An Rhein und Ruhr. In NRW gibt es über 2000 ökologische Betriebe. Der Hof von Ludwig Eickmanns in Kerken ist einer davon. Dabei war das so nicht geplant.
Ludwig Eickmanns steht auf seinem Feld bei Kerken und begutachtet die Erde. „An den Löchern sieht man, wo die Regenwürmer gegraben haben“, sagt er. Dass die Tiere wieder im Boden seiner Felder leben, freut ihn. Wichtig, da sie den Boden auflockern, organische Stoffe verwerten und die Erde mit Nährstoffen anreichern. Jahrelang hat er keine Regenwürmer gefunden, da er massiv mit Pestiziden arbeite. Jetzt sind die Würmer zurück, weil er auf biologische Landwirtschaft umgestellt hat. Mittlerweile, so das Statistische Landesamt NRW, gibt es mehr als 2000 Bio-Betriebe.
Gemüsebauer will keine Pflanzenschutzmittel mehr
Der Gemüsehof von Ludwig Eickmanns und seiner Frau Marlene ist einer davon. Ein frischer Porree-Geruch liegt in der Luft, im Nebengebäude waschen Mitarbeiter das geerntete Gemüse. Weiter hinten rostet unter einem Vordach die alte Feldspritze, mit der Eickmanns Pestizide ausbrachte. Verkaufen will er sie nicht. Sie steht dort als Mahnmal an Zeiten, die er hinter sich gelassen hat.
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„Es ist wie mit dem Rauchen“, sagt er. „Wenn man aufhören will und keine Zigaretten da hat, holt man sich doch wieder welche. Nur wenn sie da sind, verzichtet man.“ Diese Philosophie funktioniert offenbar. Seit mehr als 20 Jahren liegt eine ungeöffnete Zigarettenschachtel im Schrank. Ungenutzt, wie die Feldspritze unter ihrem Vordach.
Dass er Bio-Bauer wurde, war nicht geplant, erzählt Eickmanns. „Ich wollte einfach nicht mehr spritzen.“ Dabei habe er lange viele und vor allem starke Pflanzenschutzmittel eingesetzt. „Ich war einer der Schlimmsten. Ich habe mit anderen Anbauern Ausnahmegenehmigungen für besonders starke Mittel durchgesetzt“, berichtet der Landwirt. „Mein Vater hat schon gespritzt und alle anderen auch. Man kannte es nicht anders.“
Hunderttausende tote Regenwürmer
Er habe er sich dabei nichts gedacht, bis zu einem einschneidenden Erlebnis im Jahr 2007: Auf einem vorübergehend brachliegenden Feld hatten sich wieder Regenwürmer angesiedelt. Als er beim ersten Porreeanbau nach der Brache, wieder Pestizide spritzte, regnete es kurz darauf. „Später lagen Berge an toten Regenwürmern auf dem Feld“, erinnert er sich noch 17 Jahre später. 70 tote Würme pro Quadratmeter, schätzt er.
Über 700.000 müssen es auf dem mehr als einen Hektar Ackerland gewesen sein. „Das war das Schlüsselerlebnis. Ich wollte einfach nicht mehr spritzen“, betont er. Der Wandel zum Bio-Bauern kam später: „ich habe mich mit dem Thema stärker befasst und bin mehr oder weniger reingerutscht.“
Öko-Modellregion Niederrhein
Der Hof der Eickmanns ist einer von aktuell 2020 Öko-Betrieben in NRW. Mit 91.000 Hektar Fläche erreichte ihre Zahl laut Statistischem Landesamt einen neuen Höchststand. Im Vergleich zu 2010 habe sich die Fläche um 71,4 Prozent ausgeweitet. Von der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in NRW werden 6,1 Prozent ökologisch bewirtschaftet, 2010 waren es 3,6 Prozent.
Am Ausbau beteiligt sind auch die Kreise Kleve und Wesel. Hier gibt es Projekte, die vom Land gefördert werden: Der Niederrhein ist seit März 2022 eine von fünf Öko-Modellregionen (ÖMR) in NRW. Als eine von fünf ÖMR in NRW bezuschusst das Land NRW die Projekte zu 80 Prozent mit 240.000 Euro für vorerst drei Jahre. Auch Betriebe in der Umstellung werden unterstützt.
