Schermbeck. Carol-Waithira Mühlenbrock aus Schermbeck feiert jedes Jahr zwei Weihnachten: ein deutsches und ein kenianisches. Was beide unterscheidet.

In Flip-Flops und luftigem Sommerkleid unter freiem Himmel grillen, während rundherum gesungen und getanzt wird – so sieht die Vorbereitung fürs Weihnachtsessen in Kenia aus. Blockflöten-Auftritte und vor dem Weihnachtsbaum vorgetragene Gedichte sucht man hier vergebens. Stattdessen tanzen und spielen die Kinder und die ganze große Familie versammelt sich, um den Grill, um auf Stühlen im Freien sitzend gemeinsam das Weihnachtsessen auf dem Schoß zu genießen. „Weihnachtsbäume sind nicht typisch kenianisch und lange Zeit kannten wir das nicht“, erklärt Carol-Waithira Mühlenbrock, die seit 2006 in Schermbeck lebt.

„Schnee“bedeckte Bäume in Kenia

Irgendwann sahen die Menschen in Kenia dann, wie in Europa oder den USA Weihnachten gefeiert wird und dann begannen sie auch in Carol Mühlenbrocks Heimat Weihnachtsbäume aufstellten. „Was ich so lustig fand war, dass wir Baumwolle an den Baum geklebt haben, ohne zu wissen, was das überhaupt bedeutet“, erinnert sie sich. „Irgendwann später bin ich dann drauf gekommen, dass das Schnee sein sollte.“ Sie lacht herzlich.

Ihr ist es besonders wichtig, dass Weihnachten so entspannt wie möglich ist und das, obwohl ihre Familie gleich zweimal feiert. Ein wichtiger Unterschied der beiden Feiern ist das Menü. Ihr liebstes deutsches Weihnachtsessen ist Gänsebraten mit Kartoffeln und Rotkohl. „Was wir in Kenia nicht haben, ist Nachtisch.“ Mittlerweile genießt sie auch das deutsche Weihnachtsfest mit dem Weihnachtbaum, dem Essen am Tisch, einem Glas Sekt und den Spielen, die nach dem Essen gespielt werden. „Das hat auch was“, sagt sie schmunzelnd. Doch gerade in der Weihnachtszeit vermisst sie ihre Heimat und das kenianische Essen sehr.

Da hilft es, die Gerichte und Gebräuche aus Kenia nach Schermbeck zu bringen. Das tut sie in ihrem Restaurant La[Kula] im Haus Mühlenbrock an der Weseler Straße und auch in ihrem eigenen Zuhause mit ihrer eigenen Familie. Dazu gehört auch das typische Weihnachtsgericht, das sowohl bei ihren Verwandten in Kenia als auch im Hause Mühlenbrock traditionell an Weihnachten gegessen wird. „Als ich in Kenia groß geworden bin, war Hähnchen etwas Besonderes“, erzählt Carol Mühlenbrock. „Das Hähnchen gab es entweder vom eigenen Hof oder es wurden teure Freilandhühner gekauft.“ Deshalb hat es sie so sehr überrascht, wie günstig Hähnchenfleisch hier in Deutschland im Vergleich zu ihrer Heimat ist.

In der Küche ihres Restaurants La[Kula] kreiert Carol-Waithira Mühlenbrock kenianische Gerichte – auch passend zu Weihnachten.
In der Küche ihres Restaurants La[Kula] kreiert Carol-Waithira Mühlenbrock kenianische Gerichte – auch passend zu Weihnachten. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

In Kenia war es für ihre Familie ein Essen für besondere Anlässe – vor allem zu Weihnachten. Dazu gibt es üblicherweise „Chopati“ – ein Fladenbrot – und gelbe Kartoffeln. Die Kartoffeln kamen in Kenia frisch vom Hof und wurden erst gekocht und danach frittiert. „Die Kartoffeln und das würzige Hähnchen haben so schön gerochen. Der Geruch von Zwiebeln und Knoblauch weckt meine Kindheitserinnerungen und bedeutet für mich Zuhause“, erinnert sie sich. In Kenia wird das Hähnchen gegrillt, hier in Deutschland bereitet sie es im Backofen zu. Eigentlich ernährt sie sich hauptsächlich vegan, aber „Weihnachten ist die Zeit im Jahr, in der ich großes Heimweh habe und dieses Hähnchen zu essen gibt mir das Gefühl, dass ich etwas mit den Menschen zu Hause teile“.

