „Heicks & Teutenberg“ in Kleve einfach dazu! Michael Nieten taucht die Schweineöhrchen in die Schokolade ein.
Schokolade gehört in der Backstube von „Heicks & Teutenberg“ in Kleve einfach dazu! Michael Nieten taucht die Schweineöhrchen in die Schokolade ein. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

So schmeckt die „schwärzeste Schokolade“

Schokoladentastings in Kleve

Michael Nieten arbeitet seit 30 Jahren bei Heicks & Teutenberg in Kleve. Er ist gelernter Konditormeister und ausgebildeter Schokoladensommelier. Auf Anfrage bietet er auch Schokoladentastings an. E-Mail: info@heicks-teutenberg.de. Infos: www.heicks-teutenberg.de

Einen Tipp gibt der Experte noch mit: „Für eine Schokolade sollte man etwas mehr ausgeben.“ Denn: „Wenn eine Tafel 1,59 Euro kostet, kann sie nicht fairtrade und ohne Kinderarbeit gemacht worden sein.“ Deshalb am besten immer auf Siegel wie beispielsweise von Cocoa Horizons achten.

„Das ist total spannend“, sagt Michael Nieten, während er ein Stückchen probiert. Allein die raue Oberfläche, die einzelnen Zuckerkristalle und die samtige Kakaobutter... Noch nicht genug gehabt? Dann kommt jetzt eine wahre Geschmacksexplosion! „Das ist eine Belgische 80-Prozentige“, sagt er. Ui, da zieht sich aber alles im Mund zusammen! „Alles Gewöhnungssache“, erklärt er, „früher habe ich auch kein Zartbitter gegessen.“ Aber vielleicht ist ja die „Black Zabuye“ eher etwas? „Das ist eine Schweizer 83-Prozentige und man sagt, das ist die schwärzeste Schokolade.“ Das Stückchen vom Löffel nehmen, auf die Zunge legen und warten, warten, warten... „Am besten am Gaumen reiben, damit sie auf Temperatur kommt.“ Tatsächlich, auf einmal entfalten sich alle Aromen: das leicht Bittere, zugleich etwas Fruchtige... Wahnsinn!