Nach Angaben des Kreis Wesel gibt es in der ÖMR Niederrhein aktuell 81 Bio-Betriebe, die gefördert werden. Wie viele umgestellte Betriebe es tatsächlich gibt, könne nicht gesagt werden, da nicht jeder Landwirt Förderungen beantrage.
Hinsichtlich der Fläche scheint die Einführung der ÖMR bislang wenig Auswirkungen zu haben. 2021 sind nach offiziellen Zahlen 3532 Hektar ökologisch bewirtschaftet worden. 2022, im Jahr der Gründung der ÖMR, 3709. In 2023 stieg die Zahl leicht auf 3784 Hektar – 3,1 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.
Gemüse war in der Umstellung nur schwer zu verkaufen
Ludwig Eickmanns ist von seinem Berater gewarnt worden, er solle langsam umstellen, erzählt er weiter. „Aber ich wollte sofort umstellen.“ Während dieser Zeit habe ihm niemand seine Ware als konventionelles Produkt abgenommen, weil sie nicht gespritzt war, wie er erklärt. „Das war eine tränenreiche Zeit. Wir hatten rote Zahlen und die Bank wurde ungeduldig. Ich hatte nicht gedacht, dass es so hart wird.“
Denn in der dreijährigen Übergangszeit von konventioneller zu ökologischer Landwirtschaft im Gemüseanbau gibt es nur die Möglichkeit, die Ware zu kennzeichnen als „hergestellt im Rahmen der Umstellung auf biologische Landwirtschaft“. „Aber da sagte mir ein Händler, dass die Leute nicht wissen, was das bedeutet.“ Doch auch nach den drei Jahren lief es nicht reibungslos. „Es hat lange gedauert, insgesamt fast fünf Jahre, bis wir nennenswerte Mengen an Bio-Produkten verkaufen konnten“, so Eickmanns.
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Landwirten, die umstellen wollen, empfiehlt er, alles durchzurechnen. „Ich würde jedem dazu raten. Aber man sollte nicht zu Bio wechseln und auf höhere Preise für die Ware hoffen, wenn man konventionell nicht mehr klarkommt. Der Betrieb muss die lange Durststrecke aushalten können.“
Pflanzen sind ohne Pestizide robuster
Heute gehört ein naher Supermarkt zu Eickmanns Kunden. Sein Betrieb produziert im Jahr rund 500 Tonnen Bio-Porree, dazu kommen Brokkoli, Blumenkohl und weiteres Gemüse. Mittlerweile lohne sich die Öko-Landwirtschaft. „Nur die Mengen, die abgenommen werden, sind nicht hoch“, räumt er ein. „Der Markt für Bio ist nicht so groß, wie es immer heißt. Es ist nicht so, dass man nur umstellen muss und dann wird einem alles problemlos abgekauft.“
Als Landwirt musste seine Arbeitsweise ändern, erklärt Eickmanns: Er müsse jetzt die Pflanzen und das Wetter mehr beobachten als vorher. Der Boden sei reich an Regenwürmern, und nur ab und zu müsse er mit Stickstoff düngen. „Auch die Blätter der Pflanzen sind dicker, wenn nicht gespritzt wird“, meint der Landwirt. „Dadurch sind sie robuster gegen Schädlinge.“
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Anbauverband statt EU-Bio
Die hat er meist im Griff, sagt er, dank der Nützlinge, die sich wieder angesiedelt haben. Nur im Spätsommer gebe es eine kurze Phase, wo Schädlinge stärker auftreten. „Aber im Großen und Ganzen, kommt man ohne Pflanzenschutzmittel klar. Genau wie meine Vorfahren. Die haben ja praktisch auch Bio gemacht.“
Eickmanns ist Mitglied im Anbauverband „Bioland“. „Die Verbände haben bessere Bedingungen geschaffen, als es sie vor 40 Jahren gab. Wenn ich davon profitiere, gehe ich auch zu einem Verband.“ Dabei wäre es einfacher gewesen, auf EU-Bio umzustellen, meint er. „Da dürfte man sogar parallel ökologisch und konventionell arbeiten. Aber ich wollte ja nicht mehr spritzen.“
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