Und nicht nur die kulinarischen Vorlieben unterscheiden das Weihnachtsfest in ihrem Heimatort „Nanyuki“ der Hauptstadt des Laikipia Countys in Kenia, sehr von dem am Niederrhein. „Der Fokus liegt in Kenia sehr auf dem gemeinsamen Zubereiten des Essens, der Zeit, die die Familie zusammen verbringt und es gibt auch keine Geschenke“, erklärt die gelernte Köchin und Mutter zweier Kinder. Besonders war für sie in ihrer eigenen Kindheit, dass es nur zu Weihnachten neue Kleider gab. „Für uns bedeutete Weihnachten ein neues Kleid, oft auch neue Schuhe und Hähnchen essen.“

Kenianische Weihnachten in Schermbeck

Und diese Kindheitserinnerungen teilt sie auch mit ihren Kindern. Für eine lange Zeit hat sie an Weihnachten immer gearbeitet. Seit 2019 ist das anders. Da war Carol Mühlenbrock das erste Mal seit 14 Jahren wieder an einem Weihnachtsfest in Kenia bei ihrer Familie. Und ihre eigene kleine Familie konnte damals auch ihr erstes und bisher einziges Weihnachten in Afrika erleben. „Die Kinder fanden es so schön und wollten gerne auch Weihnachten in Deutschland so feiern“, sagt sie, während sie Videos von der gemeinsamen Zeit in Kenia auf ihrem Handy zeigt. „Bei mir kam dadurch auch alles wieder richtig hoch. Seitdem feiern wir am 24. das klassische deutsche Weihnachten und am 25. Dezember sind wir dann alle in der Küche, es läuft Musik, wir singen und tanzen und bereiten zusammen unser Essen vor. Da geht es dann darum, den Tag einfach zu genießen“, beschreibt sie. „Und es gibt auf jeden Fall auch ein neues Kleid für die Kinder.“

„Kuku wa Krismasi“ ist ein typisch kenianisches Weihnachtsgericht.
„Kuku wa Krismasi“ ist ein typisch kenianisches Weihnachtsgericht. © privat | Carol-Waithira Mühlenbrock

„Kuku wa Krismasi“ – Carol´s Weihnachtsgericht

Zutaten für vier Personen: ein ganzes Freilandhähnchen, vier rote Zwiebeln, zwei Orangen, zwei Zitronen, je 3 bis 4 Zweige Thymian und Rosmarin, fünf bis zehn Knoblauchzehen, ein Stück frischer Ingwer, vier Esslöffel Rapsöl, zwei Esslöffel Salz, zwei Teelöffel Cayenne-Pfeffer und ein Esslöffel Masala-Gewürzmischung

Zubereitung: Das Huhn zerlegen und den Rücken beiseite legen (Eine Videoanleitung dazu findet sich auf dem Youtube-Kanal „Afrikanisch kulinarisch – Carol Waithira Mühlenbrock). Die Zwiebel schälen und vierteln, den Knoblauch grob hacken, den Ingwer schälen und in Streifen schneiden. Die Orangen und Zitronen halbieren und den Saft auspressen. Den Backofen auf 150 Grad C vorheizen.

In einer Schüssel aus dem Saft der Zitronen und Orangen, Knoblauch, Ingwer, Öl, Salz. Cayenne-Pfeffer und Masala-Gewürzmischung eine Marinade herstellen. Die Hähnchenteile und die Zwiebeln in eine Auflaufform geben, mit der Marinade bedecken und gut durchmischen. Die Rosmarin- und Thymian Zweige dazugeben und nochmals durchmengen, sodass alle Hähnchenteile schön mit Marinade bedeckt sind, die Hautseiten nach oben legen.

Nun die Auflaufform in den Backofen geben und 50 Minuten garen lassen. Nach der Garzeit aus dem Ofen nehmen und auf einem Teller schön anrichten. Dazu passen „Viazi vya kuchomwa“ (gelbe, frittierte Curry-Kartoffeln).

Wer das Gericht nicht selbst kochen kann oder will, hat am Sonntag, 22. Dezember, beim Adventsbrunch im La[Kula] die Chance es zu probieren. Mehr Informationen unter www.lakula.de