Duisburg. Früher die Musik der arbeitenden Männern auf See, heute eine spannende Erinnerung an alte Zeiten: Die Shanty-Musik, zu hören in Duisburg.
Früher wurden sie von Seemännern gesungen, um die harte, körperliche Arbeit auf dem Schiff zu erleichtern. Heute erfüllen die Shanty-Lieder für die Mitglieder eines Duisburger-Vereins einen anderen Zweck: Die Seemannsmusik ist Freizeitgestaltung, macht einfach Freude und sorgt für Gemeinschaftsgefühl, sagt Karl Blagi vom Shanty-Chor Duisburg. „Für viele gehört der Chor zum sozialen Netz in unserer immer mehr technisierten Welt“, sagt er. Der größte Teil der Mitglieder sei außerdem mit Gesang und dem Musizieren groß geworden.
Erinnerung an alte Zeiten
Auch wenn Karl Blagi früher mit seinem Bruder segeln war, wurde gesungen. Mal „La Paloma“, mal „Heute an Bord, morgen geht’s fort“. Dass er auch mit 70 Jahren noch diese Lieder anstimmen wird, dieses Mal aber in Gesellschaft vieler anderer Sänger und Musiker und vor Publikum – das hätte er damals nicht gedacht. Heute gehören die wöchentlichen Proben und zahlreichen Auftritte zu seinem Alltag im Chor. Doch wie viele ältere Vereine, hatte auch der Shanty-Chor Duisburg 1983 mit Mitgliedermangel zu kämpfen.
Einem anderen Shanty-Chor in der Stadt, dem der Wasserschutzpolizei (WSP), ging es ähnlich und er drohte, sich aufzulösen. Ein Glück, dass die beiden Vereine außer ihrer Liebe zur Seemannsmusik noch etwas gemeinsam hatten: den Chorleiter. Dieser kam schließlich auf die Idee, beide Vereine zusammenzulegen, damit alle Mitglieder weiterhin ihrer Leidenschaft nachgehen konnten.
Aus zwei Chören wird einer
„Die Verschmelzung war kompliziert, wir mussten immer wieder neu anfangen“, erinnert sich Blagi. Das lag vor allem an der Coronazeit und an dem bürokratischen Aufwand. Doch nun warten die inzwischen gut integrierten Mitglieder nur noch darauf, dass der neugegründete Shantys Chor Duisburg WSP NRW vom Amtsgericht als eigener Verein eingetragen wird.
Inzwischen gibt es rund 28 aktive Mitglieder, darunter neben den Sängern auch Gitarristen und Teilnehmer, die Akkordeon oder Mundharmonika spielen. Und wenn die Männer (und eine Frau am Akkordeon) in ihren gestreiften Seemannshemden auftreten, ein rotes Tuch um den Hals gebunden und eine schwarze Seemannskappe auf dem Kopf, dann kommt echte Stimmung auf. Dann wird laut „Ahoi, Kamerad, Ahoi“ angestimmt oder auch mal leise mitgesummt, während ein Mitglied an der Mundharmonika ein Solo spielt. Die Nachfrage spricht für sich: Rund 35 bis 40 mal im Jahr singt der Verein auf verschiedenen Events – mal in Senioreneinrichtungen, mal auf Stadtfesten. „Wir haben auch vor Kurzem in einem Krankenhaus einen Chefarzt musikalisch verabschiedet“, erinnert sich Blagi. Laut dem Vorsitzenden, muss der Verein sogar Auftritte auch mal aufgrund der hohen Nachfrage absagen.
Eine feste Truppe
Trotzdem oder gerade deswegen werden neue Mitglieder immer wieder gesucht. „Je mehr wir im Chor sind, desto besser“, ist sich Blagi sicher. Singen dürfen im Shanty-Chor bisher nur Männer. Schließlich lägen die Ursprünge des Shanty-Gesangs auch bei den Seemännern, so Blagi. Aktuell ist die Altersspanne bei den Mitgliedern groß: Das Jüngste ist 49, das Älteste 88. „Wir brauchen keine Leute, die in Verona gesungen haben“, scherzt der 70-Jährige. Der Verein brauche stattdessen Leute, die Spaß am gemeinsamen Singen und an der Seemannsmusik haben. Besonders willkommen sind Menschen, die, wie er damals, nicht wissen, was sie nach ihrer Pensionierung tun wollen.
Das ist bei Blagi zehn Jahre her. „Du hast so eine schöne Stimme, geh doch zum Chor“, waren die Worte seiner Frau. Dann führte eins zum anderen. Heute ist Blagi schon seit zehn Jahren aktives Mitglied im Shanty-Chor Duisburg, und inzwischen auch neuer Vorsitzender des neu gegründeten Zusammenschlusses.
Und ans Aufhören ist nicht zu denken. Denn der Chor habe sich für ihn zu einer festen Clique mit vielen wertvollen Freundschaften entwickelt. „Vor einigen Wochen sagte die Ehefrau eines kranken Sängers zu mir: ‘Ihr sorgt dafür, dass mein Mann am Leben bleiben will. Er weiß, dass ihr ihn braucht’“, erinnert sich der Sänger. Und wo sonst hätte Karl Blagi die Möglichkeit, seine Lieblingszeilen mit einem Chor und vor Publikum zu singen? „Nimm uns mit, Kapitän, auf die Reise! Nimm uns mit in die weite, weite Welt!“.
>>> Verein sucht neue Mitglieder
Der Shanty-Chor trifft sich dienstags um 16.30 Uhr im Gemeindesaal St. Elisabeth an der Duissernstraße 22 in Duisburg. Einfach vorher beim Verein melden oder vorbeikommen.
Live zu erleben ist der Chor wieder am Samstag, 9. September, 16 bis 17.30 Uhr, im AWO Willy-Brandt-Haus, Elisabeth-Selbert-Straße 30 in Moers. Motto: „An der Nordseeküste“.
Infos: www.shantychor-duisburg.com und bei Karl Blagi, erreichbar über 0173/8685308 oder unter 02841/769225.