An Rhein und Ruhr. Viele Kinder haben wegen Corona nicht schwimmen gelernt. Trotz geöffneter Bäder liegt die Wartezeit für einen Schwimmkurs bei drei Monaten.
Das schöne Wetter und die Corona-Lockerungen veranlassten bereits in den vergangenen Tagen viele Menschen dazu, eine Auszeit an den bereits geöffneten Badeseen am Niederrhein zu genießen. Viele Kinder planschten im Tenderingssee in Dinslaken oder im Auesee in Wesel. Die wiedergewonnene Freizeit am See birgt aber gerade für einige der ganz Kleinen große Gefahren, denn: Viele Kinder haben, bedingt durch die Corona-Pandemie und geschlossene Bäder, nicht schwimmen lernen können.
„Die DLRG weist bei der Frage der Schwimmfähigkeit von Kindern seit vielen Jahren darauf hin, dass es hier erhebliche Mängel und Probleme gibt. Rund 60 Prozent der Kinder können bis zum Ende der Grundschulzeit nicht sicher schwimmen“, zitiert Reiner Wiedenbrück, Präsident des DLRG-Landesverbands Nordrhein aus einer Umfrage des Bundesverbandes der DLRG.
Corona-Pandemie hat Schwimmausbildung unmöglich gemacht
Die Corona-Pandemie habe die Situation nun noch einmal „deutlich verschärft, da durch die Schließung der Hallenbäder die Möglichkeiten einer Schwimmausbildung eben nicht mehr gegeben waren.“
Das hat Auswirkungen auf die Schwimmkurse, die ab jetzt wieder starten dürfen: „Wir explodieren vor Anfragen“, sagt Thomas Esser, Besitzer der Schwimmschule Delfi fit & swim in Moers. Zum Einen freue er sich über die rege Teilnahmebereitschaft, zum Anderen sagt er aber auch: „Wir können das alles gar nicht leisten. Dabei sind wir am Niederrhein eine der größten Schwimmschulen, die es gibt.“
Drei Monate Wartezeit für Schwimmkurse am Niederrhein
Die Wartezeit für einen Platz im Schwimmkurs beträgt derzeit ungefähr drei Monate. Von diesem hohen Andrang berichtet auch Timo Gertönis, Inhaber der Schwimmschule Tigerhaie aus Wesel. Mit seinem neunköpfigen Trainerteam leitet er Schwimmkurse in Wesel, Voerde, Hünxe, Hamminkeln, Rees und Willich. „Ich habe eine Mutter, die von Dingenden nach Willich fährt, nur damit ihr Kind schwimmen lernt. Anderswo wäre sonst kein Platz mehr frei gewesen“, sagt Gertönis.
Seine Schwimmkurse, die am kommenden Sonntag in Rees, mit verfügbaren 80 Plätzen starten, seien bereits wieder fast ausgebucht: „Nach nicht mal 24 Stunden waren über die Hälfte der Plätze weg.“ Neben Rees gebe es dennoch zur Zeit wenige Städte, deren Hallenbäder bereits wieder geöffnet haben: „Viele der Bäder, in denen wir Schwimmkurse geben, sind von den Lockerungen überrumpelt worden und waren auf eine Öffnung noch gar nicht vorbereitet“, sagt Gertönis.
Erster Schwimmkurs im Mai in Voerder Hallenbad
Bis Ende Mai habe der Schwimmlehrer über sechs Wochen lang zwei Mal in der Woche Schwimmkurse für Nichtschwimmer im Hallenbad in Voerde geben können, denn ab dem 29. März waren, laut Corona-Schutzverordnung, auch wieder Anfänger- und Kleinkindschwimmkurse in Kleingruppen, zulässig.
Hierbei sei dem Schwimmlehrer vor allem aufgefallen, dass die Kinder im Durchschnitt ein Jahr älter waren als noch vor Corona: „Kinder lernen zwischen vier und fünf Jahren schwimmen. Ich habe momentan aber Anmeldungen von Kindern zwischen fünf und sechs Jahren“, berichtet der Schwimmlehrer. Er merke den Kindern außerdem an, dass sie ein Jahr lang kaum oder gar nicht in Berührung mit dem Wasser waren: „Sie sind sehr unsicher.“
Land NRW bietet Intensivkurse im Sommer und Herbst an
Um diese Unsicherheiten ein Stück weit zu begleichen, bietet das Land NRW zusätzliche Intensivkurse in den Sommer- und Herbstferien an. Um die Kurse für alle Familien bezahlbar zu halten, liege der Eigenanteil bei 10 Euro pro Kind. „Die Kurse werden vom Land stark gefördert“, sagt Martin Groth von der Landesstelle für den Schulsport NRW. Für die Sommerferien 2021 seien insgesamt 289 Kurse angemeldet.
Zudem habe sich das Land für diese Legislaturperiode darauf verständigt, einen Schwimmkongress zu veranstalten, der als reine Online-Veranstaltung am 16. September durchgeführt werden soll. Auch eine Imagekampagne sei geplant, die voraussichtlich noch in den Sommerferien starten soll und sich an Eltern und Familienangehörige von Kindern im Schwimmlernalter wendet. „Hier soll auch dahingehend motiviert werden, sich aktiv an der Wassergewöhnung von Kindern zu beteiligen“, sagt Thomas Querengässer, Referent der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen.