Moers. Molly und Slim sind montags im Bethanien Krankenhaus in Moers unterwegs. Als Klinikclowns haben sie eine Mission: Kinder zum Lachen zu bringen.
Es ist Montag, 9.45 Uhr. Melanie Mohring und Dave Luza treffen sich am Bethanien Krankenhaus, so wie jede Woche, um gemeinsam hineinzugehen, bestens gelaunt und voll bepackt. Doch es wird nicht lange dauern, gerade mal 15 Minuten, dann werden die beiden eher unscheinbar gekleideten Menschen verschwunden sein und statt ihnen werden zwei Klinikclowns im kunterbunten Kostümen über die Gänge der Kinderstation flanieren. Wie das geht? Nun ja… „Ihr könnt ruhig mitkommen“, sagt Melanie Mohring, während Dave Luza schon mal die Tür zur Umkleide aufschließt. Hier, zwischen Spinden und Bänken, kommt es gleich zum ersten Zaubertrick des Tages.
Während Melanie Mohring ihr schwarzes Kleid gegen eine geblümte Bluse und rote Schürze tauscht, kommt sie schnell ins Plaudern – über ihre langjährige Arbeit als Krankenschwester, über ihre sechs Kinder. Und natürlich über Clowns, „die fand ich früher überhaupt nicht gut.“ Mit der Meinung ist sie wahrscheinlich nicht alleine, „man denkt doch sofort an die blöden Clowns im Zirkus, die betrunkenen beim Karneval oder die gruseligen in Horrorfilmen.“ Und vielleicht hätte sich das bei ihr auch nie geändert, wenn sie nicht als „gute Helfer-Mutti“ beim Mitmachzirkus dabei gewesen und ausgerechnet zu den Clowns geschickt worden wäre. „Die Frau dort hat mich geflasht.“
Casting bei der Clownsvisite
Von wegen, Clowns sind völlig überschminkt und stellen nur Beinchen! „Was sich mit Gestik und Mimik alles anstellen lässt, das hat mich beeindruckt“, erzählt Melanie Mohring. „Danach war klar: Ich will Clown werden.“ Aber wie? An einer Clownschule, tatsächlich, das gibt’s. Und nach dreieinhalb Jahren hing sie gleich noch die Ausbildung zum Klinikclown dran. „Denn man arbeitet ja mit Kindern, da muss man sensibel sein.“ So, nun muss sie aber wirklich noch schnell ins Bad, um sich zu schminken. Nein, das Gesicht wird nicht weiß und der Mund nicht riesig, dafür aber malt sie sich lustige Kringel über die Augenbrauen.
Währenddessen streift sich Dave Luza die Ringelsocken über, zieht die Blümchenhose hoch und setzt sich den schwarzen Melonenhut auf. Wann er zum Clown wurde? „In der Coronazeit, als alle Theater zugemacht haben.“ Der Improvisationskomiker sah sich nach anderen Jobs um, stieß auf die Arbeit des Klinikclowns und versuchte sein Glück einfach mal beim Casting des Vereins Clownsvisite e.V. – bei dem er überzeugen konnte. Seitdem ist er dabei, besucht täglich andere Krankenhäuser und Hospize. Kranke Kinder zu sehen, das ist belastend, klar, „gerade, wenn man auf der Dialysestation ist und ein Mädchen nach zwei Jahren wieder da ist“, erinnert er sich, „da weiß man, scheiße, jetzt ist es wieder zurück.“
Rote Nasen und verrückte Energie
Einmal hat er mitbekommen, dass ein Mädchen sterben würde. „Und das letzte Mal, dass wir sie gesehen haben, haben wir es extra schön gemacht“, erinnert sich Dave Luza. Das ist das Tolle an ihrem Job – dass sie für einen kurzen Moment der Unbeschwertheit und des Lachens sorgen können. „Hier in Moers sind es aber zum Glück nicht so bedrohliche Fälle“, ergänzt Melanie Mohring, die gerade aus dem Bad kommt. Bei ihr fehlen nur noch die gelben Blumen, die sie nun schnell am Kragen befestigt. Fertig! Na gut, fast. „Jetzt müssen wir uns die Clowns-Energie geben“, erklärt sie. Was das ist, zeigen sie am besten direkt mal. Vorsichtig setzen sie sich die roten Nasen auf… und dann ist es soweit: „Hallo, wir sind Molly und Slim!“
Die verrückte Energie schwappt fast über, sodass die beiden es kaum länger in der Umkleide aushalten… und so stürmen sie raus auf den Gang. Schnell beim Pflegepersonal nachgefragt, in welche Zimmer sie dürfen, dann klopfen sie auch schon an die Nummer 13. Dort liegen Leila und Lilia, die zunächst etwas skeptisch schauen. Aber davon lassen sich die Klinikclowns nicht abschrecken. „Jugendliche sind meine besondere Leidenschaft“, hat Molly vorhin noch verraten, „selbst wenn die Krankenschwestern sagen, die haben keinen Bock, können wir sie manchmal überrumpeln.“ Wobei, das ist ihr wichtig zu betonen: „Sie dürfen uns jederzeit rausschmeißen.“ Machen Leila und Lilia aber zum Glück nicht.
