Wesel. Elternlotsen der Grundschule Feldmark bringen die Kinder jeden Morgen sicher über die Straße. Nun haben sie den Weseler Ehrenamtspreis erhalten.
Herbstliches Wetter an einem Mittwoch. Der Wind drückt das Tor der Gemeinschaftsgrundschule Feldmark auf. Nicole Wirths eilt in gelber Warnschutzjacke zum Tor und versperrt es. Eigentlich ist das nicht ihre Aufgabe, auch nicht als Elternlotsin. „Da können Autos beschädigt werden“, sagt Wirths. Die zweifache Mutter ist seit fast zehn Jahren Elternlotsin an der Gemeinschaftsgrundschule Feldmark. Und das sogar, obwohl keines ihrer Kinder mehr die Grundschule besucht.
Trotzdem steht Nicole Wirths mindestens einmal in der Woche bei Wind und Wetter am Holzweg und hilft den Kindern dabei, sicher die Straße zu überqueren. „Ich habe der alten Schulleitung versprochen, dass ich die Führung übernehme“, erzählt sie. Vor drei Jahren wechselte neben dem Sekretariat auch die Schulleitung der Grundschule Feldmark. „Ich habe gesagt, ich mache das erstmal weiter und dann ist das auch so geblieben.“
„Wir schauen, dass jeder einmal in der Woche einen Dienst übernimmt“
Im Zuge des internationalen Tags des Ehrenamtes, der am 6. Dezember begangen wird, erhielten sie und alle anderen Lotsinnen als Gruppe den Ehrenamtspreis der Stadt Wesel. „Jetzt haben wir ihn alle gewonnen, letztes Jahr galt er nur mir“, so Wirths. Mit „alle“ meint sie ihre zwölf Kolleginnen und einen Kollegen. Als Team organisieren sie sich seit Jahren bei Whatsapp. „Wir schauen, dass jeder einmal in der Woche einen Dienst übernimmt“, erklärt sie. Das funktioniere aber nicht immer, denn manchmal müssen spontan Ausfälle ersetzt werden.
Was Weseler Elternlotsinnen erleben
Eine Problematik lässt sich schon vor dem Gespräch mit Nicole Wirths und ihren Kolleginnen feststellen. „Ohne Auto zur Schule. Frische Luft statt Elterntaxi“, steht auf einem Banner, das die Fassade des Schulgebäudes ziert. Dennoch werden viele Kinder von den Eltern gebracht. Da es an der Schule nur begrenzte Parkmöglichkeiten gibt, behindern haltende Autos mitunter das Queren der Straße. Die Lotsinnen suchen immer wieder das Gespräch mit den Eltern. Nicht alle seien einsichtig, sagt Kerstin Kromski. Auch sie engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich.
Die Elternlotsinnen stoßen bei ihren Einsätzen leider auch auf grenzüberschreitende Autofahrer. Die Missachtung der Verkehrsregeln stellt dabei manchmal das kleinere Übel dar. So wurde Julia Höpken einmal bei ihrer Schicht von einem Autofahrer beleidigt: „Die Person ist ausgestiegen und hat mich beschimpft“, berichtet sie. Manche Autofahrer ignorieren die Lotsinnen und ihre Anweisungen auch. Und nicht selten werde die Geschwindigkeit in der Tempo-30-Zone überschritten.
Ehrenamtliche Helferinnen suchen Verstärkung
Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zu finden, das gestalte sich schwierig, berichtet Wirths. Eine Schicht dauert von 7.45 bis 8.15 Uhr. Trotzdem legt Kerstin Kromski ihren Einsatz immer auf ihren freien Tag: „Es ist ja nur einmal in der Woche.“ Ihr Kind verlasse bald die Grundschule, weitermachen wolle sie aber erstmal trotzdem – mindestens, bis sich neue Eltern gefunden haben.
Nicole Wirths und ihre Kolleginnen sehen den Ehrenamtspreis als große Anerkennung an: „Fühlt sich schon gut an“, berichten Wirths, Höpken und Kromski übereinstimmend. Außerdem überreicht Bürgermeisterin Ulrike Westkamp jedes Jahr einen Stadtgutschein an die fleißigen Helferinnen (und einen Helfer). „Das sind immer 50 Euro und wir können damit bei teilnehmenden Händlern einkaufen“, freut sich Kerstin Kromski.
Für Nicole Wirths und ihre Eltern-Kolleginnen ist das Lotsen mittlerweile zum Alltag geworden. Selbstverständlich sollte es aber nicht sein. Für niemanden.
Preiswürdiges Ehrenamt
Am 14. Dezember ehrte die Stadt Wesel in einer Feierstunde zehn Personen, Gruppen und Institutionen, die sich in Wesel vorbildlich für die Gemeinschaft ehrenamtlich engagieren. Der Ehrenamtspreis wird jährlich vergeben. Die NRZ stellt die Preisträger, ihre Tätigkeiten und ihre Motivation in einer Serie in den kommenden Wochen vor.