An Rein und Ruhr. Der Internationale Gerichtshof erklärt Israels Vorgehen in den palästinensischen Gebieten für völkerrechtswidrig. Warum jetzt eine offene Debatte nötig ist.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat am Freitag, 19. Juli, entschieden, dass Israel mit seinem Vorgehen in den Palästinensergebieten gegen das Völkerrecht verstößt. Die israelische Besetzung der palästinensischen Gebiete sei illegal, urteilte das höchste UN-Gericht. Auch die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten verstößt gegen das Völkerrecht.
Damit stellt der IGH fest, dass Israel ein völkerrechtliches Delikt begeht und daher alles tun muss, um den völkerrechtswidrigen Zustand zu beenden. In diesem Zusammenhang fordert der IGH, dass sich Israel „so bald wie möglich“ aus den besetzten palästinensischen Gebieten zurückzieht.
Seit Jahren versuchen internationale, israelische und palästinensische Menschenrechtsorganisationen, diese Situation zu beschreiben. Doch diese Forderungen wurden von vielen Staaten ignoriert. Auch in Deutschland wurde das Thema tabuisiert und die Schilderung der Situation durch zum Beispiel Human Rights Watch und Amnesty International als „antisemitisches Narrativ“ abgetan.
Die Debatte über den Nahostkonflikt braucht Regeln
Nun hat das höchste Gericht der Welt mit seinem historischen Gutachten die Situation vor Ort in aller Deutlichkeit beschrieben. Und damit den Vorwurf des Antisemitismus zurückgewiesen. Deshalb ist diese Entscheidung historisch und muss von allen Beteiligten genutzt werden, um endlich eine Lösung für diesen Konflikt zu finden - von Israel, der Palästinensischen Autonomiebehörde und auch von Deutschland. Es könnte eine Chance sein, die Zwei-Staaten-Lösung wirklich umzusetzen. Dazu bedarf es neben dem Willen auch entsprechender politischer Maßnahmen und einer offenen Debatte darüber.
Allerdings braucht die Debatte über den Nahostkonflikt Regeln. Beide Seiten müssen Mitgefühl füreinander zeigen, statt sich ständig gegenseitig zu beleidigen. Und dabei den Dialog nicht verschließen, sondern offenhalten. Denn nicht jede Kritik an der Politik Israels ist antisemitisch und nicht jede Kritik an den Palästinensern ist rassistisch.
Ob auf deutschen Straßen, im TV oder in den beiden betroffenen Gebieten, ist es die Zeit, in der beide Seiten verstehen, dass Hass und Wut nicht weiterhelfen. Deshalb könnte diese offene Debatte mit diesen Regeln den Friedensprozess voranbringen, der Israelis und Palästinensern ein friedliches Zusammenleben ermöglicht.