Am Niederrhein. Nicole Bader bietet Kuschelpartys am Niederrhein an. Dabei treffen sich fremde Menschen, um sich ganz nah zu sein. Doch es gibt einige Regeln.

Kuscheln gehört zum Leben dazu, denn, das sagt Nicole Bader, „es ist ein Grundbedürfnis.“ Und doch gibt es immer mehr Menschen, die genau das kaum noch in ihrem Alltag erleben. Für sie organisiert die ausgebildete Kuscheltherapeutin „Conscious Cuddle Experience Kuschelreisen”, die auch unter dem Namen „Kuschelpartys“ bekannt sind. Die Idee dahinter: Fremde Menschen kommen in einem geschützten Raum zusammen, um sich ganz nah zu sein. Alles ohne sexuellen Hintergedanken, dafür mit vielen liebevollen Absichten.

Können Sie sich noch an Ihre erste Kuschelparty erinnern?

Ja (lächelt). Damals war ich in keiner Beziehung und auch während der Beziehung hatte es schon weniger Körperlichkeit gegeben. Ich habe deshalb eine Sehnsucht, ja sogar einen Mangel verspürt. Als ich dann von den Kuschelpartys gehört habe, wusste ich noch nicht, wohin die Reise gehen würde. Ich habe es einfach mal ausprobiert, weil ich neue Erfahrungen liebe! Und trotzdem war ich bei der ersten Kuschelparty sehr aufgeregt. Da saßen 20 Egos, die sich wahrscheinlich alle gedacht haben: Wo bin ich hier gelandet? Aber durch das wunderbare Regelwerk unseres Netzwerks „KuschelRaum Berlin“, bei dem ich dann auch meine Ausbildung gemacht habe, wusste ich, dass ich sicher bin. So konnte ich mich einfach trauen mitzumachen.

Kuscheln mit einer fremden Person ist nicht für alle sofort leicht, deshalb bietet Nicole Bader auch Einzelübungsstunden an.
Kuscheln mit einer fremden Person ist nicht für alle sofort leicht, deshalb bietet Nicole Bader auch Einzelübungsstunden an. © Jaqueline Louan

Was sind das für Regeln?

Regel Nummer eins ist: Es gibt keinen Kuschelzwang! Das ist ganz wichtig, weil man sich so das Ganze auch erstmal nur angucken kann, wenn man sich noch nicht danach fühlt. Außerdem ist es wichtig, dass man niemanden und nichts berührt, ohne vorher zu fragen. Manche wundern sich vielleicht, ob man so überhaupt in einen Flow kommt, wenn man immer fragen muss ‚Darf ich deinen Arm berühren? Darf ich dein Bein berühren?‘ Aber ich kann versprechen, dass das auf jeden Fall passiert. Die nächste Regel ist, dass ein Vielleicht immer ein Nein ist. Und alle sagen nur, was sie auch meinen: Übernimm Verantwortung für dich, dann ist für alle gesorgt! Außerdem bleiben die Klamotten immer an und es wird auch nicht unter den Pulli gefasst. Das sorgt weiter für Klarheit und Sicherheit. Wenn du Hilfe brauchst, frag die Leitung. Alle Gefühle sind willkommen. Und zuletzt darfst du gern über deine Erfahrungen erzählen, aber schütze dabei die Privatsphäre der anderen Teilnehmer.

Wie reagieren Menschen darauf, wenn Sie von Ihrer Arbeit erzählen?

Natürlich gibt es auch Menschen, die sagen: ‚Oh Gott, kuscheln mit fremden Leuten? Das könnte ich nie!‘ Das sind oft Leute, die in einer Partnerschaft sind und/oder Kinder, Enkelkinder, Haustiere haben, wodurch sie ein solches Bedürfnis nach Berührungen nicht verspüren. Meistens erhalte ich aber positive Reaktionen von Menschen, die eine Kuschelreise total spannend finden.

Nicole Bader (oben) bietet Kuschelpartys am Niederrhein an. Hier kuschelt sie selbst mit Agata und Tatjana.
Nicole Bader (oben) bietet Kuschelpartys am Niederrhein an. Hier kuschelt sie selbst mit Agata und Tatjana. © Jaqueline Louan

Und wer kommt dann tatsächlich zu Ihren Kuschelreisen?

Theoretisch jeder. Meist sind es Menschen, die sowieso schon Selbstfürsorge betreiben und wissen, dass es gut tut, ganz im eigenen Körper zu sein. Sie können so Nähe und Geborgenheit auftanken, um energetisiert in den Alltag zurückzukehren. Dann gibt es Leute, die das Ganze einfach nur genießen. Und zuletzt auch solche, die einen Mangel verspüren. Sie halte ich für besonders mutig!

