An Rhein und Ruhr.. Das Antikohle-Bündnis wolle die Gesellschaftsordnung attackieren. BUND warnt vor Kriminalisierung der Klimabewegung.

Es ist ein Schritt, der für Unmut in der Klimaschützer-Szene sorgt: Der Landesverfassungsschutz hat das Antikohle-Bündnis „Ende Gelände“ als linksextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hält das für einen möglichen Versuch, die Klimabewegung zu kriminalisieren und zu spalten.

„Ende Gelände“ ist ein Bündnis, das in den vergangenen Jahren in NRW vor allem durch Aktionen im Rheinischen Braunkohlerevier wie Massenblockaden oder Besetzungen von Baggern für Aufmerksamkeit gesorgt hat, etwa bei der Räumung des Hambacher Waldes im Jahr 2018 oder des Dorfes Lützerath im Jahr 2022. Zuletzt hatten Aktivisten von „Ende Gelände“ im April das Steinkohlekraftwerk Scholven in Gelsenkirchen blockiert.

Schon seit mehreren Jahren stufen die Verfassungsschützer das Bündnis als „linksextremistisch beeinflusst“ ein, jetzt gilt es für Bundes- und Landesverfassungsschutz als Verdachtsfall und kann mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden.

Verfassungsschutz: Als linksextremer Akteur etabliert

Das Bündnis habe sich „zunehmend als Kooperationspartner für Angehörige des autonomen und dogmatischen Linksextremismus und eigenständiger linksextremistischer Akteur etabliert“, so eine Sprecherin des Landesinnenministeriums. Die von dem Bündnis angestrebten Veränderungen seien nicht auf den Klimaschutz beschränkt, sondern beträfen die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung.

„Ende Gelände“ kritisiert die Einstufung: Sie sei „absurd und das neueste Beispiel einer zunehmenden Kriminalisierung der Klimabewegung“, teilt Sprecherin Jule Fink mit. „Ende Gelände“ verteidige die Verfassung, indem man sich für den „Erhalt unser aller Lebensgrundlagen“ einsetze. 

BUND: „Der Staat schießt über das Ziel hinaus“

Auch beim BUND ist man irritiert: „Ich hatte nie den Eindruck, dass es deren Ziel ist, die Demokratie abzuschaffen“, sagt Dirk Jansen, Geschäftsleiter beim Landesverband. „Der Staat schießt hier über das Ziel hinaus.“ Sollte die Einstufung den Effekt haben, friedlichen Protest zu kriminalisieren, werde das die Demokratie schwächen, warnt Jansen. 

Die Grünen, früher der politische Arm der Klimabewegung, jetzt aber in der Landesregierung und von Teilen der Klimabewegung wegen des Abrisses von Lützerath und des Kohlekompromisses scharf kritisiert, signalisieren Verständnis für die Entscheidung.

„Gewalt ist kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung und es ist besorgniserregend, dass Teile der Klimaschutzbewegung dennoch zu Straf- und Gewalttaten greifen“, so Dorothea Deppermann, Sprecherin für Verfassungsschutz und Demokratie der Grünen-Landtagsfraktion. Auch sie warnt: „Keinesfalls darf aber die Klimaschutzbewegung insgesamt kriminalisiert oder als verfassungsfeindlich dargestellt werden.“

Die Grüne Jugend, die mit „Ende Gelände“ kooperiert, wollte sich auf NRZ-Anfrage nicht äußern.

Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) verteidigt die Entscheidung des Verfassungsschutzes. Die Behörde habe genug Hinweise, um „Ende Gelände“ als Verdachtsfall einzustufen, so Reul gegenüber der NRZ. „Wer im Namen des Klimaschutzes eine verfassungsfeindliche Agenda verfolgt, ist kein Demokrat und damit gefährlich.“ Klimaschutz bleibe eine „zentrale Aufgabe unserer Zeit“, betont Reul. „Er darf aber niemals als Deckmantel für Extremismus dienen.“

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