Lachen auch ohne Worte
Und so dreht Molly bei ihnen im Zimmer erstmal eine Pirouette, während Slim auf der Ukulele klimpert. „Kannst du noch schneller?“, fragt er. „Nee...“ Tja, dann muss er wohl nun überzeugen, am besten mit einem Zaubertrick. Den Ball in seiner Hand lässt er gleich verschwinden! Und tatsächlich, spätestens jetzt können die beiden Mädchen nicht mehr wegschauen… und nicht mehr aufhören zu grinsen, als er ihnen den Trick erklärt. „Damit ihr ihn anderen beibringen könnt.“ Nach zehn Minuten singen die beiden Klinikclowns lautstark „tschüss“ und „hoffen, euch hier nicht wiederzusehen“. Dann geht’s direkt ein Zimmer weiter, zu Ajan, für den Molly einen kleinen Plüschhund hineingeschmuggelt hat…
„Wir improvisieren in jedem Zimmer“, hat Slim vorher noch verraten. „Wir passen uns jedes Mal an und fühlen, was gebraucht wird.“ Das ist nicht immer leicht, aber die beiden sind längst Profis und merken schnell, wenn beispielsweise das ukrainische Kleinkind kein Deutsch versteht. Dann kommt eben eine Dose voller Sticker zum Einsatz, „Paw Patrol geht immer“, und natürlich eine große Portion gute Laune, die auch ganz ohne Worte funktioniert. Und bei Leon, der mit seinem BVB-Trikot im Bett liegt, verwandeln sie sich in die unterschiedlichsten Tiere – bis er selbst aufspringt, laut wie ein Löwe brüllt und danach schallend lacht. Dann müssen die Klinikclowns langsam weiter ins nächste Zimmer, um dem nächsten Kind ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Denn das sind wirklich die allerbesten Tricks!
>>> Weltkindertag am 20. September
Heute, am 20. September, ist Weltkindertag! Ein guter Anlass, gerade auch auf Kinder zu schauen, denen es nicht so gut geht. Um ihnen den Krankenhausaufenthalt ein wenig zu erleichtern, sie etwas von ihren Ängsten und Schmerzen abzulenken, kommen Klinikclowns auf ihre Zimmer.
Der Einsatz von Klinikclowns hat sich in ganz Deutschland seit Jahrzehnten bewährt. Immer wieder gelingt es ihnen mit ihrem improvisierten Spiel und großem Einfühlungsvermögen für lustige und fantasievolle Momente zu sorgen.
Im Dachverband Clowns in Medizin und Pflege Deutschland e.V. sind 19 regional tätige Klinikclowns-Vereine zusammengeschlossen – darunter auch Clownsvisite e.V. in NRW –, die ihre Clowns regelmäßig in über 100 Kinderkrankenhäuser von Rostock bis Garmisch-Partenkirchen schicken.
Damit das auch zukünftig möglich ist und möglichst immer mehr kranke Kinder davon profitieren können, sind die Klinikclowns auf Spenden angewiesen. Ausführliche Infos und Unterstützungsmöglichkeiten sind zu finden unter www.dachverband-clowns.de