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Sind es denn immer Alleinstehende, die zu Ihnen kommen?

Nein, es gibt auch Menschen, die in Übereinstimmung mit dem Partner kommen oder aber diejenigen, die sich gerade in einer Beziehungskrise befinden und denen die Nähe fehlt. Manche Paare kommen auch gemeinsam und schauen, was es mit ihnen macht, wenn der andere mit Fremden kuschelt. Es wird ja nichts genommen, im Gegenteil, es wird eher etwas in der Partnerschaft dazugewonnen.

Wie läuft denn überhaupt eine Kuschelreise ab?

Man meldet sich an und erhält dann eine Bestätigung mit Informationen. Am Tag selbst kommen alle erstmal an, ziehen sich vielleicht um, und wenn alle da sind, setzen wir uns in einen Kreis. Wir beginnen dann gleich mit einer Atemübung, um aus dem Kopf raus- und in den Körper reinzukommen. Danach gibt es eine Vorstellungsrunde, die Regeln werden vorgestellt und einige Übungen werden durchgeführt. Und dann beginnt auch schon die freie Kuschelzeit. Gut, manche flüchten dann erstmal auf die Toilette oder zum Tee (lacht), aber ich sehe wirklich selten Leute, die nicht irgendwann die Regeln für sich nutzen können, sondern nur darauf warten, bis etwas passiert. Sie sind vielleicht gut in 1:1-Sessions aufgehoben, die ich auch anbiete, damit sie erstmal üben können. Meistens aber können die Teilnehmer auch schon im Raum fragen, ob sie beispielsweise bei der Kuschelherde mitkuscheln können.

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Kuschelherde?

Ja! Ich liebe die Kuschelherde (lacht). Das ist quasi ein Haufen aus Menschen, die miteinander kuscheln.

Wieso funktioniert das Kuscheln mit Fremden überhaupt? Ist das nicht eigentlich etwas total Intimes?

Der Kopf sagt vielleicht: ‚Was soll das?‘ Aber der Körper liebt es, weil es wie ein Erinnern ist. Kuscheln ist ein natürlicher Zustand: Wir sind schon bei der Geburt einem anderen Menschen, der Mutter, ganz nah. Später wird das Kuscheln durch Sexualität ersetzt und das reicht auch erstmal. Aber irgendwann merkt man vielleicht, dass doch etwas fehlt. Nähe zu Fremden erlaubt man sich dann höchstens mal beim Yoga oder bei einer Massage, was aber natürlich viel distanzierter ist.

Kuschelpartys am Niederrhein

Nicole Bader ist ausgebildete Kuscheltherapeutin. Sie bietet in regelmäßigen Abständen verschiedene Kuschelpartys, die sie „Kuschelreisen“ nennt, im Guided Place (ehemalig Yoga‘s Love) an der Wiesenstraße in Düsseldorf sowie im Freeflow an der Neuhofstraße in Mönchengladbach an. 

Die Kosten liegen bei 25 Euro, ermäßigt 20 Euro. Interessierte können sich bei ihr anmelden unter 0151/54690111 oder per E-Mail an nicole@kuschelraum.de. Zwei Tickets für eine Kuschelreise am Samstag, 26. Oktober, in Mönchengladbach verlosen wir. Das Gewinnspiel ist bis Freitag, 27. September, freigeschaltet auf www.nrz.de/kuschelreise

Außerdem bietet Nicole Bader auch eine „echte“ Kuschelreise an – und zwar im Oktober nach Sardinien. Weitere Informationen zu den Kuschelveranstaltungen und die jeweiligen Termine sind online zu finden auf: https://kuschelraum.de/kuschelparty-nrw/ sowie https://kuschelraum.de/kuscheltherapie-nrw-nicole/

Gibt es auch Situationen, in denen sich Menschen schon mal unwohl fühlen?

Es gibt schon mal Männer, denen nicht klar war, dass es ein sexfreier Raum ist, und die unsere Regeln nicht annehmen konnten. Ich kann natürlich auch nicht überall meine Augen haben, deshalb ist es wichtig, dass die Teilnehmer für sich selbst Verantwortung übernehmen und mich dann gegebenenfalls um Hilfe bitten. Klar kann es auch mal passieren, dass jemand erregt wird. Das ist kein Tabu-Thema. Dann ist es aber wichtig, aus der sexuellen Erregung raus- und in die Kuschelenergie wieder reinzugehen.

Die nächste Kuschelreise steht schon wieder an... Freuen Sie sich schon?

Auf jeden Fall! Tatsächlich ist es so, als ob es meine Berufung wäre, solche Räume anzubieten. Und es ist jedes Mal sehr aufregend, wenn so viele Menschen zusammenkommen und sich gemeinsam auf eine Kuschelreise begeben.