Bad Neuenahr-Ahrweiler. Drei Monate nach der Flut im Ahrtal stehen die Bürger vor neuen Problemen: Heizungen sind kaputt. Wie man sich dort auf den Winter vorbereitet.
Das Summen der Trocknungsgeräte erfüllt das ganze Haus, laut und penetrant. Die Luft im Raum ist trocken, fast stickig. Andreas Faßbender zuckt mit den Schultern: „Man gewöhnt sich an diese Atmosphäre hier.“ Seit knapp drei Wochen ist er, gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Kindern, zurück in seinem Haus in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Die ersten zwei Monate nach der Flutkatastrophe haben sie in einem anderen Haus wohnen können, „weiter oben auf dem Berg“, dort, wo die Wassermassen nicht all zu viel Schaden anrichten konnten. „Wir hatten einfach Glück, dass uns jemand diese Unterkunft überlassen hat. Der Besitzer selbst ist beruflich bedingt mehr in München als hier“, sagt Faßbender.
Flut zerstörte komplettes Untergeschoss der Familie
Ein schönes Haus sei es gewesen, man könne sich über die Unterkunft nicht beschweren. „Jetzt aber wieder zu Hause zu sein, ist wirklich klasse.“ Dabei ist das Haus von Familie Faßbender ein einziger Rohbau, zumindest das Erdgeschoss. Unverputzte Wände, kein Boden und keine Türen – die Flut hat der Familie damals das komplette Untergeschoss zerstört. 100.000 Euro Sachschaden sei entstanden, den die Familie selber tragen muss. „Wir sind froh, 2016 wenigstens eine Versicherung für das Gebäude abgeschlossen zu haben“, sagt Faßbender.
Das Ahrtal von oben
Ob und inwieweit die Faßbenders für den Strom zahlen müssen, den sie seit drei Monaten nutzen, damit die Trocknungsgeräte laufen können, wisse der Familienvater noch nicht: „Wir haben ja keinen Zähler mehr, das ist alles weggespült worden.“ Seit knapp drei Wochen habe die Familie auch erst wieder warmes Wasser im Haus. „Die Sanitärfirma aus Duisburg, die uns bei der Renovierung des Bades hilft, hat uns extra noch einen elektrischen Heizstab in den Wasserspeicher gebaut, damit wir wenigstens warmes Wasser haben“, berichtet Faßbender.
Gastanks für die Heizungen sind knapp
Zudem habe das Unternehmen auch die Heizkörper erneuert. Die Bemühungen um einen kleinen Gastank, um die Heizung auch nutzen zu können, scheiterten jedoch. „Viele der Nachbarn haben hier welche im Garten stehen“, sagt er und zeigt von den bodentiefen Fenstern des einstigen Wohnzimmers nach draußen. Das Glück ebenfalls einen solchen Tank zu bekommen, hatte die Familie leider nicht – die Tanks waren alle schnell vergeben. „Wir haben dann aber von der Aktion ,Wärme für das Ahrtal‘ mitbekommen und uns um eine der Ein-Raum-Heizungen bemüht“, sagt Faßbender.
Hunderte dieser Anlagen wurden den Menschen in den Katastrophengebieten gespendet, eine davon steht nun im Haus der Faßbenders. „Das ganze wird per Strom betrieben und kann im Sommer sogar als Klimaanlage benutzt werden. Das Ding ist echt klasse“, zeigt sich der zweifache Familienvater begeistert.
Trocknungsgeräte spenden derzeit noch Wärme
Dennoch, für den Winter wird eine dieser Anlagen nicht ausreichen, um das Haus an den kalten Tagen warm zu halten. Noch spenden die Trocknungsgeräte Wärme. Wenn diese aber in den nächsten Wochen abgebaut werden, steht die Familie zunächst einmal ohne funktionierende Heizung da. „Wir hoffen nun ganz stark auf Mitte November, denn ab dann sollen wohl die Gasleitungen wieder funktionieren.“
Derzeit reiße die Stadt in der Siedlung der Faßbenders bereits die Straßen auf und prüfe die Instandhaltung der Gasleitungen.
Familie bekommt Kaminholz-Spende aus Bayern
„Ende November soll auch unser neuer Kamin geliefert werden und wir können mit Holz heizen.“ Die Familie habe vor Kurzem sogar eine Holzspende aus Bayern für ihren Kamin erhalten. „Die Hilfe, die uns allen hier entgegengebracht wird, ist weiter ungebrochen“, so Faßbender. Man habe gemeinsam schon viel geschafft. „Es kommen Menschen hier her, die einfach in der Stadt anfangen, Blumen zu pflanzen. Im ersten Moment denkt man sich, dass es doch das unnötigste ist, was man tun kann. Wenn man dann aber seine Stadt im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufblühen sieht, dann bringt das doch ein starkes Gefühl des Weitermachens und Vorankommens. Das brauchen wir.“
Dennoch sagt Faßbender: „Wir sind alle noch im Action-Modus. Viele verdrängen das, was war einfach nur. Ich weiß nicht, was mit den Menschen passiert, die neben der eigenen Existenz auch noch einen geliebten Menschen verloren haben. Die psychischen und seelischen Auswirkungen spürt man sicher erst, wenn wir alle irgendwann zur Ruhe kommen.“
Entspannung erhofft sich der zweifache Familienvater vor allem zu Weihnachten. Dann soll die neue Küche geliefert werden und auch das Wohnzimmer wieder bewohnbar sein. Noch steht nur ein weißer Gartentisch mit vier Stühlen in dem kahlen Raum. „Ich finde der Raum sieht gemütlicher aus als noch vor ein paar Wochen“, sagt Faßbender und lacht. Weihnachten möchte er mit seiner Familie dennoch nicht so verbringen. „Ich versuche einfach fest daran zu glauben, dass wir bis dahin wieder halbwegs normal hier leben können.“