An Rhein und Ruhr. Mit nur 2,7 Prozent fuhr die Linke bei der Europawahl das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. So ist die Stimmung an der Partei-Basis.

Nach Wunden-Lecken und Scheidungskrieg kommt der Neuanfang: Die Linke hatte mit nur 2,7 Prozent ihr schlechtestes Europawahlergebnis geholt und muss im kommenden Jahr um Mandate in Bundestag und kommunalen Gremien bangen. Währenddessen reitet die abgespaltene Partei der Ex-Linken Sahra Wagenknecht auf einer kleinen Erfolgswelle. Wie es bei der Linken jetzt weitergeht und wie die Stimmung unter den Mitgliedern in NRW ist.

Linke NRW will mehr Fokus auf Sozialpolitik legen

Mit dem Wahlergebnis sei man nicht zufrieden, habe aber auch nichts Großes erwartet, erklärt Sascha H. Wagner, Landessprecher der Linken NRW. „Die Werte in den Umfragen waren schon vorher gedämpft . Die Partei befindet sich in keiner guten Situation nach dieser destruktiven Abspaltung des BSW“, sagt er, versichert aber: „Wir liegen aber nicht niedergeschlagen am Boden, sondern bereiten uns auf die Bundestags- und Kommunalwahlen im kommenden Jahr vor.“

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Da wolle man die Mandate, die die Linke in NRW aktuell hält, verteidigen. Die Partei ist in mehreren Stadt- und Gemeinderäten, sowie Kreistagen vertreten. „Es wird aber auch weitere Konsequenzen geben“, kündigt Wagner an, der für die Linke auch im Weseler Kreistag sitzt und den Kreisverband anführt. „Auf Bundesebene wird es eine inhaltliche Aufarbeitung geben. Wir werden die Sozialpolitik wieder stärker in den Fokus der Arbeit nehmen. Es wird auch einige personelle Erneuerungen und eine Reorganisation in den Strukturen geben.“

Die Botschaft des Wahlergebnisses sei klar: „Wir müssen uns weniger mit uns selbst beschäftigen“, sagt Wagner. Stattdessen müsse die Partei wieder mit Inhalten in Erscheinung treten. Grund zur Hoffnung geben ihm indes jüngste Eintritte in die Partei: „Wir verzeichnen seit der Europawahl viele neue Eintritte in die Partei. Allein 250 in NRW“, sagt er. Im Kreis Wesel werde man die Neumitglieder bald auf einem Treffen begrüßen.

Bezirksvertreter: Gedrückte, aber kämpferische Stimmung an der Basis

Auch Michael M. C. Driesch, Bezirksvertreter im Düsseldorfer Stadtbezirk 3 zeigt sich kämpferisch. „Das Ergebnis ist nicht nur nicht hinnehmbar, es ist desaströs. Das lässt einen schon verzweifeln, dass man sich fragt, wie es denn überhaupt noch weitergehen kann. Dennoch darf man nicht aus den Augen verlieren, dass wir gute Inhalte vertreten und versuchen, die sozialen Schwerpunkte in den Vordergrund zu rücken. Wir werden uns deswegen nicht entmutigen lassen, sondern die politische Arbeit fortführen“, betont er. Die Partei müsse sich in der Kommunikation verbessern und sozialen Themen „deutlich mehr Ausdruck verleihen.“

Ob das reicht, um im kommenden Jahr keine weiteren Wahlverluste hinnehmen zu müssen, sei nicht vorhersehbar, meint er. „Denn eigentlich stellen wir soziale Themen schon die ganze Zeit in den Vordergrund. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass linke Themen in den letzten Jahren medial weniger repräsentiert wurden“, bemängelt er. „Es gab viele Narrative der AfD, die bedient wurden. Daher waren soziale Themen weniger Schwerpunkt.“

Einerseits sei man seit Jahren etwas geknickt, „dass wir so wenig Gehör finden“, beschreibt Driesch die Stimmung an der Parteibasis. „Andererseits verlieren wir nicht den Mut und die Hoffnung. Wir bleiben am Ball, verlieren nicht den Fokus und lassen uns nicht davon abbringen, weiterhin für soziale Gerechtigkeit einzustehen.“

Auf dem Landesparteitag soll der Kurs korrigiert werden

Auch Ulrich Kuklinski, Mitglied im Weseler Stadtrat, stellt klar: „Die Partei muss sich jetzt wiederfinden. Auf dem NRW-Landesparteitag in Dortmund am kommenden Sonntag werden dafür die Weichen gestellt und dann wird es weitergehen.“ Und Heike Kretschmer, Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Essener Stadtrat kündigt an, dass man das Ergebnis aufarbeiten werde. Man habe sich bereits auf einem Kreisparteitag Gedanken gemacht und werde das auf Landesebene fortsetzen.

„Es wäre wichtig gewesen, mit einer stärkeren linken Stimme in Europa vertreten zu sein“, sagt sie. „Denn das eigentliche Ziel der EU, einen gleichen Lebensstandard zu schaffen, scheint verloren zu gehen.“ Auch unter den Mitgliedern sei klar, dass es zwingend notwendig ist, klare Antworten auf die Lage der Partei zu finden, berichtet sie. „An den Wahlkampfständen habe ich gemerkt, wie unterschiedlich die Menschen uns wahrnehmen. Ich denke, dass es klarer werden muss, wofür wir stehen.“